Entscheidungsstichwort (Thema)

Wellenstreik. Annahmeverzug des Arbeitgebers. Maßregelungsverbot

 

Leitsatz (amtlich)

Die Arbeitspflicht eines Arbeitnehmers beim Druck einer Tageszeitung ist in der Regel eine sogenannte absolute Fixschuld. Daher kommt der Arbeitgeber bei einem sogen. Wellenstreik, wenn er den Arbeitnehmer nach dem Ende des Streiks für den Rest der Schicht nicht weiterbeschäftigt, grundsätzlich nicht in Verzug mit der Annahme dessen Dienste.

Ist in einem solchen Fall dem Arbeitgeber die Beschäftigung des Arbeitnehmers möglich und zumutbar, kann er sie im Hinblick auf § 612a BGB nicht davon abhängig machen, daß der Arbeitnehmer versichert, in der Schicht nicht noch einmal zu streiken.

 

Normenkette

BGB §§ 612a, 615

 

Verfahrensgang

ArbG München (Urteil vom 21.11.1995; Aktenzeichen 15 Ca 12518/94)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 15.12.1998; Aktenzeichen 1 AZR 216/98)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 21.11.1995 – 15 Ca 12518/94 geändert:

1.) Die Beklagte wird verurteilt an den Kläger

zu 1)

DM 79,20

brutto

zu 2)

DM 88,50

brutto

zu 3)

DM 99,45

brutto

zu 4)

DM 91,50

brutto

zu 5)

DM 102,57

brutto

zu 6)

DM 84,45

brutto

zu 7)

DM 86,10

brutto

zu 8)

DM 97,41

brutto

zu 9)

DM 109,77

brutto

zu 10)

DM 88,50

brutto

zu 11)

DM 84,45

brutto

zu 12)

DM 84,45

brutto

zu 13)

DM 107,62

brutto

zu 14)

DM 101,46

brutto

zu 15)

DM 90,33

brutto

zu 16)

DM 86,45

brutto

zu 17)

DM 98,28

brutto

zu 18)

DM 84,45

brutto

zu 19)

DM 84,30

brutto

zu 20)

DM 104,58

brutto

zu 21)

DM 109,65

brutto

nebst 4 % Zinsen hieraus seit 01.06.1994 zu zahlen.

2.) Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

II. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob den 21 Klägern für die Zeit von 21.00 bis 24.00 Uhr der Nachtschicht vom 28.4.1994 aus dem rechtlichen Gesichtspunkt des Annahmeverzuges des Arbeitgebers Lohn zusteht, oder ob die Beklagte berechtigt war, die Arbeitsleistung der Kläger abzulehnen.

Die Kläger sind seit mehreren Jahren im Schichtbetrieb in der Zeitungsrotation der Beklagten, die vornehmlich Tageszeitungen druckt, mit der Erstellung der … beschäftigt. Ihre Schichten – die Schicht 4 und 5 – dauerten am 28.4.1994 nach dem in einer Betriebsvereinbarung geregelten Schichtplan vom 29.9./23.11.1993 von 18.00 bis 4.30 Uhr. Um 18.30 Uhr hatte im Rahmen der Tarifauseinandersetzung der IG Medien Druck und Papier Publizistik und Kunst (…) und des Bundes Verbandes Druck, in dem die Beklagte organisiert ist, die ZG-Medien durch die betriebliche Streikleitung zu einem nicht befristeten Streik aufgerufen. Die Kläger verließen um 18.30 Uhr ihren Arbeitsplatz und gingen in die Kantine. Dort wurden sie von der Beklagten zum Verlassen des Betriebes aufgefordert. Gegen 19.00 Uhr begann die Beklagte durch ihre Schichtführer und ihr Notpersonal mit der Produktion der … Zeitung, die am nächsten Tag mit reduzierter Seitenzahl und Farbe erschien. Ab 21.00 Uhr erklärte die betriebliche Streikleitung gegenüber der Geschäftsleitung der Beklagten das Ende des Streiks und die Wiederaufnahme der Arbeit. Um 21.00 Uhr kehrten die Kläger wieder an ihren Arbeitsplatz zurück. Die Beklagte forderte sie auf, den Betrieb zu verlassen, da ihre Arbeitsleistung nicht mehr benötigt werde. Nach längeren Diskussionen erklärte die Geschäftsführung der Beklagten den Klägern, sie könnten die Arbeit wieder aufnehmen, wenn sie garantierten, bis zum Schichtende ohne Störungen zu arbeiten. Im Namen der Kläger erklärte die Streikleitung:

Die … -Rotationer bieten nach wie vor ihre Arbeitskraft an und sind bereit, die Arbeit sofort aufzunehmen. Einen eventuellen Streikaufruf der IG-Medien würden sie befolgen.

Mit dieser Erklärung gab sich der Beklagte nicht zufrieden und lehnte die Annahme der Arbeit der Kläger ab. Von 24.00 Uhr bis zum Ende der Schicht streikten die Kläger wieder. Für die Zeit von 21.00 bis 24.00 Uhr zahlte die Beklagte ihnen keinen Lohn.

Die Kläger machen geltend, ihnen stehe für diese Zeit Lohn zu. Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit seien für den 28.4.1994 durch die Betriebsvereinbarung in dem Schichtplan vom 29.9./23.11.1993 geregelt und danach habe die Beklagte sie beschäftigen müssen. Die einseitige Verkürzung der Arbeitszeit sei wegen Verstoßes gegen § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG unwirksam. Die Arbeitskampfsituation am 28.4.1994 habe die Beklagte nicht berechtigt, ihre Arbeitsleistung abzulehnen und ihnen den Lohn vorzuenthalten. Dafür, daß ihre Arbeit nicht arbeitskampfbedingt weggefallen sei, berufen sich die Kläger auf das Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 14.12.1993 – 1 AZR 550/93).

Die Kläger haben die eingeklagten Lohnansprüche mit Schreiben vom 16.5.1994 geltend gemacht und mit ihren am 12.8.1994 beim Arbeitsgericht eingereichten Klagen beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger

zu 1)

DM 79,20

brutto

zu 12)

DM 84,45

brutto

zu 2)

DM 88,50

brutto

zu 13)

DM 107,62

brutto

zu 3)

DM 99,45

brutto

zu 14)

DM 101,46

brutto

zu 4)

DM 91,50

brutto

zu 15)

DM 90,33

brutto

zu 5)

DM 102,5...

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