Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigungsschutzklage und Urlaubsansprüche. Schadensersatzanspruch auf Abgeltung des Ersatzurlaubs nur bei Verzug des Arbeitgebers
Leitsatz (redaktionell)
1. In der Erhebung einer Kündigungsschutzklage liegt regelmäßig keine Geltendmachung von Urlaubsansprüchen des Arbeitnehmers. Gleiches gilt für Entfristungsklagen nach § 17 TzBfG.
2. Will der Arbeitnehmer die Abgeltung des Ersatzurlaubs als Schadensersatz geltend machen, muss der Arbeitgeber mit der Urlaubsgewährung in Verzug gewesen sein. Dazu bedarf es einer Mahnung des Arbeitnehmers. Denn ohne konkrete Anhaltspunkte kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Arbeitgeber eine Urlaubsgewährung eindeutig und unmissverständlich ablehnt und deshalb eine Mahnung entbehrlich wäre.
Normenkette
RL 2003/88/EG Art. 7 Abs. 1; GRCh Art. 31 Abs. 2; BUrlG § 7 Abs. 3 S. 1; TzBfG § 17; BGB § 249 Abs. 1, § 251 Abs. 1, § 275 Abs. 1, §§ 280, 283 S. 1, § 286 Abs. 1 S. 1, § 287 S. 2
Verfahrensgang
ArbG München (Entscheidung vom 30.05.2017; Aktenzeichen 3 Ca 13395/16) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 30.05.2017 - 3 Ca 13395/16 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger verlangt von der Beklagten Urlaub für die Kalenderjahre 2013 bis einschließlich 2015.
Der Kläger war bei der Beklagten auf Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrag vom 29.09./01.10.2008 (Bl. 7 ff. d.A.) seit 01.10.2008 mit einem durchschnittlicher Bruttomonatsverdienst von zuletzt € 2.800,00 und einem Urlaubsanspruch von 30 Tagen pro Jahr befristet beschäftigt. Ab 2012 führten die Parteien einen Rechtstreit über die Wirksamkeit einer Befristung ihres Arbeitsverhältnisses zum 31.12.2012 auf Grundlage eines gerichtlichen Vergleichs. Das Bundesarbeitsgericht entschied dazu mit Urteil vom 08.06.2016 - 7 AZR 467/14), dass die Befristung zum 31.12.2012 unwirksam ist und dass zwischen den Parteien ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht.
Mit einem Schreiben vom 20.07.2016 (Bl. 12 f. d A.) forderte der Kläger von der Beklagten die Gewährung von Urlaub für die Jahre 2013 bis 2016 in einem Umfang von 120 Tagen, worauf diese bereit war, den Urlaub für das Jahr 2016 zu gewähren und im Übrigen meinte, dass weitere Urlaubsansprüche verfallen seien.
Vor dem Arbeitsgericht hat der Kläger gemeint, er habe Anspruch auf Urlaub für die Kalenderjahre 2013 bis 2015, jedenfalls als Schadensersatz im Wege der Naturalrestitution. Unter Verweis auf einschlägige Rechtsprechung, etwa der 8. Kammer des LAG München vom 06.05.2015, hat der Kläger die Auffassung vertreten, er habe in den vergangenen Jahren keinen Urlaub ausdrücklich beantragen müssen und der Arbeitgeber sei von sich aus verpflichtet gewesen, ohne vorherige Aufforderung rechtzeitig Urlaub zu gewähren.
Vor dem Arbeitsgericht hat der Kläger beantragt,
Es wird festgestellt, dass dem Kläger für die Jahre 2013, 2014 und 2015 jeweils ein Jahresurlaubsanspruch in Höhe von 30 Kalendertagen gegen die Beklagte zusteht.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
Sie hat gemeint, dem Kläger stünde für die Zeit vor dem Kalenderjahr 2016 kein Urlaub mehr zu, denn § 7 Abs. 3 BUrlG binde den Urlaubsanspruch an das Urlaubsjahr und der Urlaubsanspruch verfalle am Ende des Urlaubsjahres. Zudem sei der Arbeitgeber ohne rechtzeitigen Antrag des Arbeitnehmers nicht zur Gewährung von Urlaub verpflichtet und müsse deshalb ohne einen solchen Antrag auch keinen Urlaub als Schadensersatz leisten. Auch die 11. Kammer des LAG München habe mit Urteil vom 20.04.2016 entschieden, dass es dem Arbeitnehmer auch nach erfolgter Kündigung möglich sei, Urlaub zu beantragen.
Zum Weiteren erstinstanzlichen Vorbringen der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften verwiesen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, dass es zu der mittlerweile beim Bundesarbeitsgericht anhängigen Rechtsfrage der Entscheidung der
11. Kammer des Landesarbeitsgerichts München vom 20.04.2016 - 11 Sa 983/15 - folge, wonach ein Arbeitnehmer auch nach Kündigung - oder wie vorliegend nach Ablauf einer Befristung - Urlaub zu beantragen habe, da der Arbeitgeber auch in solchen Fallkonstellationen nicht von sich aus verpflichtet sei, ohne konkrete Urlaubswünsche des Arbeitnehmers einen Urlaubszeitraum von sich aus zu bestimmen. Die Ansprüche des Klägers bestünden nicht, da er für die Jahre 2013 bis 2015 seinen Urlaub nicht rechtzeitig geltend gemacht habe.
Gegen dieses Urteil vom 30.05.2017, das dem Kläger am 12.06.2017 zugestellt wurde, hat dieser mit einem am 06.07.2017 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt, die er mit einem am 31.08.2017 eingegangenen Schriftsatz begründet hat, nachdem zuvor die Frist zur Berufungsbegründung bis zu diesem Tag verlängert worden war.
Der Kläger hält die Entscheidung des Arbeitsgerichts für unrichtig. ...