Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsweg + GmbH GF + Schriftformerfordernis § 623 BGB
Leitsatz (amtlich)
Das Schriftformerfordernis des § 623 BGB steht einer konkludenten Aufhebung des Arbeitsvertrages durch einen mündlich abgeschlossenen Geschäftsführer-Anstellungsvertrag entgegen. Durch die Bestellung zum GmbH Geschäftsführer und den mündlich/konkludent abgeschlossenen Geschäftsführervertrag kann wegen der Formvorschrift des § 623 BGB nicht von einer konkludenten Aufhebung des Arbeitsvertrages zur GmbH & Co KG ausgegangen werden.
Normenkette
BGB § 623; ArbGG § 5 Abs. 1 S. 3
Verfahrensgang
ArbG Braunschweig (Beschluss vom 11.09.2006; Aktenzeichen 3 Ca 364/06) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 11.09.2006 in der Fassung des Nichtabhilfebeschlusses vom 06.12.2006 abgeändert.
Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen wird für zulässig erklärt.
Die Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 3.195,64 Euro festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der fristlos und teilweise hilfsweise ordentlich ausgesprochenen Kündigungen vom 29.06.2006, 04.07.2006 und 05.07.2006.
Der am 00.00.1960 geborene Kläger ist seit dem 01.10.1989 als stellvertretender Betriebsleiter zu einer Bruttomonatsvergütung von zuletzt 3.195,64 EUR bei der Beklagten auf der Grundlage des Anstellungsvertrages vom 02.10.1989 (Anlage K 1 zur Klageschrift Bl. 5 d. A.) tätig. Durch Gesellschafterbeschluss vom 21.06.2005 wurde er zum Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der Beklagten bestellt. Ein schriftlicher Anstellungsvertrag wurde mit dem Kläger anlässlich seiner Bestellung zum Geschäftsführer nicht geschlossen. Seine Vergütung erhöhte sich zum Monat Juli 2005 um 429,86 EUR brutto auf 2.700,– EUR brutto und im Mai 2006 um weitere 400,– EUR brutto auf 3.100,– EUR brutto.
Unter dem 29.06.2006 sprach die Beklagte eine mündliche fristlose Kündigung aus. Mit Schreiben vom 04.07.2006 wurde der Widerruf der Geschäftsführerstellung des Klägers erklärt und ein etwaiges Anstellungsverhältnis fristlos und hilfsweise fristgerecht gekündigt. Weitere Kündigungen wurden mit Schreiben vom 05.07.2006 ausgesprochen.
Mit seiner am 12.07.2006 beim Arbeitsgericht Braunschweig per Fax eingegangenen Klage wehrt sich der Kläger gegen die ausgesprochenen Kündigungen. Wegen der angekündigten Anträge des Klägers wird auf Seite 2 der Klageschrift Bl. 2 d. A. Bezug genommen.
Der Kläger hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten, seine Stellung als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH stehe seiner Arbeitnehmereigenschaft gegenüber der Beklagten, der GmbH & Co. KG nicht entgegen.
Die Beklagte hat die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen gerügt.
Sie hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten, der Kläger sei als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH einer KG kraft Gesetzes zur Vertretung dieser Personengesamtheit berufen und daher nach § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG nicht als Arbeitnehmer im Sinne des ArbGG anzusehen. Der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten sei daher nicht eröffnet.
Das Arbeitsgericht Braunschweig hat durch Beschluss vom 11.09.2006 den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für unzulässig angesehen und den Rechtsstreit gem. §§ 58 ArbGG, 17 a II GVG an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtswegs, das Landgericht Braunschweig verwiesen.
Dieser Beschluss wurde dem Kläger am 30.10.2006 (Bl. 45 d. A.) zugestellt. Der Kläger hat gegen diesen Beschluss mit einem am 13.11.2006 per Fax beim Arbeitsgericht Braunschweig eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt und zur Begründung auf das bisherige Vorbringen zur Zulässigkeit des Rechtswegs zum Arbeitsgericht verwiesen.
Die Beklagte hält die erstinstanzliche Entscheidung für richtig und verteidigt sie nach Maßgabe ihres Schriftsatzes vom 26.01.2007, auf den Bezug genommen wird.
Entscheidungsgründe
II.
1.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.
2.
Die sofortige Beschwerde ist auch begründet. Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist eröffnet.
2.1
Nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 b ArbGG sind die Gerichte für Arbeitssachen zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern über das Bestehen oder das Nichtbestehen eines Arbeitsverhältnisses. Wer Arbeitnehmer im Sinne des ArbGG ist bestimmt § 5 ArbGG. Nach § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG gelten in Betrieben einer juristischen Person oder Personengesamtheit Personen nicht als Arbeitnehmer, die kraft Gesetzes, Satzung oder Gesellschaftsvertrag allein oder als Mitglieder des Vertretungsorgans zur Vertretung der juristischen Person oder der Personengesamtheit berufen sind. § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG betrifft das der Organstellung zu Grunde liegende Rechtsverhältnis. Dieses ist von der Organstellung zu unterscheiden. Die Bestellung und die Abberufung als Vertretungsorgan sind ausschließlich...