Entscheidungsstichwort (Thema)
Handelsmaklertätigkeit und betrieblicher Geltungsbereich des Manteltarifvertrages für den Groß- und Außenhandel in Bayern. Tarifliche Verfallfristen. betrieblicher Geltungsbereich. Handelsmaklertätigkeit als Tätigkeit des Groß- und Außenhandels
Leitsatz (amtlich)
Betriebe, deren Gegenstand Handelsmaklertätigkeiten sind, sind nicht dem betrieblichen Geltungsbereich des § 1 b des Manteltarifvertrages für den Groß- und Außenhandel in Bayern vom 19. Juli 1990 zuzuordnen, weshalb auf sie auch nicht die Verfallfristen dessen § 19 Abs. 1 und 4 zur Anwendung kommen; dies gilt jedenfalls für einen Zeitraum, in dem der zuständige Arbeitgeberverband satzungsmäßig keine eigene entsprechende Tarifhoheit ausgeübt hat und neben ihm Handelsmakler in einem eigenen Interessenverband organisiert sind.
Normenkette
TVG § 5 Abs. 4, § 4 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG München (Entscheidung vom 19.09.1995; Aktenzeichen 21 Ca 3732/93) |
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin macht gegenüber der Beklagten einen Anspruch aus Verzug geltend und verlangt Urlaubsabgeltung. Da diese Ansprüche dem Grunde und der Höhe nach unstreitig sind, geht es nur darum, ob auf das Arbeitsverhältnis der allgemeinverbindlich erklärte Manteltarifvertrag für den Groß- und Aussenhandel in Bayern vom 12. Juli 1990 (MTV) zur Anwendung kommt, weil dann nach dessen Verfallfrist gem. § 19 Abs. 4 die geltend gemachten Ansprüche verfallen sind.
Die Klägerin war seit 1. Juli 1991 als Sekretärin gegen ein Monatsgehalt von DM 5.000,-- brutto bei der Beklagten beschäftigt.
Die Beklagte ist unstreitig seit 1977 im Handelsregister mit dem Geschäftszweck Groß- und Außenhandel eingetragen und seit 20. Oktober 1995 Mitglied des Landesverbandes des Bayerischen Groß- und Außenhandels e.V. (LGA); dieser hat 1996 umfirmiert in LGAD - Landesverband Groß- und Außenhandel, Vertrieb und Dienstleistungen Bayern. Sie befaßt sich mit der Vermittlung von Exportgeschäften für Investitionsgüter; dabei tritt sie weder als Käufer, noch als Verkäufer von Waren auf und hält auch keinen Warenbestand. Der Umfang ihrer Aktivitäten ist zwischen den Parteien streitig.
Die Beklagte hat das Arbeitsverhältnis der Klägerin im Juli 1992 fristlos gekündigt. Auf die dagegen von der Klägerin erhobene Klage, die am 7. August 1992 am Arbeitsgericht München eingegangen und am 14. September 1992 der Beklagten zugestellt wurde, hat das Arbeitsgericht unter dem Gz.: 8 Ca 9965/92 mit Endurteil vom 7. Dezember 1992 entschieden, daß diese Kündigung rechtsunwirksam sei und das Arbeitsverhältnis bis 30. September 1992 fortbestanden habe. Die dagegen von der Beklagten eingelegte Berufung ist vom Landesarbeitsgericht München unter dem Az.: 8 Sa 406/93 am 18. Januar 1994 – rechtskräftig – zurückgewiesen.
Die Klägerin hat ihr Gehalt lediglich bis 17. Juli 1992 erhalten. Die Beklagte hat dem Sachvortrag der Klägerin nicht widersprochen, der Gehaltsanspruch vom 18. Juli bis 30. September 1992 betrage DM 12.333,33 brutto und der Urlaubsabgeltungsanspruch für acht Arbeitstage DM 1.846,15 brutto, zusammen DM 14.179,48 brutto.
Mit Schreiben vom 10. Dezember 1992 an den Prozeßbevollmächtigten der Beklagten hat die Klägerin ihre Vergütung vom 18. Juli bis 30. September 1992 geltend gemacht. Diese hat mit Schreiben vom 15. Dezember 1992 die Zahlung abgelehnt. Die Klägerin hat mit am 15. März 1993 am Arbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz die hier zu entscheidende Klage eingereicht.
Sie hat vor dem Arbeitsgericht ausgeführt, da der Betrieb der Beklagten nicht dem betrieblichen Geltungsbereich des MTV unterfalle, weil sie lediglich Geschäfte vermittle, „und zwar nach Art. eines Maklers” gegen Provision oder Vermittlungsgebühren, seien ihre Ansprüche auch nicht aufgrund der Verfallfristen des § 19 Abs. 1 und Abs. 4 MTV erloschen.
Sie hat deshalb vor dem Arbeitsgericht folgenden Antrag gestellt:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin DM 14.179,48 nebst 4 % Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt:
Die Klage wird abgewiesen.
Sie hat im wesentlichen ausgeführt, ihr Betrieb unterfalle dem betrieblichen Geltungsbereich des MTV, weil der Gegenstand ihres Betriebes die Vermittlung von Exportgeschäften von Deutschland ins Ausland, aber auch die Vermittlung von Geschäften im Ausland von einem Land ins andere, von ganzen Industrieanlagen und Lizenzverträgen, und damit sowohl dem Groß- als auch dem Außenhandel zuzurechnen sei. Damit aber komme die tarifliche Verfallfristenregelung des § 19 MTV zur Anwendung. Selbst bei Annahme einer konkludenten Geltendmachung der klägerischen Ansprüche mit der Kündigungsschutzklage unter dem Gz.: 8 Ca 9965/92 könne diese allenfalls eine Geltendmachung der Verzugsansprüche der Klägerin für Juli 1992 erfassen, denn bei einer Klageeinreichung am 7. August 1992 sei lediglich das Juligehalt fällig gewesen. Jedenfalls aber habe die Klägerin nicht gem. § 19 Abs. 4 MTV binnen zwei Monaten nach Ablehnung ihres...