Entscheidungsstichwort (Thema)
Dienstordnungsangestellte. Anwendbarkeit des Beamtenrechts für Bundes- oder Landesbeamte
Leitsatz (amtlich)
Für die Frage, ob es sich bei einer Ortskrankenkasse um eine bundesunmittelbare Körperschaft handelt, die verpflichtet ist, alle Versorgungs- und sonstigen Leistungen (hier: für einen ehemaligen Dienstordnungsangestellten) nach Bundesrecht zu gewähren, kommt es auf den in der Satzung festgelegten Zuständigkeitsbereich an.
Bezieht sich dieser auf ein einziges Bundesland, gilt das jeweilige Landesrecht. Das gilt auch nach einer Fusion mit einer früheren Betriebs- und Innungkkasse, die für Regionen in mehreren Bundesländern zuständig war.
Normenkette
GG Art. 87 Abs. 2; 2. BesVNG Art. VIII § 1
Verfahrensgang
ArbG Hannover (Urteil vom 06.05.2011; Aktenzeichen 7 Ca 25/11 Ö) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 06.05.2011 – 7 Ca 25/10 Ö – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Höhe der an den Kläger ab April 2010 zu zahlenden Versorgungsbezüge sowie sonstiger geldwerten Leistungen.
Der Kläger war Angestellter einer KRANKENKASSE, die mit Wirkung zum 01.01.2004 mit der KRANKENKASSE Niedersachsen zur „neuen” KRANKENKASSE fusionierte, ebenfalls ein bundesunmittelbarer Sozialversicherungsträger.
Zwischenzeitlich bezieht der Kläger Versorgungsbezüge, die ihm zunächst nach den Vorschriften für Bundesbeamte gewährt worden.
Zum 01.04.2010 fusionierte die KRANKENKASSE Niedersachsen mit der ehemaligen C. Niedersachsen zur Beklagten. Die Beklagte ist nunmehr auch zuständig für die ehemaligen Mitglieder der KRANKENKASSE Niedersachsen, die sich neben der Region Niedersachsen auf die Regionen Sachsen-Anhalt, Thüringen, Hamburg, Bremen, Westfalen-Lippe, Bayern und Hessen verteilen. Der Anteil der ehemaligen Mitglieder der KRANKENKASSE Niedersachsen an der Gesamtmitgliederzahl der Beklagten beträgt ca. 10 %. In der Folgezeit teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass nunmehr in ihrer Dienstordnung die Anwendung des Landesrechts Niedersachsen geregelt sei. Er erhalte daher ab April 2010 Bezüge und Beihilfeleistungen nach niedersächsischem Landesrecht.
Der Kläger ist der Ansicht, die Qualifizierung der Beklagten als bundesunmittelbare Körperschaft sei gemäß Artikel 87 Abs. 2 GG obligatorisch. Wenn eine bundesunmittelbare Körperschaft mit einer landesunmittelbaren Körperschaft fusioniere, könne die neue Körperschaft nur bundesunmittelbar sein. Eine weitere Anwendung des Bundesrechts ergäbe sich auch aus Vertrauensschutzgesichtspunkten. Für ihn ergebe sich zudem die Besonderheit, dass es für ihn aufgrund seiner Vorerkrankungen nicht möglich sei, die aus der Anwendung des Niedersächsischen Beihilferechts folgenden Veränderungen durch eine private Versicherung aufzufangen.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger ab 01. April 2010 rechtsstandswahrend Besoldung, Versorgung, alle Geld- und geldwerten Leistungen sowie Beihilfe nach den für Bundesbeamte geltenden Regelungen zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Ansicht vertreten, mit der Fusion sei sie in die Rechte und Pflichten der bisherigen Krankenkassen eingetreten. Damit seien auch die bisherigen Dienstordnungen beider Träger außer Kraft getreten.
Durch Urteil vom 06.05.2011 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen und dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen. Das Urteil ist dem Kläger am 27.05.2011 zugestellt worden. Er hat hiergegen am 15.06.2011 Berufung eingelegt und diese am 21.07.2011 begründet.
Der Kläger ist der Ansicht, für die Anwendung von Artikel 87 Abs. 2 GG könne nicht der satzungsgemäße, sondern nur der tatsächliche Zuständigkeitsbereich maßgebend sein. Dieser erstrecke sich jedoch auf mehr als drei Bundesländer. Selbstverständlich müsse er – wie jeder andere Beamte – mit Änderungen bzw. Verschlechterungen des Beihilferechts rechnen und ggf. auch finanzielle Einbußen hinnehmen. Ihm würden jedoch nicht nur finanzielle Einbußen aufgebürdet, sondern es sei ihm grundsätzlich aufgrund seiner Vorerkrankungen verwehrt, die nicht von der Beihilfe gedeckten Aufwendungen durch Abschluss einer privaten Krankenversicherung abdecken zu lassen. Dies habe er bisher – wie von den Führungskräften der Krankenkasse erwartet – über die gesetzliche Krankenversicherung und nicht über eine private Versicherung getan. Das zwinge ihn nunmehr, erstmalig eine private Krankenversicherung abzuschließen, was in seinem Fall jedoch an der Risikoprüfung durch die Krankenversicherer scheitere.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 06.05.2011 – 7 Ca 25/11 Ö – abzuändern und festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist dem Kläger ab dem 01.04.2010 Versorgungsbezüge sowie Beihilfeleistungen nach den für Bundesbeamte geltenden Regelungen zu gewähren.
Die Beklagte ...