Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsübergang. Widerspruch. Veriwirkung
Leitsatz (amtlich)
1. Das Widerspruchsrecht gegen einen Betriebsteilübergang gem. § 613a Abs. 1 BGB ist nicht in zeitlicher Hinsicht grenzenlos und auch kein Selbstzweck. Mag der Gesetzgeber insoweit für die Zeit nach dem Betriebsteilübergang auch gerade keine Fristen eingeräumt haben, woraus zu entnehmen ist, dass es keine absoluten Verwirkungsfristen gibt, so ist doch bei Berücksichtigung der hier vorliegenden Umstände des Wissens des Klägers über die aus seiner Sicht unkorrekte Information seiner früheren Arbeitgeberin über den bevorstehenden Betriebsteilübergang gem. § 613a Abs. 5 BGB, sich ergebend aus seinem Schreiben vom 13. Juli 2005 an die Beklagte i. V. mit seinem Wissen um die Illiquidität der übernehmenden Fa. A. GmbH, die ihn bereits zur Antragstellung auf Insolvenzgeld am 2. Juni 2005 veranlasste i. V. mit der ihm zweifellos bekannten Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen dieses Unternehmens am 1. August 2005 und der Tatsache, dass er die ihm ausgesprochene ordentliche betriebsbedingte Kündigung seines Arbeitsverhältnisses durch die betriebsteilübernehmende Fa. A. GmbH nicht gerichtlich innerhalb der dreiwöchigen Klagefrist des § 4 S. 1 KSchG angegriffen hat, spätestens ab letzterem Zeitpunkt bei seinem Widerspruch vom 25. Januar 2006 das für das Institut der Verwirkung erforderliche Zeitmoment erfüllt. Als allerletzter Zeitpunkt, ab wann die Beklagte mit einem Widerspruch, der sein Arbeitsverhältnis bei ihr ab 1. November 2004 aufrechterhalten hätte, rechnen musste, ist schließlich der 1. Dezember 2006 zu nennen, zu dem auf jeden Fall sein Arbeitsverhältnis mit der Fa. A. GmbH infolge der von dieser ausgesprochenen Kündigung beendet war.
Ihm, aber auch der Beklagten, musste damit klar sein, dass er, wollte er den Fortbe-stand seines Arbeitsverhältnisses bei dieser geltend machen, seine Arbeitskraft spä-testens ab diesem Zeitpunkt bei ihr anbieten hätte müssen. Es sind auch gar keine Gründe ersichtlich, warum er dies nicht tat. Er riskierte dabei sogar etwaige Ansprüche aus Annahmeverzug.
Damit aber konnte allerspätestens ab diesem Zeitpunkt die Beklagte darauf vertrauen, er würde seinen Widerspruch nicht mehr geltend machen.
2. Wie das Bundesarbeitsgericht in seinem bereits zitierten Urteil vom 13. Juli 2006 (8 AZR 382/05 – AP Nr. 1 zu § 613a BGB Widerspruch) erkannt hat, ist gerade die Länge des Zeitablaufs in Wechselwirkung zu dem ebenfalls erforderlichen Umstandsmoment zu setzen und gerade je stärker das gesetzte Vertrauen oder die Umstände sind, die eine Geltendmachung für den Anspruchsgegner unzumutbar machen, desto schneller kann ein Anspruch verwirken. Die hier vorliegenden Umstände waren durchaus geeignet, bei der Beklagten das Vertrauen zu erwecken, dass der Kläger von seinem Widerspruchsrecht nicht Gebrauch machen würde, denn der von ihm in seinem Schreiben vom 13. Juli 2005 geäußerte Vorbehalt dieses Widerspruchsrechts war nicht gerechtfertigt, was er auch selbst erkennen hätte können und müssen und durch sein Zuwarten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 1. August 2005 sowie seine Untätigkeit gegen die von der Fa. A. GmbH ihm ausgesprochene Kündigung noch genährt hat.
Normenkette
BGB § 613a
Verfahrensgang
ArbG München (Urteil vom 17.01.2007; Aktenzeichen 31 Ca 1709/06) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 17. Januar 2007 – Gz.: 31 Ca 1709/06 – wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.
3. Gegen dieses Urteil wird die Revision zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob das Arbeitsverhältnis des Klägers, das gem. § 613a BGB auf eine andere Arbeitgeberin übergegangen war und dort auch realisiert wur-de, aufgrund seines später erfolgten Widerspruchs mit seiner früheren Arbeitgeberin, der Beklagten, fortbesteht.
Der 44-jährige, verheiratete Kläger, der einem minderjährigen Kind unterhaltspflichtig ist, ist seit 1. September 1978, zuletzt als Systems Analyst, im Geschäftsbereich C. der Beklagten gegen eine monatliche Vergütung in Höhe von EUR 3.789,29 brutto (= durchschnittlich EUR 2.900,– netto) beschäftigt. Nach deren unwidersprochen geblie-benem Sachvortrag mit Schriftsatz vom 25. April 2006 (Seiten 20/21) fanden auf das Arbeitsverhältnis der Parteien die Vorschriften der Tarifverträge für die chemische Industrie Anwendung.
Mit Schreiben vom 22. Oktober 2004 hat die Beklagte ihn darüber unterrichtet, dass sie plane, „den Geschäftsbereich C. mit Wirkung zum 1. November 2004 auf die A. GmbH zu übertragen”, worin der Kläger beschäftigt war. Sie führt darin unter Ziff. 2. „Zum Grund für den Übergang” u. a. aus:
„… A. GmbH mit Sitz in L. umfasst das gesamte bisherige C.-Geschäft der A. AG, also die Geschäftsfelder Film, Finishing und La-borgeräte. A. GmbH übernimmt das Vermögen von C. Hierzu gehö-ren insbesondere Produktionsanlagen, Markenzeichen, Patente und ...