Entscheidungsstichwort (Thema)

Berechnung der Urlaubsvergütung. Tarifauslegung. regelmäßig Arbeitszeit. Durchschnittslohn

 

Leitsatz (amtlich)

1. Es bleibt unentschieden, ob eine Vereinbarung wirksam ist, nach der ein Anspruch auf Fortzahlung der Vergütung einer Reinigungskraft nicht besteht, wenn in den Schulferien in den Reinigungsobjekten der Arbeitsprozess ruht.

2. Diese Zeiten ohne Arbeitsleistung und Vergütung sind jedenfalls nicht bei der Berechnung der Urlaubsvergütung auf der Basis der regelmäßigen Arbeitszeit und des Durchschnittslohnes der letzten 12 Monate zu Lasten der Reinigungskraft zu berücksichtigen.

 

Normenkette

BUrlG § 11; RTV Gebäudereinigerhandwerk § 14

 

Verfahrensgang

ArbG Göttingen (Urteil vom 26.05.2005; Aktenzeichen 2 Ca 824/04)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Göttingen vom 26.05.2005, 2 Ca 824/04, unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 14,59 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.12.2004 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 10% und die Beklagte zu 90%.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, wie die Urlaubsvergütung nach dem allgemeinverbindlichen Rahmentarifvertrag für die gewerblichen Beschäftigten im Gebäudereinigerhandwerk zu berechnen ist und dabei insbesondere über die Frage, ob sich die Zeiten in den Schulferien, während derer eine Arbeitsleistung nicht zu erbringen ist, verdienstmindernd auswirken.

Die 1943 geborene Klägerin ist seit dem 01.06.1994 bei der Beklagten beschäftigt. Sie wird als Reinigungskraft in der S. Schule in D. eingesetzt. Ihre regelmäßige tägliche Arbeitszeit beträgt 1,23 Stunden, der Stundenlohn 7,68 EUR brutto.

Der von den Parteien abgeschlossene Arbeitsvertrag vom 17.06.1994 (Bl. 60 d.A.) enthält unter anderem folgende Regelung:

„5.

Ein Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitslohnes besteht nicht, wenn in den Reinigungsobjekten infolge Werksurlaubes, Schulferien usw. der Arbeitsprozeß ruht. … „

Der kraft vertraglicher Inbezugnahme sowie aufgrund Allgemeinverbindlichkeitserklärung auf das Arbeitsverhältnis anwendbare Rahmentarifvertrag für die gewerblichen Beschäftigten in der Gebäudereinigung enthält in § 14 für die Berechnung der Urlaubsvergütung folgende Regelung:

„2.1

Während des Urlaubs erhält der/die Beschäftigte den für seine/ihre regelmäßige Arbeitszeit durchschnittlichen Lohn der letzten 12 Monate; unberücksichtigt bleiben dabei unverschuldete Fehltage, wie z.B. Krankheitstage außerhalb des gesetzlichen Entgeltfortzahlungszeitraumes, Kurzarbeitszeiten, usw.

Bei der Berechnung des Lohnes bleiben außer Ansatz: Einmalvergütungen, Aufwendungsersatz, wie z.B. Gratifikationen, Fahrtkosten und Auslösung. Sofern der/die Beschäftigte weniger als 12 Monate im Unternehmen beschäftigt ist, werden diese Monate der Durchschnittsberechnung zu Grunde gelegt.

Für die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall enthält § 5 RTV eine entsprechende Regelung.

Die Klägerin hatte im Oktober 2004 insgesamt 10 Tage Urlaub. Hierfür gewährte die Beklagte Urlaubsentgelt in Höhe von 79,87 EUR brutto (Bl. 59 d.A.).

Die Beklagte legte bei der Berechnung der Urlaubsvergütung die tatsächlich von der Klägerin geleisteten Arbeitstage (195) im Verhältnis zu der Anzahl der Arbeitstage ohne Unterbrechungen während der Schulferien (231) zu Grunde. Für die im Streit stehenden Urlaubstage wurden mithin pro Tag 1,04 Stunden (1,23 Stunden × 195 Arbeitstage: 231 Arbeitstage = 1,04 Stunden) vergütet.

Die Klägerin ist demgegenüber der Auffassung, bei der Berechnung der Urlaubsvergütung müssten für die 10 Tage jeweils die regelmäßige Arbeitszeit von 1,25 Stunden zu Grunde gelegt werden, so dass sich ein Zahlungsanspruch in Höhe von 96,00 EUR ergebe. Die Differenz in Höhe von 16,13 EUR macht sie mit der vorliegenden Klage geltend.

Das Arbeitsgericht hat durch ein der Beklagten am 14.06.2005 zugestelltes Urteil vom 26.05.2005, auf dessen Inhalt zur weiteren Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes und dessen Würdigung durch das Arbeitsgericht Bezug genommen wird (Bl. 25 – 29 d.A.), dem Klagebegehren entsprochen.

Hiergegen richtet sich die am 29.06.2005 eingelegte und am 05.08.2005 begründete Berufung der Beklagten.

Die Beklagte ist der Auffassung, die Parteien hätten in Ziffer 5 des Arbeitsvertrages wirksam vereinbart, dass während der Schulferien keine Arbeits- und Lohnzahlungsverpflichtungen bestehen. Dies wirke sich bei der Durchschnittsberechnung für die Urlaubsvergütung aus. Da das Entgelt an den Tagen, an denen gearbeitet werde, gleichbleibend hoch sei, wirke sich die Berechnung über den Zeitfaktor aus. Nach dem Tarifvertrag blieben lediglich „unverschuldete Fehltage” nicht berücksichtigt. Fehltage, die durch die Schulferien in den jeweiligen Objekten entständen, fielen nicht unter diese Regelung.

Die Beklagte beantragt,

das Urte...

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