Entscheidungsstichwort (Thema)
Wechselschichtarbeit i.S.d. § 7 TVöD-F
Leitsatz (redaktionell)
Wechselschichtarbeit ist die Arbeit nach einem Schichtplan, der einen regelmäßigen Wechsel der täglichen Arbeitszeit in Wechselschichten vorsieht, bei denen Beschäftigte durchschnittlich längstens nach Ablauf eines Monats erneut zur Nachtschicht herangezogen werden. Wechselschichten sind demnach wechselnde Arbeitsschichten, in denen ununterbrochen bei Tag und bei Nacht, an Werk-, Sonn- und Feiertagen gearbeitet wird. Sieht der Schichtplan regelmäßig in der Zeit von 1:00 Uhr bis 3:00 Uhr nachts keine Arbeit vor und wird eine solche in diesem Zeitraum auch nicht geleistet, liegt keine Wechselschicht i.S.d. § 7 TVöD-F vor.
Normenkette
TVöD-F § 7 Abs. 1-2, § 8 Abs. 5
Verfahrensgang
ArbG München (Entscheidung vom 29.07.2019; Aktenzeichen 8 Ca 13085/18) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufungen der Kläger gegen das Endurteil des Arbeitsgerichtes München (Az: 8 Ca 13085/18) vom 29.07.2019 werden auf Kosten der Kläger zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Zahlung einer Zulage und Zusatzurlaub für die Leistung von Wechselschicht.
Die Beklagten zu 1) und 2) unterhalten einen Gemeinschaftsbetrieb am Flughafen B-Stadt.
Der Kläger zu 1) ist bei der Beklagten zu 2) seit 28.06.2012, der Kläger zu 2) seit 01.02.2016 im Bereich des Bodenverkehrsdienstes des Flughafens B-Stadt, jener im Bereich Z1, dieser im Bereich Z2 tätig.
Auf die Arbeitsverhältnisse findet kraft Verbandszugehörigkeit der Tarifvertrag L. 2011, der allgemeine Teil des TVöD sowie dessen besonderer Teil (BT-F) Anwendung.
Die Beklagten und der in dem Gemeinschaftsbetrieb gebildete Betriebsrat schlossen unter dem 27.01.2017 mit Wirkung zum 01.05.2017 eine Betriebsvereinbarung Arbeitszeitmodelle (künftig: BV-AZ) und eine zur Freiwilligen Wechselschichtarbeit (künftig: BV-WS), hinsichtlich derer auf die Anlagen K4 und K5 zur Klage vom 13.12.2018 (Bl.43 ff. bzw. 57 ff. d.A.) Bezug genommen wird.
Nach ersterer werden zur Verteilung der Schichtgruppen verschiedene Turnusmodelle gebildet (Ziffer 3) und die Schichtarten Früh- und Spätschicht definiert, die frühestens ab 03:00 Uhr eines Tages beginnen und spätestens um 01:00 Uhr des nächsten Tages enden sollen (Ziffer 4.1.). Nach Ziffer 5.4. soll das Zeitfenster zwischen 01:00 Uhr und 03:00 Uhr ausschließlich von Arbeitnehmern abgedeckt werden, die sich auf die Listen der BV-WS haben aufnehmen lassen.
Die BV-WS deckt angesichts der 24stündigen Betriebspflicht des Flughafens demgegenüber die Zeit zwischen 1 und 3 Uhr ab. Ihre Ziffer 2.2. wiederholt 5.4. der BV-AZ, und Ziffer 5. legt fest, dass die Arbeitnehmer der Freiwilligenliste als Arbeitnehmer gelten sollen, die ständig Wechselschichtarbeit im tariflichen Sinne leisteten, wobei die Gewährung von Zulagen und Zusatzurlaub sich nach den tariflichen Regelungen richte.
Uneins darüber, ob mit dieser Konstruktion die tarifvertraglichen Regelungen zu Zulagen und Zusatzurlaub für ständige Wechselschichtarbeit auf die Freiwilligen nach der BV-WS beschränkt oder für alle Arbeitnehmer anwendbar seien, vereinbarten die Betriebsparteien außerdem unter dem 27.01.2017 (als Anlage K30 zur Klage vom 13.12.2018, Bl.129 f d.A.), diese Frage in Musterverfahren gerichtlich klären zu lassen und dabei die Sprungrevision zum Bundesarbeitsgericht zu beantragen.
Den Klägern, die nicht Freiwillige im Sinne der BV-WS sind, wurde für den Zeitraum von Mai 2017 bis einschließlich April 2018 für die von ihnen geleisteten Schichten, hinsichtlich derer auf die Darstellung auf Seiten 9 bis 29 der Klage (Bl.9-29 d.A.) Bezug genommen wird, ‹ Schichtzulage TVöD in Höhe von € 40.-/Monat - dem Kläger zu 2) für April 2018 lediglich € 38,67 brutto - und jeweils drei Zusatzurlaubstage für Schichtarbeit nach § 27 Abs. 1b TVöD gewährt.
Mit ihrer Klage verlangen sie für diesen Zeitraum die Zahlung weiterer Zulagen sowie drei weitere zusätzliche Urlaubstage für ständige Wechselschichtarbeit.
Die Kläger waren erstinstanzlich der Ansicht, ihnen stünde entsprechendes nach § 8 Abs. 5 TVöD zu. Sie hätten im Sinne der höchstrichterlichen Rechtsprechung in einem Bereich gearbeitet, in dem nach einem Schichtplan rund um die Uhr gearbeitet werde: Im Bodendienst Z finde entsprechend der 24stündigen Betriebspflicht des Flughafens ganzjährig 24 Stunden an sieben Tagen Arbeit statt, die sich nach dem Schichtplan der beiden Betriebsvereinbarungen richte. Dass sie in allen Schichtenarten nach dem Tarifvertrag eingesetzt würden, genüge nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts für die Leistung ständiger Wechselschicht; des Einsatzes zu allen Zeiten bedürfe es dazu nicht. Die Kläger müssten nicht ihrerseits tatsächlich 24 Stunden abdecken.
Entsprechend sei ihnen auch weiterer Zusatzurlaub für ständige Wechselschicht nach § 27 Abs. 1a TVöD zu gewähren.
Die Kläger beantragten erstinstanzlich:
I. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt...