Verfahrensgang

ArbG Lüneburg (Beschluss vom 29.08.1996; Aktenzeichen 2 BV 12/96)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 12.08.1997; Aktenzeichen 1 ABR 18/97)

 

Tenor

Der Beschluß des Arbeitsgerichts Lüneburg vom 29.08.1996, Az. 2 BV 12/96 wird abgeändert.

Es wird festgestellt, daß dem Betriebsrat der Antragsgegnerin des Betriebes, der Beamtinnen und Beamte beschäftigt, bei deren Abordnung zu einer anderen Dienststelle mit einer Dauer von ein bis drei Monaten, die den Voraussetzungen des § 95 Abs. 3 BetrVG entspricht, ein Mitbestimmungsrecht nach §§ 99/100 BetrVG zusteht. Dieses gilt nicht, soweit die Verweigerung aufgrund der Vorschrift des § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG erfolgt und die Beamtin oder der Beamte der Abordnung zugestimmt hat.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Der Antragsteller ist der im Betrieb der Antragsgegnerin gebildete Betriebsrat. Die Beteiligten streiten über ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates nach § 99 BetrVG für den Fall, daß die Arbeitgeberin Beamte/Beamtinnen für nicht länger als drei Monate abordnet.

Die Arbeitgeberin beabsichtigte zunächst, 28 Arbeitskräfte, bestehend aus Arbeitern, Angestellten und Beamten, in der Zeit vom 22. bzw. 29. Januar bis 02.08.1996 von der Niederlassung … zur Niederlassung 6 … (neu 4) Berlin FeA zu versetzen bzw. abzuordnen. Insoweit wird auf die Mitteilung der Arbeitgeberin an den Betriebsrat vom 27.12.1995 verwiesen (Bl. 9–13 d.A.). Der Betriebsrat widersprach mit Schreiben vom 16.01.1996 (Bl. 14–18 d.A.).

Daraufhin hat die Arbeitgeberin mit Schreiben vom 22.01.1996, eingegangen beim Betriebsrat am 23.01.1996, nur noch Beamte für die Versetzung vom 29.01. – 26.04.1996 sowie für den Zeitraum vom 05.02. – 02.05.1996 vorgesehen.

Der Betriebsrat beschloß in seiner Sitzung vom 20.02.1996 daraufhin, das Beschlußverfahren einzuleiten mit dem Antrag festzustellen, daß die Arbeitgeberin durch die Versetzungen das Mitbestimmungsrecht gemäß § 99 BetrVG verletzt habe.

Die Maßnahme wurde anschließend durchgeführt gegen den Willen der betroffenen Beamtinnen und Beamten und zum vorgesehenen Zeitpunkt beendet.

Der Betriebsrat reklamiert sein Mitbestimmungsrecht mit der Begründung, daß die §§ 28/29 des Postpersonalrechtsgesetz (PostpersRG) keine abschließenden Regelungen darstellten, so daß auch außerhalb des § 76 Abs. 1 des Bundespersonalvertretungsgesetzes (BBersVG) personalrechtliche Angelegenheiten von Beamten geregelt würden. Vielmehr stelle § 24 PostpersRG für die nunmehr privatisierten Unternehmen der Deutschen Bundespost eine umfassende Anwendung des Betriebsverfassungsgesetzes auf die Beamtinnen und Beamten dar. § 24 PostpersRG regele, daß die bei den Aktiengesellschaften beschäftigten Beamten für die Anwendung des Betriebsverfassungsgesetzes als Arbeitnehmer gelten. Hiervon würden nur einzelne Ausnahmen gemäß §§ 28, 29 PostpersRG gemacht.

Eine Beschränkung im § 28 PostpersRG würde auch eine Einschränkung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates darstellen, da für den Fall, daß eine Abordnung bis zur Dauer von 3 Monaten erfolge, keine Zustimmung des Betriebsrates erforderlich sei, obwohl diese betriebsverfassungsrechtlich geboten sei.

Die Arbeitgeberin könne auf diese Weise die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates umgehen, wie sich gerade im vorliegenden Verfahren zeige.

Die Versetzung von Beamten und Beamtinnen weise auch keine beamtenspezifischen Merkmale aus, denn diese personellen Maßnahmen beträfen gleichermaßen auch Arbeiter und Angestellte, so daß der kollektive Bereich des Betriebes betroffen sei. Würde man die Sonderregelungen für Beamte anwenden, laufe das Mitbestimmungsrecht bei Abordnungen von einer Dauer bis zu drei Monaten ins Leere.

Im übrigen würde eine Einschränkung der Mitbestimmungsrechte gemäß den §§ 28, 29 PostpersRG eine Ungleichbehandlung bedeuten. Da alle Beschäftigten, also auch die Beamtinnen und Beamten, nunmehr in einer privatwirtschaftlichen Aktiengesellschaft tätig seien, könne eine Unterscheidung bei den kollektiven Schutzrechten nicht mehr erfolgen, da ein sachlicher Grund nicht gegeben sei. Die Beamtinnen und Beamten würden erheblich schlechter gestellt, ohne daß eine sachliche Rechtfertigung erkennbar sei.

Es sei lediglich geboten, Beamtinnen und Beamte anders zu behandeln, wo dieses aufgrund ihres statusrechtlichen Amtes geboten sei. Nur wo sie in ihren Beamtenrechten betroffen seien, müsse gewährleistet sein, daß ihre Rechte nach wie vor beamtenrechtsähnlich gewahrt seien.

Der Betriebsrat hat beantragt,

festzustellen, daß die Antragsgegnerin durch die Versetzung der beschäftigten Beamtinnen und Beamten

und der Beamtinnen und Beamten

die Zeit vom 05.02. bis 02.05.1996 das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates gemäß § 99 BetrVG verletzt hat.

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

Sie hält die §§ 28/29 PostpersRG für eine abschließende Regelung, die grundsätzliche Bestimmungen für Beamte treffe zur Wahrung ihrer Rechtsstellung. Der Gesetzgeber habe das Gruppenprinzip für Beamte wahren wollen und deshalb das Mitb...

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