Entscheidungsstichwort (Thema)
Wahl des BR ohne Wahlumschläge
Leitsatz (amtlich)
Der Rücktritt des Betriebsrats in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht lässt das Rechtsschutzinteresse für das Wahlanfechtungsverfahren nicht entfallen.
Die unterlassene Verwendung von Wahlumschlägen ist grundsätzlich ein Grund für die Anfechtung einer Betriebsratswahl.
Normenkette
BetrVG § 19; WO § 11 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
ArbG Lingen (Beschluss vom 31.07.2003; Aktenzeichen 3 BV 2/03) |
Tenor
Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Lingen (Ems) vom 31.07.2003, AZ 3 BV 2/03, wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Antragstellerin und Arbeitgeberin betreibt vorliegend ein Verfahren zur Anfechtung der Betriebsratswahl vom 06.05.2003 im Betrieb der Antragstellerin.
Antragsgegner ist der im Betrieb in der Betriebsratswahl vom 06.05.2003 gewählte Betriebsrat.
Aufgrund eines Wahlausschreibens vom 24.03.2003 fand am 06.05.2003 in den Räumlichkeiten der Arbeitgeberin sowohl in der „Kantine” wie auch in der sogenannten „Kantine oben” eine Betriebsratswahl statt. Wegen des Inhalts des Wahlausschreibens wird auf dieses (Bl. 26 d.A.) verwiesen.
Aufgrund des Wahlausschreibens wurden 2 Listen eingereicht und auf der Grundlage des Stimmzettels (Bl. 29 d.A.) gewählt. Die Liste 1 (Kennwort G…) erhielt gemäß der Wahlniederschrift vom 06.05.2003 75 Stimmen, die Liste 2 (Kennwort B…) 42 Stimmen. Insgesamt waren 117 gültige Stimmen abgegeben worden.
Die Arbeitgeberin hat zwei Betriebsteile, den Hauptbetrieb in der S… sowie einen weiteren Betriebsteil in B…. Für diesen Betriebsrat sowie für die LKW-Fahrer wurde die schriftliche Stimmabgabe durch den Wahlvorstand beschlossen.
Der Wahlvorstand war in einem Beschlussverfahren vor dem Arbeitsgericht Lingen, AZ 3 BV 1/02, eingesetzt worden. In diesem Beschluss vom 21.03.2002 des Arbeitsgerichts Lingen wurde der bisherige Wahlvorstand abberufen und ersetzt durch den neuen Wahlvorstand, bestehend aus den Mitgliedern Herrn Br…, Herrn D… und Frau R…. Als Wahlhelfer wurden bestimmt Frau S…, Frau G… und Herr Sc….
Bei der Betriebsratswahl wurden keine Wahlumschläge verwendet. Die Wahl erfolgte, indem Wahlzettel gefaltet und entsprechend in die Wahlurne eingeworfen wurden.
Mit einem am 19.05.2003 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen Antrag begehrt die Arbeitgeberin, die am 06.05.2003 durchgeführte Betriebsratswahl für unwirksam zu erklären.
Sie hält die Wahl aus folgenden Gründen für unwirksam.
1. Es liege ein Verstoß gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 8 der ersten Verordnung zur Durchführung des Betriebsverfassungsgesetzes (Wahlordnung, WO) vor. Das Wahlausschreiben sei am 24.03.2003 ausgehängt worden. Die Zwei-Wochen-Frist sei damit am 07.04.2003 um 24:00 Uhr abgelaufen. Gleichwohl habe der Wahlvorstand im Wahlausschreiben den letzten Tag für die Einreichung von Vorschlagslisten auf den 07.04.2003, 8:00 Uhr angesetzt. Damit sei verhindert worden, dass die Belegschaft die Möglichkeit gehabt hatte, an diesem Tage noch bis zum Betriebsschluss Wahlvorschläge einzureichen.
2. Es liege ein Verstoß gegen die Frist des § 3 Abs. 2 Nr. 3 WO vor. Auch die Frist für schriftliche Einsprüche gegen die Wählerliste sei nach dem Wahlausschreiben am 07.04.2003 um 8:00 Uhr abgelaufen, obwohl diese noch zumindest bis Betriebsschluss an diesem Tag hätte laufen müssen.
3. Es liege ein Verstoß gegen § 3 Abs. 2 Ziffer 12 WO vor. Das Wahlausschreiben vom 24.03.2003 beinhalte keine Betriebsadresse des Wahlvorstandes, vielmehr sei lediglich die Betriebsanschrift angegeben worden.
4. Es liege ein Verstoß gegen § 3 Abs. 2 Nr. 10 WO vor. Ausweislich des Wahlausschreibens seien Wahlvorschläge nur in der Anmeldung in S… ausgehändigt worden, wodurch den Mitarbeitern in B… es nicht möglich gewesen sei, sich über die Wahlvorschläge zu informieren.
5. Es liege ein Verstoß gegen § 11 Abs. 1 WO vor. Die Verwendung von Wahlumschlägen sei erforderlich, weil der Umschlag die Sicht auf den Stimmzettel nach dessen Kennzeichnung bis zum Einwurf in die Wahlurne verdecke. Dieses diene zur Sicherung des Wahlgeheimnisses. Die Nichtverwendung von Wahlumschlägen stelle deshalb einen wesentlichen Verstoß über das Wahlverfahren dar.
Selbst der zusammengefaltete Stimmzettel habe erkennen lassen, für welche Liste gestimmt worden sei. Auch habe erkannt werden können, ob überhaupt keine Stimme abgegeben worden sei. Zumindest hätten dies diejenigen Personen feststellen können, die sich in der Nähe der Wahlurne bzw. des Wählers aufgehalten hätten. Eine Beeinflussung der Wähler durch diesen Umstand sei nicht auszuschließen.
6. Es liege ein Verstoß gegen § 12 Abs. 2 WO vor. Im Wahllokal „Kantine oben” habe sich während des gesamten Wahlvorgangs das Wahlvorstandsmitglied Br… aufgehalten. Neben ihm sei die Wahlhelferin G. anwesend gewesen.
Im Wahllokal „Kantine” seien dauerhaft die Wahlhelferin S… und der Wahlhelfer Sc… anwesend gewesen. Das Wahlvorstandsmitglied D… habe sich dort nur sporadisch und nur fü...