Leitsatz (amtlich)

1. Scheidet der Arbeitnehmer mit einer unverfallbaren Anwartschaft aus dem Arbeitsverhältnis aus und nimmt er zusätzlich die Betriebsrente vor dem 65. Lebensjahr in Anspruch, so sind bei der Berechnung der Betriebsrente im Hinblick auf die fehlende Betriebstreue und den früheren und längeren Bezug des Erdienten zwei ausgleichende Korrekturen vorzunehmen.

  1. Im ersten Rechenschritt ist entsprechend der gesetzlichen Wertung des § 2 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG die bis zum Erreichen der festen Altersgrenze erreichbare Vollrente im Verhältnis der tatsächlichen Dauer der Betriebszugehörigkeit zu der bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres erreichbaren Beschäftigungszeit zu kürzen.
  2. Im zweiten Rechenschritt sind etwaige in der Versorgungsordnung enthaltene versicherungsmathematische Abschläge zum Ausgleich für den früheren und längeren Bezug der Betriebsrente der bis zum vorgezogenen Ruhestand im Betrieb verbliebenen Arbeitnehmer neben der Kürzung entsprechend § 2 Abs. 1 BetrAVG wegen des vorzeitigen Ausscheidens anzuwenden. Fehlt es an einer derartigen Kürzungsregelung, ist die Rente erneut zeitanteilig zu kürzen (unechter versicherungsmathematischer Abschlag).

2. Verstößt die Versorgungsordnung für die Zeit nach dem 17.05.1990 gegen Art. 141 EG, soweit sie die Anwartschaft auf eine betriebliche Altersversorgung für Männer und Frauen unterschiedlich berechnet und nur Frauen erlaubt, ohne Abschläge mit Vollendung des 60. Lebensjahres aus dem Arbeitsverhältnis auszuscheiden, ist der männliche Arbeitnehmer aber länger als bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres betriebstreu geblieben, so ist bei der Berechnung der auf die Beschäftigungszeit bis zum 17.05.1990 (Vor-Barber-Zeit) entfallenden Teilrente die tatsächliche Beschäftigungszeit bis zu diesem Stichtag fiktiv um die Zeit, die der Arbeitnehmer nach Vollendung des 60. Lebensjahres noch im Arbeitsverhältnis gestanden hat, zu erhöhen.

Bei der Berechnung der auf die Beschäftigungszeit nach dem 17.05.1990 (Nach-Barber-Zeit) entfallenden Teilrente findet die tatsächliche Beschäftigungszeit nach Vollendung des 60. Lebensjahres dagegen keine Berücksichtigung mehr.

3. Bei einem männlichen Arbeitnehmer, der nach Vollendung des 60. Lebensjahres, aber vor Vollendung des 65. Lebensjahres die Betriebsrente in Anspruch nimmt, sind versicherungsmathematische Abschläge bei der Berechnung der auf die Beschäftigungszeit nach dem 17.05.1990 (Nach-Barber-Zeit) entfallenden Teilrente nicht vorzunehmen.

 

Verfahrensgang

ArbG Oldenburg (Oldenburg) (Urteil vom 08.03.2006; Aktenzeichen 3 Ca 609/04 B)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 08.03.2006 – 3 Ca 609/04 B – teilweise abgeändert.

Unter Zurückweisung der Rechtsmittel im Übrigen wird das Urteil wie folgt gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 614,90 EUR brutto (Rentennachzahlung für die Monate August 2004 bis September 2006) zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz

auf 76,21 EUR brutto seit dem 11.09.2004 bis 12.10.2006,

auf weitere 76,21 EUR brutto seit dem 11.10.2004 bis 12.10.2006,

auf weitere 76,21 EUR brutto seit dem 11.11.2004 bis 12.10.2006,

auf weitere 76,21 EUR brutto seit dem 11.12.2004 bis 12.10.2006,

auf weitere 76,21 EUR brutto seit dem 11.01.2005 bis 12.10.2006,

auf weitere 76,21 EUR brutto seit dem 11.02.2005 bis 12.10.2006,

auf weitere 76,21 EUR brutto seit dem 11.03.2005 bis 12.10.2006,

auf weitere 76,21 EUR brutto seit dem 11.04.2005 bis 12.10.2006,

auf weitere 76,21 EUR brutto seit dem 11.05.2005 bis 12.10.2006,

auf weitere 76,21 EUR brutto seit dem 11.06.2005 bis 12.10.2006,

auf weitere 76,21 EUR brutto seit dem 11.07.2005 bis 12.10.2006,

auf weitere 76,21 EUR brutto seit dem 11.08.2005 bis 12.10.2006,

auf weitere 76,21 EUR brutto seit dem 11.09.2005 bis 12.10.2006,

auf weitere 76,21 EUR brutto seit dem 11.10.2005 bis 12.10.2006,

auf weitere 76,21 EUR brutto seit dem 11.11.2006 bis 12.10.2006,

auf weitere 76,21 EUR brutto seit dem 11.12.2005 bis 12.10.2006,

auf weitere 76,21 EUR brutto seit dem 11.01.2006 bis 12.10.2006,

auf weitere 76,21 EUR brutto seit dem 11.02.2006 bis 12.10.2006,

auf weitere 76,21 EUR brutto seit dem 11.03.2006 bis 12.10.2006,

auf weitere 76,21 EUR brutto seit dem 11.04.2006 bis 12.10.2006,

auf weitere 76,21 EUR brutto seit dem 11.05.2006 bis 12.10.2006,

auf weitere 76,21 EUR brutto seit dem 11.06.2006 bis 12.10.2006,

auf weitere 76,21 EUR brutto seit dem 11.07.2006 bis 12.10.2006,

auf weitere 76,21 EUR brutto seit dem 11.08.2006 bis 12.10.2006,

auf weitere 76,21 EUR brutto seit dem 11.09.2006 bis 12.10.2006,

auf weitere 76,21 EUR brutto seit dem 11.10.2006 bis 12.10.2006

und auf 614,90 EUR seit 12.10.2006

zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des ersten Rechtszugs werden nach einem Wert von 2.772,90 EUR gegeneinander aufgehoben, die Kosten des Berufungsverfahrens werden nach einem Wert von 2.879,76 EUR zu 31 % dem Kläger und zu 69 % der Beklagten auferlegt.

Di...

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