Rechtsmittel eingelegt unter dem Aktenzeichen: 2 AZR 801/09
Entscheidungsstichwort (Thema)
Benehmensherstellung mit dem Personalrat. Abkürzung der Stellungnahmefrist des Personalrats bei außerordentlicher Kündigung
Leitsatz (amtlich)
1. Kürzt die Dienststelle bei Benehmensherstellung zur außerordentlichen Kündigung die Stellungnahmefrist von einer Woche auf drei Tage ab, ohne dass ein dringender Fall vorliegt, ist die vor Ablauf der Wochenfrist ausgesprochene Kündigung unwirksam.
2. Diese Rechtsfolge tritt auch ein, wenn der Personalrat die Fristabkürzung nicht beanstandet hat.
3. Anwendungsfall einer Verdachtskündigung.
Normenkette
NPersVG § 75 Abs. 1 Nr. 3, § 76 Abs. 2; BGB § 626
Verfahrensgang
ArbG Oldenburg (Oldenburg) (Urteil vom 23.05.2008; Aktenzeichen 6 Ca 309/03) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 23.05.2008, 6 Ca 309/03, abgeändert.
Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung des Beklagten vom 23.05.2003 nicht aufgelöst worden ist.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt das beklagte Land.
Der Wert des Streitgegenstandes für das Berufungsverfahren wird auf 10.500,– EUR festgesetzt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger beantragt die Feststellung der Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung vom 23.05.2003. Die Kündigung wurde als Verdachtskündigung ausgesprochen, nachdem der Kläger am 16.05.2003 vom Amtsgericht – nicht rechtskräftig – wegen Unterschlagung von 29.000,– DM im Dezember 1996 verurteilt worden war.
Der Kläger war seit dem 00.00.1978 mit Vergütung nach Vergütungsgruppe I b BAT beim beklagten Land beschäftigt. Der Bundesangestelltentarifvertrag fand Kraft vertraglicher Vereinbarung auf das Arbeitsverhältnis Anwendung. Der Kläger war stellvertretender Leiter des H.zentrums der Universität und in dieser Funktion zuständig für Haushalt und Finanzen des Zentrums. Seit dem 01.02.2003 bestand ein Altersteilzeitverhältnis.
Zur Sicherung des Computersaals des H.zentrums wurden seit 1986 Codekarten an die Benutzer (Studierende) ausgegeben. Die Ausgabe der Codekarten ist im November 1998 eingestellt worden. Für die Aushändigung der Codekarten war eine Kaution von ursprünglich 10,– DM, sodann 20,– DM, zuletzt 30,– DM zu hinterlegen. Auf dem Antragsformular wurde die Einzahlung und bei Rückgabe der Codekarte die Auszahlung der Kaution vermerkt. Die Antragsformulare wurden abgeheftet. Für die Ein- und Ausgaben der Kautionsgelder bestand eine Handkasse, die in einem Tresor verwahrt wurde. Enthielt die Handkasse zu viel Geld, wurden größere Beträge der sogenannten Hauptkasse zugeführt, einem Schließfach innerhalb des Tresors, durch einen Zugangscode gesichert. Ein Kassenbuch über die Kautionsgelder wurde nicht geführt. Für den Zeitraum 21.06.1996 bis 24.07.2000 sind Aufzeichnungen geführt worden über die Einnahme und Ausgabe der Kautionsgelder und entsprechendem Saldo, in diesen Aufzeichnungen sind auch Zuführungen und Abflüsse an bzw. von der Hauptkasse aufgeführt. Die Aufzeichnungen schließen mit „Ende der Barauszahlungen am 24.07.2000”. Gesonderte Aufzeichnungen über die Hauptkasse, Bestandsfeststellungen zu Haupt- und Handkasse sowie Abgleich von Soll und Ist sind nicht vorgenommen worden. Lediglich bei Einstellung der Codekartenausgabe im November 1998 haben zwei Angestellte des R.zentrums einen Bestand der Hauptkasse von 28.430,– DM festgestellt und auf einer handschriftlichen Übersicht festgehalten.
Ab November 1998 erfolgte die Rückgabe der im Umlauf befindlichen Codekarten, der in Handkasse und Hauptkasse vorhandene Bargeldbestand war Mitte 2000 aufgebraucht, nach Kassenbuch am 24.07.2000. Nach Angaben der Universität im Strafverfahren sind seit Juni 2000 bargeldlos zurückgezahlt Kautionen in der Gesamtsumme von 3.576,31 EUR, die letzten Zahlungen erfolgten im Jahre 2005.
Im Juni 2000 entstand der Verdacht, dass die Codekartenkasse einen beträchtlichen Fehlbestand aufweise, unter dem 26.06.2000 stellte die Universität Strafantrag. Im Zuge der hausinternen Ermittlungen erstellte der Kläger unter dem 14.07.2000 ein Gedächtnisprotokoll, in dem er zusammengefasst u.a. darlegt:
1996 sei wegen des anwachsenden Bargeldbestandes die Möglichkeit erörtert worden, das Geld einzuzahlen und z.B. im Bereich H. zu „parken”. Er habe das mit dem Leiter der Datenverarbeitung, dem Zeugen M., besprochen. Noch 1996 habe er zusammen mit dem Angestellten K. das Geld in der Codekartenhauptkasse gezählt, 29.000,– DM seien entnommen worden, es verblieben 5.000,– DM. Der Zeuge K. habe den Vorgang handschriftlich vermerkt, er, der Kläger, habe gegengezeichnet. Das entnommene Bargeld sei von der Angestellten R. an den Angestellten M. zwecks Einzahlung und weiterer Veranlassung gegen Quittung weitergegeben worden. Von dem entnommenen Geld seien 14.000,– DM im Etat des H. geparkt worden, 15.000,– DM seien einer Finanzstelle des H.zentrums gutgeschrieben worden.
Die Zeugen R. und M. haben sowohl bei den Ermittlungen innerhalb der Unive...