Entscheidungsstichwort (Thema)
Fernschreiber an Kryptogeräten
Leitsatz (amtlich)
Versenden und empfangen Fernschreiberinnen (VG VII FG 1) bei der Bundeswehr kryptische Fernschreiben mit mindestens zwei nicht interoperablen Kryptogeräten, in die sie auch die Kryptodatenträger eingeben, einlesen, so arbeiten sie mit mehreren Kryptoverfahren im Schlüsselbereich und sind in VG VI b FG 1 des Teils III, Abschnitt L, Unterabschnitt VI BAT eingruppiert.
Parallelverfahren: 17 Sa 281/05 E; 17 Sa 282/05 E
Normenkette
BAT/Angestellte im Fernmeldebetriebsdienst der Bundeswehr
Verfahrensgang
ArbG Wilhelmshaven (Urteil vom 17.12.2005; Aktenzeichen 1 Ca 714/03 E) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wilhelmshaven vom 17.12.2004 abgeändert.
1.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin ab dem 01.09.1999 Vergütung nach der VG VI b BAT zu zahlen.
2.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die tarifgerechte Eingruppierung der Klägerin.
Die 1957 geborene Klägerin ist seit dem 17.9.1984 bei der Bundeswehr in W. im Fernschreibdienst beschäftigt. Arbeitsvertraglich haben die Parteien die Anwendung des Bundesangestelltentarifvertrages (BAT) und die diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in der für den Arbeitgeber geltenden Fassung in Bezug genommen.
Die Klägerin war anfangs in die Vergütungsgruppe IX b Fallgruppe 1 der Anlage 1 a Teil III L VII zum BAT eingruppiert (Angestellte im Ferndchreibdienst während der Ausbildungszeit). Am 23.11.1984 legte sie erfolgreich eine dem Befähigungsnachweis T/Fe der Deutschen Bundespost vergleichbare Prüfung (Protokollnotiz Nr. 4) ab. Damit war ihre Ausbildungszeit beendet und die Klägerin wurde – da sie mit 257 Anschlägen die für die Leistungsstufe 4 der ZDv 59/15 notwendige Mindestanschlagszahl von 230 Anschlägen pro Minute erreicht hatte – mit Wirkung vom 1.11.1984 in Vergütungsgruppe VII Fallgruppe 1 a) eingruppiert (Schreiben der Beklagten vom 30.1.1985 Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 13.5.04, Bl.33 d. A.). Unter dem 23.02.2000 wurde für die Klägerin eine Tätigkeitsdarstellung erstellt, wegen deren genauen Inhalts auf die Anlage zum Schriftsatz der Klägerin vom 15.01.2004 (Bl. 8 bis 11 d.A.). Danach nimmt sie zu mindestens 90 Prozent Anteil der Gesamttätigkeit die Funktionstätigkeit als Fernschreiberin der Leistungsstufe 4 wahr.
Die Klägerin, die über Englischkenntnisse verfügt, arbeitete seit Juni 1997 an vier dem Fernschreibdienst dienenden Geräten mit Verschlüsselungssystemen: Elcrotel 4 B, einem Fernschreibgerät, für das sie täglich einen Lochstreifen vom Kryptobeauftragten in Empfang nimmt, in das Gerät einlegt, und einen Testlauf veranlasst; Elcrotel 5, einem Fernschreibgerät bei dem der Schlüssel monatlich mit einer sog. Schlüsselpistole vom Kryptobeauftragten in das Gerät eingelesen und von der Klägerin täglich durch eine bestimmte Tastenkombination gelöscht/aktiviert wird; Elcrobit 96 B, einem Fernkopierer mit täglicher Verschlüsselung per Lochstreifen, der seit 1988 in Einsatz ist sowie einem Tare-Fernschreibgerät Bid 950, das allerdings nur bis Juni 2000 in Einsatz war und täglich mechanisch mittels eines Lochstreifens verschlüsselt wurde. Wegen der Einzelheiten der der Klägerin in Zusammenhang mit den Schlüsselwechseln obliegenden Tätigkeiten wird auf die übereinstimmenden Erklärungen der Parteien zu Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem LAG vom 5.9.2005 verwiesen. Bei den Geräten, mit denen die Klägerin arbeitet, handelt es sich um Kryptogeräte der zweiten bzw. dritten Generation. Alle Geräte arbeiten im Oneline-Verfahren vollautomatisch, d.h. der Kryptiervorgang erfordert keine besonderen Schritte. Sie sind 24 Stunden betriebsbereit und nicht interoperabel. Die Klägerin schreibt in der Regel englische oder deutschsprachige Texte im Klartext vom Blatt ab. Dabei wird ein Lochstreifen im Klartext erstellt und gegebenenfalls verbessert. Die Geräte der zweiten Generation wurden ab ca. 1980 eingesetzt. Die zuvor Anfang der 70er Jahre eingesetzten Kryptogeräte der ersten Generation arbeiteten halbautomatisch nach mechanischen und elektrischen Kryptoverfahren. Der Kryptotext wurde von einer Fernschreibmaschine elektrisch aufbereitet und zur Kryptierung an das Kryptogerät übergeben. In den Geräten wurde der Klartext in Kryptotext durch elektrische (integrierte) Kryptobaustufen und mechanische Baugruppen (Getriebe, Rechenwerke) umgewandelt. Die Eingabe der jeweiligen Kryptovariablen (Schlüssel) erforderte umfassende Kenntnisse des Gerätes und des jeweilig verwendeten Kryptoverfahrens. Teilweise wurde der Schlüssel nach sich ständig ändernden Kryptoanweisungen in mechanische Einstellungen an den Rechenwerken umgesetzt. In Geräte mit elektrischen Kryptoverfahren wurden auch Lochstreifen eingelesen. Im Fernschreibbetrieb wurden die Kryptogeräte richtungsabhä...