Entscheidungsstichwort (Thema)
Befristung. Dozent. Forschung. Lehre. Lehrkraft. Universität. Wissenschaftliches Personal. Befristung des Arbeitsvertrages einer Universitätslehrkraft für besondere Aufgaben nach dem WissZeitVG. Unwirksam befristeter Arbeitsvertrag einer Lehrkraft für besondere Aufgaben an Landesuniversität bei fehlender wissenschaftlicher Betätigung
Leitsatz (amtlich)
1. Voraussetzung für die Befristung nach dem Wissenschaftszeitvertragsgesetz ist, dass der Arbeitnehmer dem wissenschaftlichen und künstlerischen Personal mit Ausnahme der Hochschullehrer an Einrichtungen des Bildungswesens zuzuordnen ist, die nach Landesrecht staatliche Hochschulen sind. Dieser Begriff ist eigenständig und abschließend. Es kommt nicht auf Begriffsbezeichnungen oder Zuordnungsdefinitionen nach den landeshochschulrechtlichen Regelungen an.
2. Der Begriff bestimmt sich inhaltlich-aufgabenbezogen. Es kommt also nicht auf die formelle Bezeichnung des Arbeitnehmers an, sondern auf den wissenschaftlichen Zuschnitt der von ihm auszuführenden Tätigkeit. Bei Mischtätigkeiten ist erforderlich, dass die wissenschaftlichen Dienstleistungen zeitlich überwiegen oder zumindest das Arbeitsverhältnis prägen. Wissenschaftliche Tätigkeit ist alles, was nach Inhalt und Form als ernsthafter planmäßiger Versuch zur Ermittlung der Wahrheit anzusehen ist.
3. Eine Lehrtätigkeit ist nur dann wissenschaftliche Betätigung, wenn dem Lehrenden die Möglichkeit zur eigenständigen Forschung und Reflexion verbleibt; die wissenschaftliche Lehrtätigkeit ist insofern von einer unterrichtenden Lehrtätigkeit ohne Wissenschaftsbezug abzugrenzen.
Normenkette
NHG § 32; TzBfG § 17; WissZeitVG § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1, § 1 Abs. 1 S. 1, § 2 Abs. 1 S. 2; TzBfG § 14 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Hannover (Entscheidung vom 31.05.2012; Aktenzeichen 6 Ca 30/12 Ö) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 31. Mai 2012 - 6 Ca 30/12 Ö - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis durch Befristung mit Ablauf des 30. September 2012 geendet hat, und um Weiterbeschäftigung.
Der Kläger wurde im Jahre 1993 zum Doktor der Philosophie promoviert. Seit 2007 steht er in einem Arbeitsverhältnis zum beklagten Land bei der X-Universität. Die streitgegenständliche Befristung beruht auf dem Arbeitsvertrag vom 7. Juli 2011 (Bl. 7 d. A.), dessen § 1 auszugsweise lautet: "Für die Befristung des Arbeitsverhältnisses gelten die Vorschriften des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes". Nach der Tätigkeitsdarstellung und -bewertung vom 8. Juni 2007, wegen deren genauen Inhaltes auf Bl. 8 bis 10 der Akte verwiesen wird, hat der Kläger, der als Lehrkraft für besondere Aufgaben eingestellt ist, folgende Tätigkeiten auszuüben: 12 Semesterwochenstunden Lehre einschließlich der Abnahme von Studien- und Prüfungsleistungen im Rahmen der Studienordnungen der neuen Studiengänge sowie der noch zu beendenden Magister- und Lehramtsstudiengänge mit einem Anteil an der gesamten Arbeitszeit von 75 v. H.; Vertretung in den Gremien der akademischen Selbstverwaltung mit 20 v. H.; Betreuung der Studierenden der neuen Studiengänge sowie der noch zu beendenden Magister- und Lehramtsstudiengänge, Sprechstunde für Studierende mit 5 v. H. Bezüglich des Inhaltes der Lehrtätigkeit wird auf Anlage 1 zum Schriftsatz vom 21. Februar 2012 (Bl. 50 bis 82 d. A.) verwiesen.
Der Kläger hat vorgetragen: Eine Befristung nach dem Wissenschaftszeitvertragsgesetz sei vorliegend nicht eröffnet, denn er gehöre nicht zum wissenschaftlichen Personal im Sinne von § 1 Abs. 1 WissZeitVG. Er sei nicht mit Forschungs-, sondern nur mit Lehraufgaben sowie mit der Abnahme von Prüfungsleistungen und der Arbeit in der akademischen Selbstverwaltung betraut. All dies stelle keine wissenschaftliche Tätigkeit dar. Dies ergebe sich auch aus § 32 NHG, wonach Lehrkräfte für besondere Aufgaben ausschließlich oder überwiegend in der Lehre tätig und überdies weisungsgebunden seien. Lehrtätigkeit stelle aber nur dann eine wissenschaftliche Betätigung dar, wenn Raum zur eigenständigen Forschung und Reflexion verbleibe. Dies sei hier nicht der Fall. Für seine Tätigkeit habe er nur Standard- oder Einführungsliteratur zu verwenden. Die Mitarbeit in der akademischen Selbstverwaltung sei lediglich organisatorischer Natur.
Der Kläger hat beantragt,
1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der Befristung vom 7. Juli 2011 mit Ablauf des 30. September 2012 endet,
2. das beklagte Land zu verurteilen, ihn im Institut für Theologie und Religionswissenschaft, Abteilung Religionswissenschaft der mit zwölf Semesterwochenstunden Lehre einschließlich der Abnahme von Studien- und Prüfungsleistungen im Rahmen der Studienordnung der neuen Studiengänge sowie der noch zu beendenden Magister- und Lehramtsstudiengäng...