Entscheidungsstichwort (Thema)
Teilanfechtung eines Urteils über verschiedene Ansprüche. Unzulässige Berufung bei unbestimmter Verteilung des weiterverfolgten Teilbetrags auf einzelne Ansprüche
Leitsatz (redaktionell)
1. Gemäß § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG und § 520 Abs. 3 Nr. 1 ZPO muss die Berufungsbegründung eine Erklärung darüber enthalten, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderung des Urteils beantragt wird (Berufungsanträge). Die Vorschrift soll die Berufungsklägerin im Interesse der Beschleunigung des Berufungsverfahrens dazu anhalten, sich eindeutig über Umfang und Ziel ihres Rechtsmittels zu erklären und Berufungsgericht sowie Prozessgegner über Umfang und Inhalt ihrer Angriffe möglichst schnell und zuverlässig ins Bild setzen.
2. Die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderung des Urteils beantragt wird (Berufungsanträge), muss nicht notwendig in einem förmlichen, vom übrigen Inhalt der Begründungsschrift abgesetzten, bestimmt gefassten Antrag niedergelegt werden; insoweit reicht es aus, dass die innerhalb der hierfür vorgeschriebenen Frist eingereichten Schriftsätze der Berufungsklägerin ihrem Inhalt nach auch ohne einen besonderen Antrag eindeutig erkennen lassen, in welchem Umfang das Urteil angefochten werden soll.
3. Ist ein Urteil über verschiedene Ansprüche ergangen und ficht eine Partei dieses Urteil nur in Höhe eines Teilbetrags an, setzt eine zulässige Berufung voraus, dass die Partei den Teilbetrag, in dessen Höhe sie das Urteil angreift, auf die einzelnen Ansprüche oder Anspruchsteile verteilt, da anderenfalls das genaue Ziel des Änderungsbegehrens unklar bleibt.
4. Eine Berufung ist unzulässig, wenn dem in der Berufungsbegründung enthaltenen Berufungsantrag weder nach seinem Wortlaut noch durch Auslegung entnommen werden kann, ob die Klägerin aus allen erstinstanzlich geltend gemachten 240 Geschäftsvorfällen, oder nur aus den nunmehr konkret aufgelisteten 41 Vorfällen und aus welchen von diesen Ansprüche weiterverfolgt, und wenn ja in welcher Höhe, oder ob sie das Urteil nur hinsichtlich der Ansprüche aus einzelnen Vorfällen zur Überprüfung stellt, und wenn ja hinsichtlich welcher Vorfälle. Umfang und Ziel des Rechtsmittels müssen auch dann der Berufungsbegründung zu entnehmen sein, wenn die zugrundeliegenden Vorgänge in ihrer Begehungsweise gleich gelagert sind.
Normenkette
ArbGG § 64 Abs. 6 S. 1; ZPO § 520 Abs. 3 Nr. 1
Verfahrensgang
ArbG Augsburg (Entscheidung vom 06.05.2013; Aktenzeichen 3 Ca 2475/12) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Augsburg vom 06.05.2013, Az.: 3 Ca 2475/12 wird auf Kosten der Klägerin verworfen.
2. Die Revision wird für die Klägerin zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin macht im Berufungsverfahren noch Schadensersatzansprüche gegen den Beklagten zu 2) geltend.
Der Beklagte zu 1) war bei der Klägerin bzw. deren Rechtsvorgängerin als Leiter eines Vertriebsteams in C-Stadt tätig. Die Tätigkeit des Beklagten zu 1) erfolgte auf arbeitsvertraglicher Basis, soweit es um die streitgegenständlichen Ansprüche geht.
Der Beklagte zu 2) war dem Beklagten zu 1) unterstellt und war zuletzt als AccountManager im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses für die Klägerin tätig.
Der Vertrieb der Klägerin wird abgewickelt über verschiedene Programme, nämlich ein sogenanntes TSAM CRM-Programm, welches weitgehend eine Datenbank ist und Kundendaten erfasst sowie die beabsichtigten als auch die getätigten Geschäfte.
Soweit elektrotechnische Artikel vertrieben werden, wird dies mit einem EDV-Programm, bezeichnet SeCe-It, abgewickelt. Dieses Programm listet Preise auf sowie mögliche Rabatte, welche der Vertriebsmitarbeiter Kunden gewähren kann. Soweit diese Rabatte nicht ausreichen, kann über das Programm durch den Vertriebsmitarbeiter eine höhere Rabattierung initiiert werden. Diesen Vorgang bezeichnet die Klägerin als Preiseskalation. Beschafft werden Artikel, welche an den Kunden weitergereicht werden, von der F. GmbH, welche ihrerseits die Waren der Klägerin mit einem Preisaufschlag von bis zu 3 % in Rechnung stellt. Eine Abgabe erfolgt grundsätzlich nur an Kunden der Klägerin, die keine Wiederverkäufer sind.
Der Beklagte zu 2) legte in den EDV-Systemen zwei Kunden namens S. sowie K. an. Inhaber dieser Kunden waren die Ehefrau des Beklagten zu 2) bzw. deren Eltern.
Ab Mitte 2006 wurden wenigstens 240 Bestellungen elektrotechnischer Artikel für die vorgenannten Kunden sowie weitere Kunden wie G.mbH, G.AG und H.GmbH vom Beklagten zu 2) abgewickelt und ausgelöst. Teilweise wurden die Bestellungen auf die Kundennummer einer I. AG, einer J. oder einer Fa. L. gebucht bzw. abweichende Rechnungs- und Lieferanschriften angegeben. Zum Teil handelt es sich bei den veräußerten Gegenständen um Restposten.
Die Klägerin macht geltend, der Beklagte zu 2) habe über das Programm TSAM veranlasst, dass von Mitarbeitern des Order Managements in den meisten Fällen nur weit unter Eins...