Entscheidungsstichwort (Thema)
Befristung. Auslegung. wissenschaftlicher Mitarbeiter. Arzt
Leitsatz (amtlich)
Die Auslegung des § 57b Abs. 1 Satz 2 HRG ergibt, dass nur der Berufsgruppe der Ärzte in der Zeit nach abgeschlossener Promotion eine entsprechend länger befristete Beschäftigung ermöglicht werden sollte. Hierfür spricht der Wortlaut des Gesetzes sowie sein Sinn und Zweck. Die Verlängerung der Befristungszeit sollte den Erfordernissen der Facharztausbildung von mehreren Jahren Rechnung tragen. Die Auslegung führt zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Lösung.
Normenkette
HRG § 57b Abs. 1 Nr. 5
Verfahrensgang
ArbG Hannover (Urteil vom 18.07.2007; Aktenzeichen 12 Ca 64/07 Ö) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 18.07.2007 – 12 Ca 64/07 Ö – wird zurückgewiesen.
2. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 18.07.2007 – 12 Ca 64/07 Ö – teilweise abgeändert:
Das beklagte Land wird verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits um die Befristung des Arbeitsverhältnisses (Antrag aus der Klageschrift) mit Tätigkeiten entsprechend der Vergütungsgruppe I b der Vergütungsordnung zum BAT fortzubeschäftigen.
3. Das beklagte Land trägt die Kosten der Berufung.
4. Die Revision wird hinsichtlich der Entscheidung zu Ziffer 1) zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis aufgrund Befristung zum 31. Dezember 2007 geendet hat und um Weiterbeschäftigung.
Der Kläger, der Diplombiologe mit dem Ausbildungsschwerpunkt Biochemie ist, war bei dem beklagten Land nach Abschluss seiner Ausbildung und Beendigung der Promotion vom 1. Mai 2001 unter Hinweis auf § 57 b Abs. 1 Nr. 5 HRG befristet bis zum 31. Dezember 2003 und nachfolgend mit Vertrag vom 21. Oktober 2003 erneut befristet bis zum 31. Dezember 2007 als wissenschaftlicher Mitarbeiter angestellt.
§§ 1 und 2 des Arbeitsvertrages vom 21. Oktober 2003 lauten auszugsweise:
„Herr Dr. K. wird ab 01.01.2004 als wissenschaftlicher Angestellter nach §§ 57 a ff Hochschulrahmengesetz (HRG) für die Zeit bis zum 31.12.2007 beschäftigt. Die Befristung des Arbeitsvertrages gründet sich auf § 57 b Abs. 1 Satz 2 HRG (in der ab 23.02.2002 geltenden Fassung).
§ 2
Das Arbeitsverhältnis richtet sich im Übrigen nach den §§ 57 a ff HRG und den Vorschriften des Bundesangestelltentarifvertrages (BAT) vom 23.02.1961 in der jeweils geltenden Fassung und den diesen ergänzenden oder ersetzenden Tarifverträgen sowie nach der SR 2y BAT, mit Ausnahme der Nr. 1 und 2 der SR 2y BAT. Außerdem finden die für den Bereich des Arbeitgebers jeweils geltenden einschlägigen Tarifverträge Anwendung. Der gekündigte Beihilfetarifvertrag findet keine Anwendung. Ein Beihilfeanspruch ist somit ausgeschlossen.
Der Angestellte ist demnach in Vergütungsgruppe I b BAT eingruppiert.
…”
Der Kläger ist als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) im Zentrum K1 und dort in der Abteilung P. H. und O. beschäftigt. Ihm oblag im Rahmen seiner arbeitsvertraglichen Tätigkeit die Aufgabe, innerhalb des durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten „Sonderforschungsbereichs 566” im Rahmen eines Teilprojekts die Ursachen sogenannter angeborener Neutropenien zu erforschen. Die vom Kläger durchgeführten Forschungsarbeiten befassten sich mit der Phosphorylierung eines im Zellzyklus wichtigen Proteins. Die Methoden beinhalteten im Wesentlichen biochemische Arbeiten und Zellkulturarbeiten. Im Einzelnen hat er die Phosporylierung dieses Proteins in Leukämiezelllinien untersucht. Die Leukämiezellen kommen aus einem Pariser Labor. Sie werden weltweit als zellulares Modellsystem verwendet. Es handelt sich nicht um Spendermaterial von Patienten der MHH.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Befristung sei nicht gem. § 57 b Abs. 1 HRG gerechtfertigt, weil die Befristungshöchstdauer von neun Jahren für den Bereich der Medizin vorliegend nicht einschlägig sei. Sie gelte nur für Ärzte, nicht indessen für sonstige wissenschaftliche Mitarbeiter der MHH, insbesondere nicht für ihn als Diplombiologen. Seine Arbeit fließe nicht direkt in den klinischen Bereich ein. Sie sei nicht für die Diagnose bzw. Therapie von Patienten relevant, wie es beispielsweise bei der Untersuchung von Patienten-Erbmaterial (DNS) für die Diagnose oder Charakterisierung von Krankheitsbildern oder der Herstellung bzw. Aufreinigung von Wirkstoffen, die im Rahmen einer präklinischen (Tierversuche) bzw. (seltener) klinischen Studie (sog. Phasen I, II, III am Menschen) eingesetzt werden, der Fall sei.
Der Kläger hat beantragt,
- festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht am 31.12.2007 auf Grund der Befristung vom 21.10.2003 endet;
- das beklagte Land zu verurteilen, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits um die Befristung des Arbe...