Entscheidungsstichwort (Thema)

Außerplanmäßige Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze. Auslegung einer Versorgungsordnung. billiges Ermessen

 

Leitsatz (amtlich)

Bei einer Versorgungszusage, der eine sog. gespaltene Rentenformel zugrunde liegt, führt die außerplanmäßige Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung zum 01.01.2003 nicht notwendig dazu, dass der zugrunde liegende Regelungsplan der Parteien nicht mehr verwirklicht werden kann (BAG vom 21. April 2009 – 3 AZR 695/08).

Steht fest, dass die Einbuße sich auf ein Volumen von weniger als 5 % der zugesagten Leistung beschränken wird, ist die Entscheidung des Arbeitgebers, bei Anpassung der Grenzwerte die außerordentliche Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze gestaffelt über einen Zeitraum von 5 Jahren verteilt zu berücksichtigen, wirksam.

Dem Käger ist eine Altersversorgung nach einer „Pensionsordnung für obere Führungskräfte” zugesagt. Bei der Berechnung des Rentenanspruchs ist das versorgungsfähige Einkommen in 3 Stufen aufgeteilt, die mit unterschiedlichen Prozentsätzen von 0,25 bis 1,9 % bewertet werden. Als Maßstab für die Anpassung der Grenzwerte sind die Lebenshaltungskosten eines 4-Personen-Haushalts mit mittlerem Einkommen bzw. die Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Sozialversicherung vorgesehen. Der Arbeitgeber hat sich entschieden, die zum 01.01.2003 wirksam gewordene außerordentliche Anpassung der Grenzwerte in der gesetzlichen Rentenversicherung gestaffelt über 5 Jahre in die Erhöhung der Grenzwerte einfließen zu lassen.

Der Kläger meint, dass die außerordentliche Erhöhung schon aus grundsätzlichen Erwägungen nicht berücksichtigt werden dürfe. Jedenfalls werde sein Rentenanspruch dadurch unzulässig entwertet.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen und die Revision zugelassen.

 

Normenkette

BetrAVG § 1 Abs. 1; BGB § 315; SGB VI § 159

 

Verfahrensgang

ArbG Hannover (Urteil vom 14.08.2007; Aktenzeichen 13 Ca 101/07 B)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 17.01.2012; Aktenzeichen 3 AZR 135/10)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts A-Stadt vom 14.08.2007 – 13 Ca 101/07 B – abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die zutreffende Berechnung einer zukünftig zu zahlenden Betriebsrente.

Der 1947 geborene Kläger ist seit 1976 bei der Beklagten beschäftigt. Seit dem 01.01.1999 ist der Kläger als Abteilungsleiter im Sinne der bei den Unternehmen der deutschen S.-G. bestehenden Führungsebenen-Struktur eingestuft. Er unterfällt damit der Pensionsordnung Obere Führungskräfte S. D. vom 01.01.1993 (künftig: POF) in der Fassung vom 01.01.2001 (Bl. 29 ff. d. A.). Die Beklagte beschäftigt ca. 70 Arbeitnehmer mit einer entsprechenden Versorgungszusage, in der Unternehmensgruppe sind es ca. 200. Für die Berechnung des Rentenanspruchs enthält die Pensionsordnung u. a. folgende Regelung:

§ 5 Ruhegeld

(1) Die Höhe des jährlichen Ruhegehalts beträgt bei Vollzeitbeschäftigung für jedes pensionsfähige Dienstjahr

  • 0,25 % des Teils des pensionsfähigen Einkommens, der DM 69.050,–

    (entspricht EUR,35.304,70) nicht übersteigt,

  • 1,90 % des Teils des pensionsfähigen Einkommens, der über DM 69.050,–

    (entspricht EUR 35.304,70) liegt und nicht mehr als DM 138.100,–

    (entspricht EUR 70.609,41) beträgt und

  • 1,75 % des Teils des pensionsfähigen Einkommens, der DM 138.100,–

    (entspricht EUR 70.609,41) übersteigt.

(2) …

(3) Das Unternehmen ist berechtigt, erstmals zum 01.01.2002 die Grenzwerte (zur Zeit DM 69.050,– und DM 138.100,– entspricht EUR 35.304,70 und EUR 70.609,41) jährlich zu überprüfen und anzupassen. Bei der Überprüfung wird von dem Prozentsatz ausgegangen, in welchem sich im davorliegenden vollen Kalenderjahr die Lebenshaltungskosten eines 4-Personenhaushalts mit mittlerem Einkommen in der Bundesrepublik Deutschland durchschnittlich erhöht haben. Wird die Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Sozialversicherung im gleichen Zeitraum prozentual stärker angehoben, so ist das Unternehmen berechtigt, stattdessen die beiden Grenzwerte entsprechend anzuheben.

Der Sprecherausschuss der leitenden Angestellten der S.-G. in D. ist berechtigt, die diesbezüglichen einheitlichen Anpassungserklärungen für alle Versorgungsberechtigten in Empfang zu nehmen.

Durch das Gesetz zur Sicherung der Beitragssätze in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung (Beitragssicherungsgesetz) vom 23.12.2002 wurde die Beitragsbemessungsgrenze für die Rentenversicherung von 54.000,00 EUR auf 61.200,00 EUR, entsprechend 13,3 % angehoben. Die Beklagte teilte dem Sprecherausschuss mit, dass sie beschlossen habe, die Anhebung der Grenzwerte um 12,2 % – auf 5 Jahre verteilt – vorzunehmen. Im ersten Jahr solle eine Anhebung um 2,6 %, in den folgenden 4 Jahren jeweils um zusätzliche 2,4 % erfolgen (Schreiben vom 07.05.2004, Anlage B 8, Bl.100 d.A. bzw. Schreiben vom 16.2.2005, Anlage K 5, Bl. 47 d.A.).

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