Entscheidungsstichwort (Thema)
Einsetzung einer Einigungsstelle
Leitsatz (amtlich)
Der Antrag auf Einsetzung einer Einigungsstelle ist zurückzuweisen, wenn eine Betriebsänderung i. S. v. § 111 Satz 1 BetrVG dargelegt wird, ohne die wesentlichen Nachteile für die betroffenen Arbeitnehmer zu verdeutlichen. Eine einvernehmliche Zurücksetzung einer verlängerten Wochenarbeitszeit bei Teilzeitkräften auf den vorherigen arbeitsvertraglichen Zustand ist offenkundig kein solcher wesentlicher Nachteil.
Normenkette
ArbGG § 98; BetrVG § 111 Sätze 1, 3, §§ 112a, 87 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Braunschweig (Beschluss vom 24.08.2006; Aktenzeichen 2 BV 99/06) |
Tenor
Die Beschwerde des Betriebsrats und Bet. zu 1) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 24. August 2006 – 2 BV 99/06 – wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten darum, ob eine Einigungsstelle zur Regelung eines Sozialplans im Hinblick auf eine größere Zahl einvernehmlich arbeitsvertraglich durchgeführter Arbeitszeitreduzierungen einzurichten ist.
Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 24. August 2006 die Anträge des antragstellenden Betriebsrats zurückgewiesen, da eine Einigungsstelle zum Regelungsgegenstand „Sozialplanregelung über den Ausgleich der wirtschaftlichen Nachteile für die Mitarbeiter infolge der arbeitgeberseits durchgeführten oder durchzuführenden Arbeitszeitreduzierungen” offensichtlich unzuständig sei. Die Stunden-reduzierungen stellten keine Betriebsänderungen im Sinne der §§ 111, 112, 112 a BetrVG dar und unterlägen deshalb nicht dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats. Es habe auch kein Personalabbau und keine Betriebseinschränkung stattgefunden. Die geringere Ausnutzung der Betriebsanlagen durch die reduzierte Arbeitszeit der Mitarbeiter genüge dem nicht. Selbst wenn man in den bloßen Stundenreduzierungen eine Betriebs-einschränkung erkennen wollte, müssten wesentliche Betriebsteile betroffen sein, was bei Stundenreduzierungen von 2061 auf 1929 Stunden (6, 5 % des Arbeitszeitvolumens der Arbeitnehmer) nicht angenommen werden könne. Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats aus § 87 BetrVG seinen über die Stundenreduzierungen nicht betroffen. Zu den weiteren Ausführungen des Arbeitsgerichts in seinem Beschluss und dem Vorbringen der Beteiligten im ersten Rechtszug wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
Gegen den ihm am 29. August 2006 zugestellten Beschluss hat der Betriebsrat am 11. September 2006 Beschwerde zum Landesarbeitsgericht eingelegt und diese zugleich begründet.
Der Betriebsrat rügt zunächst eine fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung durch das Arbeitsgericht, da diese nach dem Gesetz eine Beschwerde und die dazugehörige Begründung nur binnen zwei Wochen nach Zustellung des erstinstanzlichen Beschlusses zulasse. Das Arbeitsgericht habe darüber hinaus versäumt zu prüfen, ob nicht eine Betriebsänderung gegeben sei, die der Generalklausel des § 111 Satz 1 BetrVG unterfalle und deshalb nicht im Katalog des Satzes 3 Nr. 1 – 5 Erwähnung finde.
Wesentliche Nachteile für die Belegschaft könnten auch materieller Art sein wie z.B. ein geringerer Verdienst aufgrund einer Versetzung. Hierher gehöre auch, dass einzelne Beschäftigte nur noch in Teilzeit (oder in Teilzeit mit geringerem Stundendeputat) arbeiten könnten und so weniger verdienen würden. So habe das LAG Baden-Württemberg in einer Entscheidung vom 16. Juni 1987 – 8 (14) TaBV 21/86 – (LAGE § 111 BetrVG 1972 Nr. 6) ausgeführt, dass es sich um eine sozialplanpflichtige Betriebsänderung handele, wenn zur Reduzierung des Kostenfaktors Arbeit die Arbeitszeit eines erheblichen Teils der Belegschaft reduziert werde.
Hier seien auch erhebliche Teile der Belegschaft betroffen. So betreibe die Arbeitgeberin im Bezirk S. 17 Verkaufsfilialen in denen insgesamt 59 Mitarbeiter/innen beschäftigt werden. Von diesen 59 Mitarbeiterinnen seien lediglich 12 Mitarbeiterinnen in Vollzeitbeschäftigung tätig. Alle anderen seien teilzeitbeschäftigt. Die wöchentliche Arbeitszeit aller Mitarbeiterinnen würde demnach ab dem 01. Oktober 2006 von vorher 1038,5 Stunden auf 984 Stunden herabgesetzt. Die Teilzeitbeschäftigten seien dabei besonders betroffen, da sie anteilig mit 633,5 Wochenarbeitsstunden in Zukunft nur noch 534 Stunden zu erbringen hätten. Die Reduzierung der Arbeitszeit der Teilzeit-beschäftigten mache insoweit einen Grad von 15,7 % gegenüber der bisherigen Arbeitszeit aus. Für den Bezirk K. mit insgesamt 18 Verkaufsfilialen ergebe sich ein noch höheres Ungleichgewicht. Hier seien 60 Mitarbeiterinnen beschäftigt, von denen 12 Mitarbeiterinnen in Vollzeit arbeiteten. Von den bisher in diesem Bezirk wöchentlich gearbeiteten 1152 Stunden wären demnächst 143,5 Stunden weniger zu arbeiten. Die Teilzeitkräfte hätten dabei lediglich noch einen Anteil von 558,5 Stunden, sodass sich die Arbeitszeit der Teilzeitbeschäftigten insgesamt um 20,44 % reduziere. Es seien mithin erhebliche Teile der Belegschaft betroffen.
Der Betriebsrat und Beteiligte zu 1) stellt den Antrag,
den Beschluss des Arbei...