Entscheidungsstichwort (Thema)

Darlegungs- und Beweislast bei Überstundenvergütung. Reisezeiten im Außendienst

 

Leitsatz (amtlich)

1. Reisezeiten eines Arbeitnehmers im Außendienst vom Wohnort zum Kunden gelten nicht ohne weiteres als Arbeitszeit, selbst wenn nach dem Vertrag der Einsatzort des Arbeitnehmers dessen Wohnort ist.

2. Ist zwischen den Parteien eine wöchentliche Arbeitszeit vereinbart, kann ein Arbeitnehmer eine Überstundenforderung nicht dadurch schlüssig darlegen, dass er erhebliche Arbeitszeiten an einzelnen Arbeitstagen auflistet.

 

Normenkette

BGB §§ 611-612

 

Verfahrensgang

ArbG München (Urteil vom 18.01.2005; Aktenzeichen 8 Ca 16153/03)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen dasEndurteildesArbeitsgerichts München vom18.1.2005(Az.: 8 Ca 16153/03) wird auf Kosten desKlägers zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten zuletzt noch über die Bezahlung eines Betrages von EUR 14.372,07 brutto, den der Kläger als Vergütung für seit 2001 bei der Beklagten geleistete Überstunden verlangt.

Der 1963 geborene Kläger war vom 1.6.1998 bis 31.3.2003 bei der Beklagten als Medizintechniker im Außendienst beschäftigt und erzielte dabei zuletzt einen Bruttomonatsverdienst von EUR 2.969,58.

Rechtsgrundlage des Arbeitsverhältnisses der Parteien war zwischen ihnen am 9.4.1998 geschlossener schriftlicher Arbeitsvertrag (Bl. 4 bis 6 d. A.), in dem es u. a. wie folgt heißt:

§ 1 Beginn des Anstellungsverhältnisses/Tätigkeit

Der Arbeitnehmer wird mit Wirkung vom 1.6.1998 als Medizintechniker eingestellt. Die einzelnen zum Aufgabenbereich gehörenden Tätigkeiten ergeben sich aus der als Anlage 1 beigefügten und zum Vertrag gehörenden Tätigkeitsbeschreibung….

§ 3 Vergütung

Die monatliche Bruttovergütung beträgt

nach der Probezeit DM 5.200,–

§ 5 Arbeitszeit/Überstunden

Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt im Mittel 40 Stunden. Darüber hinaus verpflichtet sich der Arbeitnehmer/-in die ganze Arbeitskraft in den Dienst des Unternehmens zu stellen und bei Bedarf auch zu anderen als den betriebsüblichen Arbeitszeiten zu arbeiten.

Sämtliche über die übliche Arbeitszeit hinausgehende Arbeitsleistungen sind durch die gewährte Vergütung gem. § 3 des Vertrages abgegolten.

§ 9 Ausschlussklausel

Ansprüche aus dem Anstellungsverhältnis müssen innerhalb eines Monats nach Zugang der letzten Gehaltsabrechnung geltend gemacht werden; andernfalls sind sie verwirkt.

Mit Schreiben der Beklagten vom 19.7.2000 (Bl. 7 d. A.) wurde als Einsatzort des Klägers sein Wohnort in Au/Hallertau festgelegt.

Hauptaufgabe des Klägers war es, von seinem Wohnort Krankenhäuser aufzusuchen, um dort medizinische Geräte, insbesondere Röntgengeräte, zu prüfen, zu warten und zu reparieren sowie bei Neu- und Ersatzanschaffungen zu beraten.

Fahrtkosten rechnete der Kläger auf Formularen der Beklagten für Reisekostensammelabrechnungen ab (Bl. 13 bis 137 d. A.).

Zum 31.3.2003 schied der Kläger aufgrund Eigenkündigung bei der Beklagten aus.

Mit Schreiben seiner späteren Prozessbevollmächtigten vom 23.4.2003 (Bl. 9 d. A.) machte der Kläger einen Anspruch auf Bezahlung von 2133 Überstunden in Höhe von EUR 38.597,76 geltend, die die Beklagte mit Schreiben vom 21.5.2003 (Bl. 10 d. A.) ablehnen ließ.

Der Kläger hat vorgetragen, er habe in erheblichem Umfang Überstunden geleistet. Bis zu seinem Ausscheiden hätten sich 2181,25 Stunden angesammelt. Die Überstunden würden sich dabei aus den Reisekostensammelabrechnungen ergeben, die der Kläger monatlich eingereicht habe und von der Beklagten abgerechnet und ausbezahlt worden seien. In der zeit vom 8.1.2001 bis 5.3.2003 habe der Kläger nach seiner Aufstellung (Bl. 162 – 170 d. A.) 839 Überstunden geleistet. Diese Überstunden seien aufgrund der Einsatzpläne der Beklagten (Bl. 175 bis 211 d. A.) angeordnet worden. Sie seien zudem geduldet worden, da insoweit die An- und Abfahrtszeiten hinzuzurechnen seien. Außerdem habe der Kläger Fortbildungsveranstaltungen besucht, wie sich aus seinen Teilnahmebestätigungen (Bl. 212 bis 217 d. A.) ergebe. Bei einem Monatsverdienst von EUR 2.969,58 ergebe sich ein Stundenverdienst von EUR 17,13. Für 839 Stunden ab Januar 2001 ergebe sich daher ein Anspruch von EUR 14.372,07. Die Überstunden seien auch nicht durch die vertragliche Regelung mit der Vergütung des Klägers abgegolten, da diese unwirksam sei. Auch sei die Forderung des Klägers nicht verfallen.

Der Kläger hat beantragt:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 14.372,97 brutto nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 23.4.2003 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, der Kläger habe keine Überstunden geleistet. Solche habe die Beklagte auch nicht angeordnet. Auch Reisekostenabrechnungen und Teilnahmebestätigungen könnten diese nicht entnommen werden. Die vom Kläger geleisteten Arbeitszeiten seien durch die vertragliche Regelung mit der bezahlten Vergütung in vollem Umfang abgegolten. Zudem seien Ansprüche des Klägers nach der vertra...

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