Entscheidungsstichwort (Thema)

Befristet beschäftigte Arbeitnehmer. Schlechterstellung befristet Beschäftigter. Tarifvertragliche Besitzstandsklausel

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine tarifvertragliche Besitzstandsregelung, die zwischen befristet und unbefristet beschäftigten Arbeitnehmern zu einem bestimmten Stichtag differenziert, verstößt nicht unbedingt gegen Art. 3 Abs. 2 GG und § 4 Abs. 2 TzBfG.

2. Eine willkürliche Benachteiligung befristet beschäftigter Arbeitnehmer liegt nicht vor, wenn Tarifvertragsparteien an einem Stichtag befristet beschäftigte Arbeitnehmer mit den Arbeitnehmern gleichstellen, die nach dem Stichtag ein Arbeitsverhältnis begründen.

 

Normenkette

TVG § 1; TzBfG § 4 Abs. 2; GG Art. 3 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Hannover (Urteil vom 22.11.2001; Aktenzeichen 12 Ca 424/01)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 15.07.2004; Aktenzeichen 6 AZR 223/03)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 22.11.2001, 12 Ca 424/01 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten im Wesentlichen über die Wirksamkeit einer tarifvertraglichen Besitzstandsklausel, die zwischen befristeten und unbefristeten Arbeitsverhältnissen zu einem bestimmten Stichtag differenziert.

Die Klägerin ist seit dem 20. März 2000 in der Niederlassung der Beklagten … als Briefverteilerin beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis war zunächst mehrfach befristet, unter anderem gemäß Arbeitsvertrag vom 15.12.2000 für die Zeit vom 27. Dezember bis zum 31. Dezember 2000. Als Befristungsgrund wurde „Urlaubs- und Krankenvertretung” angegeben. Hieran schloss sich für die Zeit vom 01.01.2001 bis 31.12.01 ein weiterer befristeter Arbeitsvertrag an, in dem als Befristungsgrund „§1 Beschäftigungsförderungsgesetz” angegeben wurde. Die Wirksamkeit der Befristungen wurde von der Klägerin nicht angegriffen. Seit dem 01. Februar 2001 besteht zwischen den Parteien aufgrund des Arbeitsvertrages vom 09.01.01 ein unbefristetes Arbeitsverhältnis mit einer Arbeitszeit von 15 Wochenstunden.

Auf das Arbeitsverhältnis finden kraft beiderseitiger Tarifbindung die Tarifverträge für die Arbeiter der Deutschen Post AG Anwendung.

Die Deutsche Post AG und die Deutsche Postgewerkschaft schlossen am 21.03.2000 eine „Eckpunkte-Vereinbarung” (Anlage B 1 zum Schriftsatz der Beklagten vom 05.09.200). Diese umfasst eigenständige tarifvertragliche Regelungen zur Gestaltung der Arbeitszeit, als Sofortmaßnahmen zur Entlastung in der Zustellung die Übernahme von 1200 befristet Beschäftigten in unbefristete Arbeitsverhältnisse, Grundsätze der Neuregelung der Entlohnung einschließlich einer Besitzstandsregelung, den Ausschluss von Fremdvergabe von Zustellbezirken an ein anderes Unternehmen bis zum 31. Dezember 2003, sowie den Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen bis zum 31. Dezember 2004.

Entsprechende Tarifverträge wurden in der Folgezeit abgeschlossen, darunter am 28. April 2000 der Tarifvertrag Nr. 75 d mit Wirkung ab 01. Januar 2001. Dieser Tarifvertrag beinhaltet eine deutliche Absenkung der Vergütung. Ferner wurden folgende Besitz- und Rechtsstandsregelungen vereinbart:

§23

Geltungsbereich für §24 und §25

Für Arbeiter, die am 31.12.2000 bereits und am 01.01.2001 noch in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zur Deutschen Post AG standen und stehen, finden die Regelungen der §§24 und 25 für die Dauer dieses Arbeitsverhältnisses Anwendung.

§24

Besitzstand Lohn

Der Arbeiter erhält eine monatlich zu zahlende Besitzstandszulage (Besitzstandszulage Lohn) gem. Anlage 6.

§25

Besitzstandszulagen, Zuschläge und Entschädigungen

Der Arbeiter erhält eine monatlich zu zahlende Besitzstandszulage (Besitzstandszulage Zuschläge) gemäß Anlage 9.

Seit Januar 2001 bezieht die Klägerin eine Vergütung auf der Basis des neuen Entgelttarifvertrages. Besitzstandszulagen wurden ihr nicht gewährt mit der Begründung, sie habe sich am 31.12.2000 nicht in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zur Beklagten befunden.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der vorliegenden Klage und macht im Wesentlichen geltend, die Nichtzahlung der Besitzstandszulagen verstoße gegen das Diskriminierungsverbot des §4 Abs. 2 Teilzeitbefristungsgesetz und gegen Artikel 3 Grundgesetz.

Das Arbeitsgericht hat durch ein der Klägerin am 11.02.02 zugestelltes Urteil vom 22. November 2001, auf dessen Inhalt zur weiteren Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes und dessen Würdigung durch das Arbeitsgericht Bezug genommen wird (Bl. 94–106 d.A.), die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es, soweit im Berufungsverfahren noch von Bedeutung, im Wesentlichen ausgeführt, für den Antrag festzustellen, dass die Klägerin ab dem 01.01.2001 Anspruch auf Zahlung einer Besitzstandszulage Lohn und Besitzstandszulage Zuschläge habe, bestehe kein Feststellungsinteresse nach §256 Abs. 1 ZPO, soweit Ansprüche für die Zeit vom 01. Januar 2001 bis 30. Oktober 2001 in Frage ständen. Der Klägerin sei die Bezifferung der Ansprüche möglich. Für den Zeitraum ab 01. November 2001 ...

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