Entscheidungsstichwort (Thema)
Überraschende Auflösungsklausel im Sicherheitsgewerbe. Feststellungsantrag zum Fortbestand des Arbeitsverhältnisses bei Widerruf der Einsatzgenehmigung
Leitsatz (amtlich)
Eine auflösende Bedingung, die im Arbeitsvertrag unter der Überschrift "Voraussetzungen/Grundlagen" und nicht in Abschnitt "Beendigung des Arbeitsverhältnsises" enthalten ist, ist eine überraschende Klausel i.S.d. § 305 c BGB.
Normenkette
BGB §§ 305c, 305 Abs. 1 S. 1, § 305 c Abs. 1, § 611 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG München (Entscheidung vom 15.09.2011; Aktenzeichen 21 Ca 548/10) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 15.09.2011, Az.: 21 Ca 548/10 abgeändert:
Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgrund einer auflösenden Bedingung am 24.10.2010 beendet worden ist.
II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob das Arbeitsverhältnis des Klägers durch eine auflösende Bedingung beendet wurde.
Der Kläger ist auf der Grundlage des Arbeitsvertrags vom 24.9.2003 (Bl. 59 - 62 d.A.) mit Nebenabredenvereinbarung vom 24.9.2003 (Bl. 92/93 d. A.) seit dem 25.9.2003 bei der Beklagten als "Sicherheitskraft" zu einem monatlichen Bruttogehalt von zuletzt .. € beschäftigt.
In Ziffer 2.2 des Arbeitsvertrags ist im Rahmen der mit "Voraussetzungen/Grundlagen" überschriebenen Ziffer 2 u.a. folgendes geregelt:
"Als Voraussetzung für die Beschäftigung gilt die uneingeschränkte Zustimmung des Ordnungsamtes für die Tätigkeit des Arbeitnehmers im Sicherheitsdienst. Des Weiteren müssen seitens des Arbeitnehmers die Anforderungen des Bewachungsvertrages (PWS) zwischen der US-Armee und dieser Firma eingehalten und erfüllt werden. Die Einsatzgenehmigung der E. ist Geschäftsgrundlage dieses Vertrages. Wird die Einsatzgenehmigung wegen Nichteinhaltung des Bewachungsvertrages, der für beide Parteien verbindlich ist und von der E-Regierung vorgegeben wird, widerrufen, endet der Vertrag, ohne dass es einer Kündigung bedarf mit Ablauf der tariflichen Kündigungsfrist.
Der Entzug der Einsatzgenehmigung ist dem Arbeitnehmer und dem örtlichen Betriebsrat nachzuweisen. Die Frist beginnt mit Bekanntgabe des Entzugs der Einsatzgenehmigung an den Arbeitnehmer. ...."
Ziffer 7 des Arbeitsvertrages enthält unter der Überschrift "Beendigung des Arbeitsverhältnisses" folgende Regelungen:
7.1 Die ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses gelten als Probezeit. Während der Probezeit kann das Arbeitsverhältnis beiderseits ohne Angabe von Gründen mit den tarifvertraglich festgelegten Fristen gekündigt werden. Nach der Probezeit gelten die tarifvertraglichen Kündigungsfristen.
7.2 Befristete Arbeitsverhältnisse enden zu dem in Abschnitt 1 vereinbarten Zeitpunkt, ohne dass es einer Kündigung bedarf. Die ordentliche Kündigung während der Befristung ist von beiden Vertragsparteien zulässig.
7.3 Das Arbeitsverhältnis endet, ohne dass es einer Kündigung bedarf, mit Erreichen des 65. Lebensjahres."
In den Nebenabreden zum Arbeitsvertrag ist unter Ziffer 5 geregelt: "Körperlicher Leistungstest.
Jeder Beschäftigter unter diesem Bewachungsvertrag muss sich jährlich einem körperlichen Leistungstest unterziehen, um so zu gewährleisten, dass das Wachpersonal physisch in der Lage ist, die übertragenen Aufgaben zu verrichten. Die entsprechenden Tests werden von den E. als Vertragsbedingung vorgeschrieben und müssen demgemäß von jedem Beschäftigten erbracht werden. Sollte dies nicht der Fall sein, so ist eine Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses nicht mehr möglich und es endet unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist durch auflösende Bedingung."
Gemäß den Bestimmungen des Bewachungsvertrages, insbesondere dem "Performance Work Statement" (Bl. 30 d. A.) und Ziffer 5 der Nebenabreden zum Arbeitsvertrag ist der Kläger verpflichtet, einmal im Vertragsjahr einen Sporttest zu absolvieren, um seine grundsätzliche Tauglichkeit für den Wachdienst nachzuweisen. Diesen Test hat der Kläger im Jahr 2010 nicht erfolgreich absolviert. Mit Aktennotiz vom 08.09.2010 (Bl. 28/29 d. A.) teilte das F. der Beklagten mit, dass der Kläger von seiner Arbeit als Sicherheitswachmann für die G.-Garmisch oder die H.-Schule abgezogen wird.
Nachdem die Beklagte die G.-Garmisch erfolglos gebeten hatte, den Entzug der Einsatzgenehmigung des Klägers zu überdenken, teilte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 09.09.2010, welches dem Kläger am 11.11.2010 zuging, mit, dass sein Arbeitsverhältnis zum 24.10.2010 endet, weil das F. am 08.09.2010 seine Einsatzgenehmigung widerrufen habe.
Die Beklagte hat, mit Ausnahme eines Objekts in M., nur den E.-Bereich, zu welchem auch die H.-Schule in O. gehört, als Kunden. Gemäß § 2 Ziffer 3 des Mantelrahmentarifvertrags für das Wach- und Sicherheitsgewerbe für die G (künftig: "MRTV") kann das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist unter Beachtung der gesetzlichen Bestimmungen mit ...