Entscheidungsstichwort (Thema)

Anhörung des Betriebsrats bei Restmandat

 

Leitsatz (amtlich)

Entscheidung zum Restmandat des BR bei Betriebsstillegung.

 

Leitsatz (redaktionell)

Auch der im Rahmen eines Restmandates bestehende Betriebsrat ist vor Ausspruch von Kündigungen zu hören.

 

Normenkette

BetrVG §§ 21b, 102 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Stade (Urteil vom 04.01.2006; Aktenzeichen 1 Ca 7/05)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten zu 1) gegen das Schluss-Urteil des Arbeitsgerichts Stade vom 04.01.2006 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Rechtwirksamkeit einer fristgemäßen Kündigung des Beklagten vom 25.04.2005.

Der 1946 geborene Kläger war seit dem 01.09.1973 bei der D…, die später von der S…-GmbH übernommen wurde, als Techniker zu einem monatlichen Bruttoentgelt von zuletzt 3.727,00 EUR beschäftigt. Am 01.08.2004 wurde über das Vermögen der S…-GmbH vom Amtsgericht Cuxhaven das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zu 1) zum Insolvenzverwalter bestellt. Am 28.10.2004 beschloss die Gläubigerversammlung eine Betriebsschließung zum 31.12.2004, falls eine Sanierung vorher nicht gelingen sollte. Eine Sanierung scheiterte. Am 30.11.2004 zeigte der Beklagte zu 1) gegenüber dem Insolvenzgericht Masseunzulänglichkeit an, beschloss die Betriebsstillegung und stellte fast alle Arbeitnehmer, u.a. den Kläger, von der Arbeit frei. Es wurden lediglich noch 6 Mitarbeiter für die Abwicklung eines Restauftrages beschäftigt sowie eine Bürokraft und ein Elektriker. Am 16.12.2004 kündigte der Beklagte zu 1) alle Arbeitsverhältnisse zum 31.03.2005, auch das des Klägers. Gegen diese Kündigung wandte sich der Kläger mit seiner am 05.01.2005 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage. Mit Teil-Urteil vom 12.09.2005 stellte das Arbeitsgericht fest, dass die Kündigung des Beklagten zu 1) vom 16.12.2004 unwirksam ist und das Arbeitsverhältnis nicht zum 31.03.2005 geendet hat. Dieses Teil-Urteil ist rechtskräftig geworden. Während des Laufs des Kündigungsschutzverfahrens sprach der Beklagte zu 1) erneut unter dem 25.04.2005 die zweitinstanzlich noch streitbefangene Kündigung zum 31.07.2005 gegenüber dem Kläger aus. Vor Ausspruch dieser Kündigung fand keine Betriebsratsanhörung statt. Unter dem 26.01.2006, dem Kläger zugegangen am 28.01.2006, sprach der Beklagte zu 1) – nach vorheriger Beteiligung des Betriebsrats – eine weitere Kündigung zum 30.04.2006 aus. Diese letzte Kündigung hat der Kläger nicht angegriffen.

Wegen des streitigen Vorbringens der Parteien im ersten Rechtszug sowie der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf die Wiedergabe im Tatbestand des angefochtenen Schlussurteils des Arbeitsgerichts Stade vom 04.01.2006 Bezug genommen.

Mit diesem Urteil hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass die Kündigung des Beklagten zu 1) vom 25.04.2005 unwirksam ist und das Arbeitsverhältnis nicht zum 31.07.2005 beendet hat, die Kosten des Rechtsstreits dem Kläger zu 15/37 und dem Beklagten zu 1) zu 22/37 auferlegt und den Urteilsstreitwert auf 11.181,00 EUR festgesetzt. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, die Kündigung sei wegen fehlender Betriebsratsanhörung gemäß § 102 Abs. 1 BetrVG unwirksam. Wegen der rechtlichen Erwägungen im Einzelnen, die das Arbeitsgericht zu seiner Entscheidung haben gelangen lassen, wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 168 d. A.) Bezug genommen.

Gegen dieses ihm am 04.01.2006 zugestellte Schlussurteil hat der Beklagte zu 1) mit einem am 19.01.2006 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt, die er zugleich begründet hat. Die Kammer nimmt auf den Inhalt dieses Schriftsatzes Bezug.

Der Beklagte zu 1) rügt an dem angegriffenen Urteil insbesondere, das Arbeitsgericht habe bei der Annahme eines noch bestehenden Restmandats des bei der Insolvenzschuldnerin gebildeten Betriebsrats den Besonderheiten des zur Beurteilung anstehenden Falls nicht hinreichend Rechnung getragen. Im Streitfall habe es keinen betrieblichen Regelungsbedarf mehr für ein Restmandat gegeben. Zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung mit Schreiben vom 25.04.2005 sei nicht nur der Betrieb der Insolvenzschuldnerin vollständig eingestellt, sondern auch die Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiter mit Ausnahme des Klägers und der Mitarbeiterin H… beendet gewesen. Kündigungsschutz für den Kläger habe nicht mehr bestanden. Eine Betriebsratsanhörung sei in dieser Situation eine Förmelei.

Der Beklagte zu 1) beantragt daher,

das Schluss-Urteil des Arbeitsgerichts Stade vom 04.01.2006 abzuändern und die Kündigungsschutzklage des Klägers abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil nach Maßgabe seiner Berufungserwiderungsschrift vom 27.02.2006. Die Kammer nimmt auf den Inhalt dieses Schriftsatzes Bezug.

 

Entscheidungsgründe

I.

Die Berufung ist statthaft, sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt worden und somit insgesamt zulässig (§§ 64, 66 ArbGG, §§ 519, 520 Abs. 3 ZPO).

II.

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