Entscheidungsstichwort (Thema)
Umfang der Informationspflicht des Betriebsveräußerers im Rahmen des § 613a Abs. 5 BGB. zur Frage der Verwirkung oder rechtsmissbräuchlichen Ausübung des Widerspruchsrechts. Unterrichtungspflicht. Betriebsübergang. Widerspruch gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses
Leitsatz (redaktionell)
1. Im Fall eines Betriebsübergangs ist der Arbeitnehmer so zu informieren, dass dieser sich über die Person des Übernehmers und über die in § 613a Abs. 5 BGB genannten Umstände ein Bild machen kann. Er soll durch die Unterrichtung eine ausreichende Wissensgrundlage für die Ausübung oder Nichtausübung seines Widerrufsrechts erhalten.
2. Dem Arbeitnehmer soll auch die Möglichkeit eröffnet werden, sich weitergehend zu erkundigen und ggf. beraten zu lassen, um dann auf dieser Grundlage über einen Widerspruch gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses zu entscheiden. Dabei hat sich der Inhalt der Unterrichtung nach dem Kenntnisstand des Veräußerers und des Erwerbers zum Zeitpunkt der Unterrichtung zu richten
Normenkette
BGB § 613a Abs. 5
Verfahrensgang
ArbG München (Teilurteil vom 25.10.2007; Aktenzeichen 26 Ca 993/07) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen dasTeilurteil des Arbeitgerichts München vom25.10.2007, Az. 26 Ca 993/07, wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen ein Arbeitsverhältnis besteht.
Der Kläger war bei der Beklagten seit 01.09.1992 beschäftigt. Zuletzt war er als Leiter Business Excellence im Geschäftsbereich „C. (C.)”, – also in der M-Sparte – tätig. Arbeitsort war der Betrieb M., xx.
Nachdem die M-Sparte seit Jahren hoch defizitär war, veräußerte die Beklagte im Jahre 2005 diesen Geschäftsbereich. Am 06.06.2005 kam zwischen der Beklagten und der B. mit Sitz in T. ein Rahmenvertrag zustande („Master Sale and Purchase Agreement”). Der hierin geregelte Verkauf der M-Sparte an die B.-Gruppe wurde zum Stichtag am 30.09.2005 im Wege der Einzelrechtsübertragung auf B.-Landesgesellschaften umgesetzt. Für Deutschland wurde durch Gesellschaftsvertrag vom 12.09.2005 und Eintragung in das Handelsregister am 16.09.2005 die B. GmbH & Co. oHG (im folgenden B. GmbH & Co. oHG) gegründet. Gesellschafter der B. waren die B2 GmbH und die B3 GmbH, jeweils mit einem Stammkapital in Höhe von EUR xx.xxx. Alleinige Gesellschafterin dieser beiden GmbHs war die B. Holding b.v. mit Sitz in den N., die ihrerseits 100-prozentige Tochter der Obergesellschaft der B.-Gruppe, der B. (T.), ist.
Der B. wurde der deutsche Teil des Geschäftsbereiches C. aufgrund eines „Local Asset Transfer Agreements” übertragen. Hiernach gingen die in Deutschland gelegenen Gegenstände des Anlage- und Umlaufvermögens sowie die hierauf entfallenden Forderungen und Verbindlichkeiten auf B. über. Hiermit verbunden war auch die Übernahme diverser sonstiger Verbindlichkeiten, unter anderem der Pensionszusagen für Mitarbeiter des Geschäftsbereichs C..
Der B. wurde ein sogenannter negativer Kaufpreis (der genannte Betrag von EUR × bleibt von der Beklagten unkommentiert) überwiesen. Zudem war nach dem Rahmenvertrag mit der B. vorgesehen, dass dieser sämtliche von der Beklagten gehaltenen auf die M-Sparte bezogenen Schutzrechte, Patente und Marken übertragen werden. Dies ist nur teilweise umgesetzt worden, die Schlüsselpatente wurden jedenfalls auf die B. eingetragen.
Mit Schreiben vom 29.08.2005 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass der Geschäftsbereich C. zum 01.10.2005 auf die B. übergehe. Bezüglich des Wortlauts des Schreibens wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.
Ab 01.10.2005 erbrachte der Kläger seine Arbeitsleistung für die B.. Mit Wirkung vom 01.12.2005 wurde der Kläger auf die Stelle Leiter Sales Strategy versetzt. Am 01.12.2005 hat ein Statusgespräch stattgefunden. Mit Wirkung zum 01.06.2005 wurde das Gehalt des Klägers erhöht. Am 10.08.2006 schloss der Kläger mit B. eine Aufhebungsvereinbarung zum 28.02.2007 (Bl. 67 f. d.A.). Es sollte eine Abfindung von EUR xxx.xxx bezahlt werden; eine Freistellung des Klägers war ab November 2006 vorgesehen.
Am 28.09.2006 stellte die B. Antrag auf Insolvenzeröffnung. Mit Schreiben vom 29.09.2006 widersprach der Kläger dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die B. (Bl. 52 ff. d.A.). Das Amtsgericht München eröffnete unter dem Aktenzeichen 1503 IN 3270/06 mit Beschluss vom 01.01.2007 das Insolvenzverfahren und bestellte Herrn pp. zum Insolvenzverwalter. Ebenfalls am 01.01.2007 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der persönlich haftenden Gesellschafterinnen der B. eröffnet.
Mit seiner am 22.01.2007 beim Arbeitsgericht München eingegangenen Klage will der Kläger vor allem festgestellt wissen, dass das Arbeitsverhältnis nicht auf die B. übergegangen ist; er verlangt seine Weiterbeschäftigung. Sein Widerspruch vom 29.09.2006 habe den Übergang des Arbeitsverhältnisses gemä...