Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadensersatz bei rechtswidrigem Symphatiestreik
Leitsatz (amtlich)
Ein Sympathiestreik ist regelmäßig rechtswidrig und nur ausnahmsweise unter sehr engen Voraussetzungen zulässig.
Normenkette
GG Art. 9 Abs. 3; BGB § 823 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Oldenburg (Oldenburg) (Urteil vom 20.10.2004; Aktenzeichen 3 Ca 276/04) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Oldenburg, Az.: 3 Ca 276/04, vom 20.10.2004 wird zurückgewiesen.
Von den Kosten der Berufung hat die Klägerin 2/7 und die Beklagte 5/7 zu tragen.
Von den Kosten der ersten Instanz trägt die Klägerin 11/16 und die Beklagte 5/16.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Schadenersatz in Anspruch, weil sie die in ihrem Betrieb organisierten Arbeitnehmer zu einem Solidaritätsstreik aufgerufen hat.
Die Klägerin ist ein Unternehmen der Druckindustrie mit ca. 190 Mitarbeitern und Mitglied im Arbeitgeberverband der Druckindustrie Niedersachsen e. V. Auf die Arbeitsverhältnisse ihrer Mitarbeiter wendet sie die mit der Beklagten abgeschlossenen Tarifverträge an.
Als 100%ige Tochter der Holdinggesellschaft „N.-M. GmbH & Co. KG” gehört sie der Unternehmensgruppe „N.-Z.” an. Diese verlegt räumlich ca. 5 km entfernt in der „N.-Z. Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG” die Tageszeitung „N.-Z.”, welche ausschließlich von der Klägerin gedruckt wird. Diese erwirtschaftete Anfang 2004 ca. 60 % ihres Umsatzes mit dem Druck der N.-Z.. Darüber hinaus führte sie auch Druckaufträge anderer Zeitungsunternehmen aus.
Ursprünglich bildeten die Klägerin und die N.-Z.-Verlagsgesellschaft eine betriebliche Einheit. 1982 kam es zur Ausgliederung der Klägerin und rechtlichen Verselbständigung. Seit diesem Zeitpunkt führt sie einen eigenständigen Betrieb im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes. Sowohl bei der Klägerin als auch bei der N.-Z.-Verlagsgesellschaft sind jeweils Betriebsräte gewählt worden.
Der Geschäftsführer S. der Klägerin ist gleichzeitig auch der Geschäftsführer der N.-Z-Verlagsgesellschaft.
Die Arbeitnehmer beider Unternehmen geben gemeinsam eine Betriebszeitschrift heraus und nehmen an gemeinschaftlich durchgeführten Betriebsfeiern teil.
Sowohl der Jahresabschluss der Klägerin als auch der Jahresabschluss der N.-Z.-Verlagsgesellschaft werden in den Konzernabschluss der N.-M. GmbH & Co. KG einbezogen.
Zur Unternehmensgruppe gehören weiter die „N.-Z. ZustellungsGmbH & Co. KG”, die für die Verteilung der gedruckten Zeitungen zuständig ist, und die „N.-Z. Servicegesellschaft mbH & Co. KG”, bei der Querschnittsund allgemeine Verwaltungsaufgaben aller Gruppengesellschaften zusammengefasst sind.
Die Beklagte führte bei den Tageszeitungen einen Arbeitskampf. Erreicht werden sollte der Abschluss eines neuen Tarifvertrages für Redakteure der Tageszeitungen. Vom 12.01. bis zum 25.02.2004 wurde die N.-Z.-Verlagsgesellschaft bestreikt, es legten ca. 40 Redakteure die Arbeit nieder. Die Beklagte rief am 06.02.2004 die Mitarbeiter der Klägerin zu einem befristeten Solidaritätsstreik auf. Zu diesem Zeitpunkt waren sämtliche bei ihr geltenden Tarifverträge ungekündigt. Ca. 20 Arbeitnehmer folgten diesem Appell und legten um 22.30 Uhr die Arbeit nieder. Hierdurch verzögerte sich die termingerechte Übergabe bereits fertiggestellter Zeitungen. Der Klägerin entstand ein Schaden in Höhe von 2.500,00 EUR.
Ursprünglich hat die Klägerin mit ihrer Klage einen Schaden in Höhe von insgesamt 7.975,47 EUR geltend gemacht. Sie hat die Auffassung vertreten, der Aufruf zum Solidaritätsstreik sei rechtswidrig erfolgt. Es sei grundsätzlich unzulässig, an der Tarifauseinandersetzung nicht beteiligte Dritte in Arbeitskampfmaßnahmen einzubeziehen. Die nach der Rechtsprechung eng umgrenzten Ausnahmetatbestände hätten nicht vorgelegen.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 7.975,47 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 % über dem Basiszinssatz seit dem 08.04.2004 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat den Sympathiestreik als rechtmäßig verteidigt. Denn die Klägerin und die Verlagsgesellschaft hätten eine wirtschaftliche Einheit gebildet. Das Zeitungsverlagswesen sei gekennzeichnet durch ein Zusammenwirken verschiedenster Berufsgruppen, deren Arbeitsbedingungen in ganz unterschiedlichen Tarifverträgen geregelt seien. Daran ändere sich durch die rechtliche Verselbständigung früherer Betriebsteile nichts. Hinzu käme die firmenrechtliche Verknüpfung im Wege der Holdingstruktur. Eine enge wirtschaftliche Verflechtung sei gegeben. Hierzu hat sie behauptet, es habe auch ein Personalaustausch stattgefunden.
Mit Urteil vom 20.10.2004 hat das Arbeitsgericht Oldenburg der Klage teilweise in Höhe von 3.465,32 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.04.2004 stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits hat es zu 2/5 der Klägerin und zu 3/5 der Beklagten auferlegt. Zur B...