Entscheidungsstichwort (Thema)
keine Nachgewährung von Erholungsurlaub für Zeiten eines Einsatzes für das Technische Hilfswerk (THW)
Leitsatz (amtlich)
Wird ein Arbeitnehmer, der sich als Helfer für das Technische Hilfswerk verpflichtet hat, während seines Erholungsurlaubs zu einem Einsatz herangezogen (hier im Zusammenhang mit Elbehochwasser), so hat er keinen Anspruch auf Nachgewährung des Urlaubs.
Normenkette
BGB §§ 275, 280 Abs. 1, § 286 Abs. 1, § 287 S. 2, §§ 249, 300 Abs. 3, § 362 Abs. 1; BUrlG § 7 I; THW-HelfRG § 3 Abs. 1, § 7 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Stade (Urteil vom 08.07.2003; Aktenzeichen 2 Ca 275/03) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stade vom 08.07.2003 – 2 Ca 275/03 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Nachgewährung von Erholungsurlaub, den der Kläger wegen eines Einsatzes für das TECHNISCHE HILFSWERK(THW) nicht nehmen konnte.
Der Kläger ist seit dem 15.07.1998 bei dem Beklagten zu einer monatlichen Bruttovergütung in Höhe von 2.109,53 EUR beschäftigt. Er ist ehrenamtlich als Helfer beim TECHNISCHEN HILFSWERK tätig.
Vom 19.08. bis 06.09.2002 war dem Kläger Erholungsurlaub gewährt worden. Am Dienstag, dem 20.08.2002, hatte der Kläger von 13.00 Uhr bis 23.00 Uhr einen Einsatz beim THW, ebenso in der Zeit vom 21.08.2002, 17.00 Uhr bis Sonntag, dem 25.08.2002, 19.00 Uhr. Beide Einsätze standen im Zusammenhang mit dem Elbe-Hochwasser.
Mit Schreiben vom 31.10.2002 beantragte der Kläger bei dem Beklagten die Nachgewährung von Erholungsurlaub für den Einsatzzeitraum beim THW. Mit Schreiben vom 11.02.2003 lehnte der Beklagte dies ab.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Beklagte sei verpflichtet, ihm den Urlaub nachzugewähren, welchen er nicht habe nehmen können, weil er während des Urlaubs für das THW im Einsatz gewesen sei. Zwar sei der Urlaubsanspruch aus dem Jahr 2002 mit Ablauf des 31.03.2003 erloschen. Dafür habe jedoch der Beklagte einzustehen, so dass ein entsprechender Ersatzurlaubsanspruch von vier Tagen an die Stelle des ursprünglichen Urlaubsanspruchs getreten sei.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, dass ihm noch vier Tage Resturlaub aus dem Jahr 2002 zustehen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen,
und dazu den Standpunkt eingenommen, der Urlaubsanspruch sei durch Erfüllung erloschen. Der Beklagte habe Urlaub gewährt. Zwar sei der Kläger nach § 3 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Helfer der Bundesanstalt TECHNISCHES HILFSWERK (THW-HelfRG) nicht verpflichtet, für den Zeitraum des Einsatzes seine Arbeitsleistung zu erbringen; er müsse diese weder nachholen noch Urlaub nehmen. Habe der Arbeitgeber aber bereits Urlaub gewährt und werde der Arbeitnehmer während seines Urlaubs zum Einsatz herangezogen, sei der Erholungswert zwar beeinträchtigt, es bestehe aber keine Pflicht, den Urlaub nachzugewähren. Sofern nicht tarifliche oder gesetzliche Bestimmungen vorhanden seien (z. B. §§ 9, 10 BUrlG) oder die Parteien eine einzelvertragliche Vereinbarung getroffen hätten, lägen Urlaubsstörungen im Risikobereich des Arbeitnehmers. § 1 Abs. 1 THW-HelfRG sei keine Ausnahmevorschrift, die einen Anspruch auf Nachgewährung von Urlaub begründe.
Das Arbeitsgericht hat sich dieser Argumentation angeschlossen und die Klage durch Urteil vom 08.07.2003, auf dessen vollständigen Inhalt Bezug genommen wird, mit folgender Begründung abgewiesen: Die vom Kläger geltend gemachten Resturlaubsansprüche für die Zeit vom 21. bis 24.08.2002 seien ersatzlos untergegangen. Mit der Festlegung des Urlaubszeitraums nach § 7 Abs. 1 BUrlG habe der Beklagte als Schuldner des Freistellungsanspruchs das zu seiner Leistung Erforderliche getan. Werde die Freistellung nachträglich unmöglich, ohne dass der Arbeitgeber die Unmöglichkeit zu vertreten habe, so werde er nach § 275 Abs. 1 BGB von der Freistellungsverpflichtung frei. Der Beklagte sei auch nicht verpflichtet, den unmöglich gewordenen Urlaub erneut festzusetzen. Grundsätzlich fielen alle urlaubsstörenden Ereignisse als Teil des persönlichen Lebensschicksals in den Risikobereich des einzelnen Arbeitnehmers. Das THW-HelfRG sei keine urlaubsrechtliche Norm wie z. B. § 9 BUrlG, die zur Nachgewährung von Urlaub verpflichte. Das THW-HelfRG treffe keine ausdrückliche Regelung zu der Frage, was bei der Heranziehung von Mitarbeitern des THW während ihres Urlaubs geschehen solle. § 3 Abs. 1 Satz 2 des THW-HelfRG regele lediglich die Freistellung von der Arbeitsleistung für die Teilnahme an Einsätzen während der Arbeitszeit. Die Heranziehung zu einem Einsatz während des Urlaubs falle aber nicht in die Arbeitszeit, da der Arbeitnehmer zu diesem Zeitpunkt von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt sei. Auch soweit § 3 Abs. 1 Satz 1 THW-HelfRG regele, dass den Arbeitnehmern aus den Diensten für das TECHNISCHE HILFSWERK keine Nachteile im Arbeitsverhältnis erwachsen dürften...