Entscheidungsstichwort (Thema)
Gefahrenzulage für die Entschärfung einer Bombe mit Langzeitzünder. Unbegründete Zahlungsklage bei Sprengung von Seemunition
Leitsatz (amtlich)
1. Die Sprengung einer Bombe ist keine sonderprämienauslösende Entschärfung im Sinne des § 11 Abs. 1 des Tarifvertrages zur Regelung der Arbeitsbedingungen der im Kampfmittelbeseitigungsdienst beschäftigten Arbeitnehmer des Landes Niedersachsen vom 05.03.1991, zuletzt geändert durch den Änderungstarifvertrag Nr. 2 vom 13.12.1999, in der Fassung des des Euro-TV vom 30.10.2001 (TV-Mun-Nds).
2. Die Protokollnotiz zu § 11 Abs. 1 TV-Mun-Nds stellt Bomben mit Langzeitzündern entsprechende Seemunition nur hinsichtlich der Entschärfung, nicht auch hinsichtlich des ebenfalls sonderprämienauslösenden Transports gleich.
Normenkette
TV-Mun-Nds § 11 Abs. 1, 1 Sätze 1-2; BGB § 611 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Oldenburg (Oldenburg) (Entscheidung vom 09.07.2012; Aktenzeichen 4 Ca 89/12 Ö) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 09.07.2012 (4 Ca 89/12 Ö) wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger nimmt das beklagte Land auf Zahlung einer tariflichen Sonderprämie in Anspruch.
Der Kläger ist im Kampfmittelbeseitigungsdienst des beklagten Landes beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der Tarifvertrag zur Regelung der Arbeitsbedingungen der im Kampfmittelbeseitigungsdienst beschäftigten Arbeitnehmer des Landes Niedersachsen vom 05.03.1991, zuletzt geändert durch den Änderungstarifvertrag Nr. 2 vom 13.12.1999, in der Fassung des § 1 Abs. 1 des Euro-TV vom 30.10.2001 (im Folgenden kurz: TV-Mun-Nds), kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit Anwendung. § 11 Abs. 1 dieses Tarifvertrages lautet:
Für die Entschärfung einer Bombe mit Langzeitzünder einschließlich des etwa erforderlichen Transports der noch nicht entschärften Bombe wird eine Sonderprämie von 1.080,00 DM, ab 01.01.2002 567,53 €, als zusätzliche Gefahrenzulage gewährt. Die Sonderprämie erhält jeder Arbeitnehmer, der unmittelbar an der Entfernung des Langzeitzünders oder beim Transport mitarbeitet. Die Prämie wird jedoch je Bombe nur einmal gezahlt.
Zu § 11 Abs. 1 TV-Mun-Nds existiert eine Protokollnotiz mit folgendem Wortlaut:
Der Entschärfung einer Bombe mit Langzeitzünder steht die Entschärfung entsprechender Seemunition (z.B. Torpedos, Wasserbomben, Seeminen) gleich.
Im März und April 2011 sprengten der Kläger und weitere Mitarbeiter des Kampfmittelbeseitigungsdienstes des beklagten Landes auf einer Sandbank bei W-Stadt insgesamt 104, nach dem Auffinden unter Mitwirkung einer gewerblichen Firma zur Kampfmittelbeseitigung freigelegte und zu Gruppen an mehreren Sprengpunkten zusammengelegte Wasserbomben der alliierten Streitkräfte.
Nach erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung mit Schreiben vom 08.09.2011 (Anlage K 3 = Bl. 11 d.A.) verfolgt der Kläger mit der am 24.01.2012 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen Musterklage sein Zahlungsbegehren weiter.
Der Kläger hat geltend gemacht, Wasserbomben seien Bomben mit Langzeitzündern gleichzusetzen. Es gebe keine Wasserbomben ohne Langzeitzünder oder vergleichbare Zündsysteme.
Eine Sprengung sei eine Entschärfung im Tarifsinne.
Die Bomben seien auch transportiert worden. Alle Mitarbeiter des beklagten Landes hätten dazu beigetragen, dass die Wasserbomben von der Fundstelle zu den Sprengplätzen zusammengetragen worden seien.
Die Zulage sei aufgrund besonderer Gefahrenlage bei der Freilegung und dem Verlagern der Munition, dem Anbringen der Sprengladungen und dem Sprengen gerechtfertigt.
In anderen Fällen habe das beklagte Land bei der Sprengung einer oder weniger Bomben eine Prämie gezahlt, obwohl nicht festgestanden habe bzw. nicht im Einzelnen habe dokumentiert werden können, ob es sich um Bomben mit Langzeitzündern gehandelt habe. Er berufe sich insoweit auf den Grundsatz der Gleichbehandlung. Ihm stehe daher für jede der 104 transportierten und entschärften Wasserbomben die tarifliche Sonderprämie zu.
Der Kläger hat beantragt,
das beklagte Land zu verurteilen, an ihn 59.023,12 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.05.2011 zu zahlen.
Das beklagte Land hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es hat vorgetragen, aufgrund der massiven Häufung in einem kleinen Areal von ca. 200 m² sei es hochwahrscheinlich, dass die Bomben ohne Zünder mit kleineren Booten an den Fundort verbracht und dort lediglich verklappt worden seien. Dafür spreche auch das fehlende Leitwerk bei 96 der 104 Wasserbomben des Typs MK 11 GB, die üblicherweise von Flugzeugen abgeworfen worden seien.
Unter Aufsicht von Mitarbeitern des beklagten Landes habe die Firma K. über mehrere Tage während der Ebbe die Bomben unter Einsatz eines Raupenbaggers aus dem Schlick geborgen und zu den Sprengpunkten zusammengetragen.
Das Arbeitsgericht hat durch das dem Kläger am 24.07.2012 zugestel...