Entscheidungsstichwort (Thema)
Mitbestimmungsfreie Entscheidung der nicht tarifgebundenen Arbeitgeberin über die Bewilligung einer Lohnerhöhung bei Betriebsvereinbarung zur Vergütungsstruktur in Form von Gehaltsbändern. Unbegründete Vergütungsklage bei unzureichenden Darlegungen des Arbeitnehmers zur Betriebsüblichkeit einer jährlichen Gehaltserhöhung
Leitsatz (amtlich)
Der Arbeitgeber kann, bei fehlender Tarifbindung, das Volumen der von ihm für die Vergütung seiner Mitarbeiter bereitgestellten Mittel mitbestimmungsfrei festlegen. Eine Betriebsvereinbarung, die das Wie der Verteilung gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG regelt, verpflichtet ihn nicht zur Gehaltserhöhung. Neben regelmäßigen Gehaltserhöhungen bedarf es zusätzlicher Anhaltspunkte dafür, dass der Arbeitgeber sich über eine betriebliche Übung zu regelmäßigen Gehaltserhöhungen verpflichten will.
Normenkette
BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 10, § 88; BGB §§ 151, 242, 611 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Hannover (Entscheidung vom 21.10.2014; Aktenzeichen 10 Ca 315/14) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichtes Hannover vom 21.10.2014 - 10 Ca 315/14 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Verpflichtung der Beklagten, den Lohn des Klägers ab dem 01.01.2014 zu erhöhen.
Der Kläger ist seit dem 01.02.2001 als Standard Warehouse Agent für die Beklagte tätig. Grundlage des Arbeitsverhältnisses bildet u. a. der schriftliche Vertrag vom 06.02.2001 (Bl. 8 bis 19 d. A.). Ein Tarifvertrag findet keine Anwendung.
Bis 2009 entschied die Beklagte über Gehaltsanpassungen der einzelnen Arbeitnehmer auf Grundlage einer von der Stationsleitung durchgeführten, unternehmenseinheitlich gestalteten Bewertung.
Unter dem 08.04.2010 schloss die Beklagte mit dem in ihrem Betrieb gewählten Gesamtbetriebsrat eine Gesamtbetriebsvereinbarung Vergütungssystem (nachfolgend: GBV Vergütungssystem). Diese soll ausweislich der Präambel dazu dienen, die bisherige Vergütungspraxis im Betrieb der Beklagten zu systematisieren. Sie enthält u. a. nachstehende Regelungen:
"1 Geltungsbereich
1.1 Persönlicher Geltungsbereich
Diese Gesamtbetriebsvereinbarung gilt für alle bei der X in einem Arbeitsverhältnis stehenden Mitarbeiter im Sinne des § 5 Abs. 1 BetrVG.
1.2 Räumlicher Geltungsbereich
Diese Gesamtbetriebsvereinbarung gilt für alle Mitarbeiter der X mit Ausnahme der Mitarbeiter, die im sogenannten Headquarter (HQ) beschäftigt sind.
2 Funktionsbewertungssystem
2.1 Ausgangspunkt für die Definition der individuellen Grundvergütung der Mitarbeiter ist eine Funktionsbewertung aller bei der Arbeitgeberin vorkommenden Funktionen.
Die Funktionen wurden nach den acht Bewertungskriterien
- Fachwissen
- Unternehmenskenntnis
- Soziale Kompetenz und Führungsqualität
- Denkrahmen
- Schwierigkeitsgrad
- Entscheidungsfreiraum
- Einflussgröße
- Einfluss auf Zielerreichung
bewertet.
Jedem Kriterium ist eine Punkteskala zugeordnet, auf der im Bewertungsprozess das jeweilige Anforderungsniveau mit einem Punktwert festgelegt wird (Bewertungstabelle, Anlage 1).
...
3 Vergütungsstruktur
3.1 Ausgehend von den Grundsätzen der Funktionsbewertung (vgl. oben 2) erfolgt die individuelle Grundgehaltsermittlung für den einzelnen Mitarbeiter auf der Basis eines Gehaltsbandsystems. Dabei wird unter Grundgehalt das Monatsgehalt oder der Stundenlohn (Stundenlohn multipliziert mit dem durchschnittlichen monatlichen Stundensatz) ohne Zuschläge verstanden.
3.2 Es werden sechs Vergütungsgruppen gebildet. Den Vergütungsgruppen 1 bis 5 sind eine Bandunterlinie und eine Bandoberlinie zugeordnet; der Vergütungsgruppe 6 eine Bandunterlinie.
3.3 Die Bandober- und -unterlinien werden jährlich angepasst. Sie werden um den Erhöhungsprozentsatz der Gehaltsanpassungen des Vorjahres angepasst.
4 Ermittlung und Festlegung des individuellen Grundgehalts
4.1 Alle Mitarbeiter werden grundsätzlich in die Vergütungsgruppe eingestuft, die für die von ihnen ausgeübte Funktion ermittelt wurde. ...
4.2 Durch die Bandunterlinie und die Bandoberlinie ist jeweils der Entgeltkorridor vorgegeben, innerhalb dessen das individuelle Grundgehalt liegen kann. Die tatsächliche Festlegung des Grundgehalts erfolgt durch den Vorgesetzten.
4.3 Das Grundgehalt wird jährlich am dritten Donnerstag im Oktober überprüft. Der Grundgehaltsanpassungsprozentsatz wird zwischen der Arbeitgeberin und dem Gesamtbetriebsrat abgestimmt. Für die Bestimmung werden die Entwicklung der Lebenshaltungskosten (Verbraucherpreisindex gemäß statistischem Bundesamt in den letzten 12 Monaten) und die wirtschaftliche Lage des Unternehmens herangezogen.
...
9 Besitzstandsregelung und Einmalzahlungen
9.1 Mitarbeiter, die nach Zuordnung in die für ihre Funktion geltende Vergütungsgruppe bereits ein Grundgehalt haben, welches auf oder über der Bandoberlinie der jeweiligen Vergütungsgruppe liegt, erhalten diese Vergütung zukünftig weiter.
9.2 Mitarbeiter, deren Grundgehaltserhöhung nach 4.3 zum Überschreiten der Ba...