Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsrente. Restübergangsgeld-Anrechnung
Leitsatz (amtlich)
Unzulässigkeit der Anrechnung des von einer Rundfunkanstalt gezahlten, in einen „Rentenwert” umgerechneten sog. Restübergangsgeldes, das auf einer vor Inkrafttreten des BetrAVG geschaffenen Versorgungsordnung beruht, wegen Verstoßes gegen § 30 d Abs.3 S.3 BetrAVG
Normenkette
BetrAVG §§ 2, 3 Abs. 1, § 18 Abs. 6, § 30 Abs. 3 S. 3
Verfahrensgang
ArbG München (Urteil vom 14.11.2002; Aktenzeichen 26 Ca 4226/02) |
Tenor
1.Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 14.11.2002 – 26 Ca 4226/02 – wird auf Kosten der Berufungsführerin zurückgewiesen.
2.Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Berufungsverfahren noch über die Frage, ob die Beklagte berechtigt ist, vom Versorgungsanspruch des Klägers einen fiktiven Rentenanspruch aus Restübergangsgeld abzuziehen.
Der am 00.00.1941 geborene Kläger war vom 01.12.1962 bis 30.04.1980 beim Beklagten tätig. Er bezieht seit 01.11.2001 Alterruhegeld. Die Beklagte erteilte dem Kläger am 01.04.1966 eine Versorgungszusage gemäß der damals geltenden Versorgungsordnung vom 01.09.1959. Da im Zeitpunkt des Erlassens dieser Versorgungsordnung und auch im Zeitpunkt der Erteilung der Versorgungszusage durch die Beklagte an den Kläger eine gesetzliche Regelung über die Unverfallbarkeit von Versorgungsanwartschaften fehlte, sah die Versorgungsordnung 1959 unter Ziffer 461 vor, dass ein Versorgungsberechtigter nach Erfüllung der Wartezeit bei Ausscheiden aus den Diensten des Beklagten lediglich ein sog. Übergangsgeld erhält, das den Aufbau einer privaten Altersversorgung ermöglichte.
Mit Wirkung zum 01.01.1970 trat eine neue Versorgungsordnung in Kraft, die die bisher geltende ersetzte. Mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vom 19.12.1974 wurde die gesetzliche Verpflichtung der Beklagten geschaffen, ausscheidende Mitarbeiter bei einer Zusatzversorgungseinrichtung nachzuversichern, sofern zum Zeitpunkt des Ausscheidens ein unverfallbarer Versorgungsanspruch bestehe. Dieser in § 18 Abs. 6 BetrAVG geregelten Nachversicherungspflicht kam die Beklagte aufgrund einer Vorlage des Intendanten vom 21.11.1979 durch Beschluss des Verwaltungsrats vom 04.02.1980 nach, wonach Ziffer 461 der Versorgungsordnung dahingehend ergänzt wurde, dass beim Ausscheiden eines Mitarbeiters ein Übergangsgeld nur noch insoweit gewährt wird, als eine Nachversicherung nach den Bestimmungen des Betriebsrentengesetzes nicht erfolgt oder aber die Aufwendungen für eine Nachversicherung niedriger als das Übergangsgeld gemäß Ziffer 461.1 sind (sog. Restübergangsgeld).
Die Versorgungsordnung 1970 – Stand September 1997 – sieht im Falle des Ausscheidens von Mitarbeitern nach Vollendung des 35. Lebensjahres vor Eintritt des Versorgungsfalles und nach einer Wartezeit von mindestens 10 Jahren eine Versorgungsanwartschaft vor, die sich als zeitlicher Anteil „m/n” derjenigen Versorgungsleistung berechnet, die die Versorgungsberechtigten zum Zeitpunkt des Ausscheidens erhalten hätten, wenn sie zu diesem Zeitpunkt das 65. Lebensjahr vollendet und die bis dahin noch ausstehenden Jahre bei der Beklagten zurückgelegt hätten (Ziff. 281, 281.1). Nach Ziff. 281.4 wird eine sich aus einer ggf. von der Beklagten durchgeführten Nachversicherung nach § 18 BetrAVG ergebende Rente auf den sich aus der Anwartschaft ergebenden Anspruch angerechnet. Eine Regelung über die Anrechnung von Restübergangsgeld enthält die Versorgungsordnung 1970 nicht.
Mit Wirkung zum 01.01.1981 trat der Tarifvertrag über die Altersversorgung (TVA) bei der Beklagten in Kraft, also zu einem Zeitpunkt, zu dem der Kläger bereits aus den Diensten der Beklagten ausgeschieden war.
Die Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 07.02.2002 die Höhe seines ab 01.11.2001 bestehenden Rentenanspruchs mit. Dabei zog sie vom unverfallbaren Anspruch nach §§ 12, 18 i.V.m. 30d BetrAVG in Höhe von DM 850,72 brutto einen „Anspruch aus Nachversicherung” in Höhe von monatlich DM 351,81 brutto sowie einen „fiktiven Anspruch aus Restübergangsgeld” in Höhe von monatlich DM 100,09 brutto ab, so dass sie einen Versorgungsanspruch gegenüber der Beklagten in Höhe von monatlich DM 399,00 brutto = EUR 204,01 brutto errechnete.
Der Kläger hat im ersten Rechtszug zuletzt beantragt, die Beklagte zu verurteilen, den Kläger DM 3.862,61 brutto (Einbehalt aus Nachversicherung seit 01.11.2001) sowie DM 1.100,99 brutto (Einbehalt aus Restübergangsgeld seit 01.11.2001) abzurechnen und auszuzahlen, sowie die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger monatlich eine Betriebsrente in Höhe von DM 850,27 brutto zu zahlen.
Die Beklagte hat im ersten Rechtszug Klageabweisung beantragt.
Das Arbeitsgericht München hat mit Endurteil vom 14.11.2002, auf das hinsichtlich des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien und der rechtlichen Erwägungen des Arbeitsgerichts verwiesen wird, die Beklagte verurteilt, an den Kläger EUR 562,93 brutto sowie...