Entscheidungsstichwort (Thema)

Gemeinschaftsbetrieb. Gemeinsamer Betrieb von Personalservicegesellschaft und Entleihunternehmen

 

Leitsatz (amtlich)

Werden betriebsangehörige Arbeitnehmer durch Leiharbeitnehmer einer unternehmenseigenen Personalservicegesellschaft ersetzt, bleibt im Übrigen die Betriebsorganisation unverändert, kann ein gemeinsamer Betrieb von Entleiher und Personalservicegesellschaft bestehen.

 

Normenkette

BetrVG § 1 Abs. 2; AÜG § 14 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Emden (Beschluss vom 28.11.2007; Aktenzeichen 1 BV 11/07)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Emden vom 28.11.2007, 1 BV 11/07, abgeändert.

Es wird festgestellt, dass die Beteiligten zu 2 und 3 einen gemeinsamen Betrieb unterhalten.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Der Betriebsrat begehrt die Feststellung, dass die beteiligten Arbeitgeber einen gemeinsamen Betrieb unterhalten.

Beteiligte Arbeitgeber sind die W. GmbH (im Folgenden: W. GmbH) und die P. mbH (im Folgenden: P.). Alleinige Gesellschafterin der W. GmbH, die ca. 140 Mitarbeiter beschäftigt, ist die Stadt B.. In der W. GmbH sind zusammengefasst Stadtwerkeaufgaben, Touristik und der Betrieb des Erlebnis- und Freizeitbades G.. Im G. sind ca. 40 Mitarbeiter, zum Teil befristet beschäftigt. Antragssteller ist der bei der W. GmbH gewählte Betriebsrat.

Mit Gesellschaftsvertrag vom 23.05.2004 (Bl. 13 ff. d.A.) wurde die P. gegründet, alleinige Gesellschafterin ist die W. GmbH. Der Alleingeschäftsführer der W. GmbH ist auch Geschäftsführer der P.. Zwischen W. GmbH und P. besteht ein Gewinnabführungsvertrag (Bl. 169 ff. d.A.). In § 3 Nr. 1 des Gesellschaftsvertrages vom 23.05.2007 war als Gegenstand des Unternehmens der P. festgelegt:

Gegenstand des Unternehmens ist die Erbringung von Personaldienstleistungen einschließlich der Arbeitnehmerüberlassung an die W. GmbH.

Nach Änderung des Gesellschaftsvertrages vom 04.07.2007 lautet § 3 Nr. 1:

Gegenstand des Unternehmens ist die Erbringung von Personaldienstleistungen einschließlich der Arbeitnehmerüberlassung an private und öffentliche Unternehmen und Einrichtungen.

Seit dem 19.06.2007 verfügte die P. über die Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung. Die P. hat beginnend ab Sommer 2007 Leiharbeitnehmer eingestellt, darunter viele ursprünglich befristet bei der W. GmbH beschäftigten Mitarbeiter des G.. Im Anhörungstermin vom 20.01.2009 haben die Beteiligten angegeben, dass die P. 2008 während der Saison bis zu 55 Leiharbeitnehmer beschäftigt hat. Derzeit sei der Beschäftigungsstand saisonbedingt deutlich niedriger. Der Einsatz der Leiharbeitnehmer erfolgt im Schwerpunkt im G., Überlassung erfolgt aber auch in die Bereiche Touristik (z.B. Standanimation) und Stadtwerke. Eine Überlassung an Dritte ist bisher nicht erfolgt. Nach Darstellung des Geschäftsführers der Arbeitgeber finden z.Z. Gespräche mit auf der Insel ansässigen Kliniken statt zur Überlassung von Personal durch die P., z.B. Physiotherapeuten.

Die Buchhaltung der P. wird bearbeitet von der Buchhaltung der W. GmbH. Für Personalverwaltung und -entwicklung der W. GmbH & der P., vorher wahrgenommen durch die Stadt B., ist von der P. eine Personalsachbearbeiterin als Leiharbeitnehmerin eingestellt und an die W. GmbH ausgeliehen worden. Auch die Assistentin der Geschäftsführung ist von der P. eingestellt und an die W. GmbH überlassen. Entgeltabrechnung erfolgt durch die Stadt B..

Der Betrieb des G. ist defizitär. Die Einschaltung der P. soll die dort anfallenden Personalkosten senken.

Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, W. GmbH und P. seien als gemeinsamer Betrieb zweier Unternehmen zu bewerten. Die Leiharbeitnehmer würden vor allem im G. eingesetzt, das von beiden Gesellschaften gemeinsam betrieben werde. Auf Grund der Verpflichtung der Arbeitgeber auf Unternehmensebene und insbesondere durch die Identität der Geschäftsführung sei von einer einheitlichen Leitung auf Grund zumindest konkludenter Führungsvereinbarung auszugehen. Die Ausgliederung des Personals durch Einschaltung der P. sei im Übrigen unbeachtlich und begründet den Einwand des Rechtsformmissbrauchs.

Der Betriebsrat hat beantragt,

festzustellen, dass die Beteiligte zu 2 und die Beteiligte zu 3 einen gemeinsamen Betrieb im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes darstellen.

Die Arbeitgeber haben beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Sie haben die Auffassung vertreten, die P. sei an dem Betrieb der W. GmbH nicht beteiligt und beschränke sich allein auf die Überlassung von Personal. Damit liege kein Gemeinschaftsbetrieb vor. Die Verpflichtungen auf Unternehmensebene seien unbeachtlich.

Das Arbeitsgericht hat den Antrag des Betriebsrates zurückgewiesen. Auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses wird Bezug genommen.

Mit Beschwerde wiederholt der Betriebsrat seine Auffassung, dass ein gemeinsamer Betrieb der beteiligten Arbeitgeber vorliege, und verweist insbesondere darauf, dass in der Person des Geschäftsführers ein einheitlicher Leitungsapparat bestehe. Ergänze...

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