Entscheidungsstichwort (Thema)
Tariflicher Urlaubsanspruch. Berechnung der Urlaubsdauer. Urlaub in der Papierindustrie. Verteilung der Arbeit auf 9 Tage in der Doppelwoche
Leitsatz (amtlich)
Ist die tarifliche regelmäßige Arbeitszeit für Arbeitnehmer in der Papierindustrie nicht nach § 6 Ziffer 1.1 MTV nicht auf 5 Arbeitstage in der Woche, sondern abweichend nach § 6 Ziffer 2.1.1 MTV auf 9 Arbeitstage in der Doppelwoche verteilt, so muss die Anzahl der Urlaubstage durch Umrechnung ermittelt werden.
Normenkette
MTV § 25
Verfahrensgang
ArbG Rosenheim (Urteil vom 12.01.2000; Aktenzeichen 3 Ca 1665/99) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Rosenheim vom 12.01.2000 – 3 Ca 1665/99 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
2. Die Revision wird für den Kläger zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über den Umfang des Urlaubsanspruchs des Klägers aus dem Jahre 1998.
Der am 14. Oktober 1949 geborene Kläger ist bei der Beklagten, einem Unternehmen der Papierindustrie, seit 1964, zuletzt als Elektromeister im Werkstattbereich beschäftigt. Das monatliche Bruttoentgelt des Klägers beläuft sich bei einer tariflichen Wochenarbeitszeit von 38 Stunden auf ca. DM 6.000,– brutto.
Die Beklagte beschäftigt etwa 400 Arbeitnehmer, davon etwa 50 im Werkstattbereich. Es besteht ein Betriebsrat, dem auch der Kläger angehört.
Seit April 1997 arbeitet der Kläger im Wechsel von 5 bzw. 4 Tagen in der Woche, das sind 9 Arbeitstage in der Doppelwoche. Die Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit beruht auf der Betriebsvereinbarung Nr. 5/97 vom 4. März 1997 mit Nachtrag vom 14. April 1997 (Bl. 5/7 d. A.).
In Ziffer 7 der Betriebsvereinbarung Nr. 5/97 ist geregelt:
Für Urlaubnahme sind in der langen Woche 5 Tage, in der kurzen Woche 4 Tage anzurechnen. Daraus ergibt sich für dieses Arbeitszeitmodell ein Urlaubssoll von 27 Tagen, das 228 Stunden (30 Urlaubstage × 7,6 Stunden) entspricht, d. h. der Urlaubstag hat 8,44 Stunden; das gilt auch für Krankheit, Feiertage und sonstige lohnfortzahlungspflichtige Tage.
Der Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer der Papierindustrie in der Bundesrepublik Deutschland einschließlich Berlin vom 7. Februar 1997 (im Folgenden MTV) findet kraft beiderseitiger Tarifbindung auf das Arbeitsverhältnis Anwendung.
§ 6 MTV „Regelmäßige Arbeitszeit” bestimmt, soweit vorliegend von Interesse:
1.1 Die regelmäßige Arbeitszeit ausschließlich der Pausen beträgt werktäglich 8 Stunden und darf wöchentlich 40 Stunden, ab 1. Januar 1990 39 Stunden, ab 1. Januar 1991 38 Stunden nicht überschreiten.
…
2. Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit und der Pausen sowie die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Werktage sind zwischen Betriebsleitung und Betriebsrat zu vereinbaren.
2.1 Dabei ist folgendes zu beachten:
2.1.1 Wird an einzelnen Werktagen regelmäßig nicht oder verkürzt gearbeitet, so können die ausgefallenen Arbeitsstunden auf die übrigen Werktage der Woche verteilt werden.
§ 25 MTV regelt die Urlaubsfragen.
Die Beklagte hat auf die Geltendmachung tariflicher Ausschlussfristen verzichtet.
Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger für das Urlaubsjahr 1998, zusätzlich zu den bereits erhaltenen 27 Urlaubstagen, 3 weitere Urlaubstage.
Der Kläger ist der Meinung, nach dem MTV stehe ihm ein Urlaubsanspruch von 30 Urlaubstagen = Arbeitstagen zu. Eine Kürzung wegen der ungleichmäßigen Verteilung der Arbeitstage auf die einzelnen Wochentage komme nach dem MTV nicht in Betracht. Sein tariflicher Urlaubsanspruch habe auch nicht durch die Betriebsvereinbarung Nr. 5/97 zu seinem Nachteil abgeändert werden können. Da ihm die Beklagte für das Urlaubsjahr 1998 lediglich 27 Urlaubstage = Arbeitstage gewährt habe, stünden ihm 3 weitere Urlaubstage zu.
Der Kläger stellte erstinstanzlich den Antrag:
Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger 3 Tage Urlaub für das Urlaubsjahr 1998 zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie macht geltend, die Tarifvertragsparteien seien bei der Urlaubsregelung davon ausgegangen, dass sich der Urlaubsanspruch von 30 Urlaubstagen auf eine 5-Tage-Woche beziehe. Das ergebe sich aus § 25 Ziffer 2.4 MTV. Bei einer abweichenden Verteilung der Arbeitstage wie hier auf 9 Arbeitstage in der Doppelwoche müsse eine Anpassung des Urlaubsanspruches erfolgen. Dem Kläger stünden somit lediglich 27 Urlaubstage zu, was einem Urlaubsanspruch von 6 Wochen entspreche. Das sei auch so in der Betriebsvereinbarung Nr. 5/97 geregelt worden. Eine Abweichung vom MTV liege damit nicht vor.
Das Arbeitsgericht hat mit Endurteil vom 12. Januar 2000 die Klage abgewiesen. Das Urteil wurde dem Kläger am 2. Februar 2000 zugestellt.
Mit seiner am 10. Februar 2000 eingelegten und am 7. April 2000 begründeten Berufung verfolgt der Kläger seinen Urlaubsanspruch weiter, während die Beklagte um Zurückweisung der Berufung bittet.
Der Kläger macht geltend, § 25 Ziffer 2 MTV enthalte eine abschließende, nicht auslegbare Regelung, die ...