Entscheidungsstichwort (Thema)

Besitzstandszulage. Sonderurlaub. Tarifauslegung

 

Leitsatz (redaktionell)

Sonderurlaub nach § 28 TV-L fällt unter den Begriff des „Urlaubs” i.S.v. § 9 Abs. 4 S. 1 TVÜ-L und Nr. 1 der Protokollerklärung.

 

Normenkette

TVÜ-L § 9 Abs. 4; TV-L § 28

 

Verfahrensgang

ArbG Hannover (Urteil vom 10.03.2010; Aktenzeichen 8 Ca 434/09 Ö)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 24.05.2012; Aktenzeichen 6 AZR 586/10)

 

Tenor

Die Berufung des Landes Niedersachsen gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 10.03.2010 – 8 Ca 434/09 Ö – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Frage, ob der Anspruch der Klägerin auf eine Besitzstandszulage gemäß § 9 TVÜ-L durch den von ihr im Jahr 2007 in Anspruch genommenen Sonderurlaub untergegangen ist oder ob hilfsweise ein Schadensersatzanspruch wegen einer fehlerhaften Auskunft über die rechtlichen Folgen dieses Sonderurlaubes besteht.

Wegen der genauen Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bl. 2 – 4 desselben, Bl. 66 – 68 der Gerichtsakte, verwiesen.

Mit Urteil vom 10.03.2010 hat das Arbeitsgericht Hannover der Klage stattgegeben. Wegen der Einzelheiten der Tenorierung wird auf den Urteilstenor (Bl. 65 der Gerichtsakte), soweit es die rechtliche Würdigung anbelangt, wird auf die Entscheidungsgründe dieses Urteils (Bl. 4 – 8 desselben, Bl. 68 – 72 der Gerichtsakte) verwiesen.

Dieses Urteil ist dem beklagten Land am 01.04.2010 zugestellt worden. Mit einem am 22.04.2010 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz hat es Berufung eingelegt und diese mit einem am 24.06.2010 eingegangenen Schriftsatz begründet, nachdem zuvor das Landesarbeitsgericht mit Beschluss vom 21.05.2010 die Berufungsbegründungsfrist antragsgemäß bis zum 01.07.2010 verlängert hatte.

Mit seiner Berufung verfolgt das beklagte Land vollständig das erstinstanzliche Ziel der Klageabweisung weiter. Es wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen. Es vertritt die Auffassung, bereits nach dem Wortlaut des § 9 Abs. 4 S. 1 TVÜ-L und der Nr. 1 der Protokollerklärung falle Sonderurlaub nicht unter den Begriff „Urlaub”. Im Übrigen seien nur diejenigen Tätigkeitsunterbrechungen unschädlich, die auf einer gesetzlichen Grundlage basierten. Dies gelte für die anderen in der Protokollerklärung erwähnten Tatbestände Mutterschutz, Elternzeit und Krankheit. Soweit es den Urlaub anbelangt, habe er im Bundesurlaubsgesetz seine gesetzliche Grundlage, wohingegen die Gewährung von unbezahltem Sonderurlaub keine gesetzliche Grundlage habe, sondern auf einer tariflichen „Kannvorschrift” basiere. Dies entspreche auch den Durchführungshinweisen der Tarifgemeinschaft der Länder vom 18.08.2006. Im Übrigen enthalte das Schreiben des beklagten Landes vom 26.01.2007 eine hinreichende Aufklärung über die Folgen des Sonderurlaubs. Auch werde mit Nichtwissen bestritten, dass die Klägerin angesichts des Wegfalls des Anspruchs auf eine Besitzstandszulage den Sonderurlaub nicht genommen oder sich zuvor entsprechend beraten lassen hätte.

Das beklagte Land beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 10.03.2010 – 8 Ca 434/09 Ö – abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in der Berufung wird auf ihre Schriftsätze vom 24.06., 28.07. und 31.08.2010 verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

A.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 64, 66 ArbGG und 519, 520 ZPO).

B.

Die Berufung ist unbegründet. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das angefochtene Urteil dem Klagebegehren der Klägerin entsprochen. Das Berufungsgericht macht sich zunächst die zutreffenden erstinstanzlichen Entscheidungsgründe zu eigen, verweist auf diese und stellt dies fest (§ 69 Abs. 2 ArbGG).

Die Berufungsbegründung veranlasst folgende ergänzende Anmerkungen:

1.

Uneingeschränkt zutreffend hat das angefochtene Urteil den Wortlaut des § 9 Abs. 4 S. 1 TVÜ-L und der Nr. 1 der Protokollerklärung ausgelegt und festgestellt, dass diesem Wortlaut zufolge Sonderurlaub unter den Begriff des „Urlaubs” im Sinne der tarifvertraglichen Bestimmung fällt. Denn die Überschrift zu Abschnitt IV des TV-L lautet: „Urlaub und Arbeitsbefreiung”. In diesem Abschnitt befinden sich genau vier Regelungen, nämlich:

Sodann schließt sich der Abschnitt V Befristung und Beendigung des Arbeitsverhältnisses an.

Bereits nach dem allgemeinen Sprachgebrauch ist der Sonderurlaub ein Unterfall des Urlaubs. Erst recht ist der tarifvertraglich geregelte Sonderurlaub im Sinne des Wortlautes und der Systematik des Tarifvertrages ein Unterfall des Urlaubes. Denn die einzelnen Urlaubsarten im Sinne des TV-L sind abschließend unter der Überschrift Urlaub u...

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