Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung von Oberärzten

 

Leitsatz (amtlich)

Eine ausdrückliche Übertragung der medizinischen Verantwortung durch den Arbeitgeber gemäß Protokollerklärung zu § 16 c TV-Ärzte/VKA liegt nicht vor, wenn die konkrete Aufgabenverteilung auf einer Selbstorganisation der Ärzte beruht.

 

Normenkette

TV-Ärzte/VKA

 

Verfahrensgang

ArbG Wilhelmshaven (Urteil vom 09.09.2008; Aktenzeichen 1 Ca 251/08)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 20.04.2011; Aktenzeichen 4 AZR 453/09)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts A-Stadt vom 09.09.2008 – 1 Ca 251/08 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung des Klägers.

Der Kläger seit dem 01.01.1990 bei der Beklagten im Krankenhaus als Arzt beschäftigt. Mit Schreiben vom 08.04.1991 wies ihm die Beklagte rückwirkend ab dem 01.04. eine freie Oberarztstelle in der Abteilung Anästhesie zu.

Dem Arbeitsverhältnis liegt der schriftliche Arbeitsvertrag der Parteien vom 14.10.1989 zugrunde. § 2 dieses Arbeitsvertrages verweist auf den BAT und den diesen ergänzenden oder ersetzende Tarifverträge in der für den Arbeitgeber geltenden Fassung sowie auf sonstige jeweils geltende Tarifverträge. Die Parteien wenden im Verhältnis untereinander den rückwirkend in Kraft getretenen Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern (TV-Ärzte/VKA) vom 23.02.2007 an.

Seit dem 01.08.2006 erhält der Kläger Entgelt der Entgeltgruppe 2 dieses Tarifvertrages (Facharzt mit entsprechender Tätigkeit), Stufe 5. Dies entspricht einer Grundvergütung für eine Vollzeittätigkeit in Höhe von 5.600,00 EUR brutto.

Der Kläger ist Facharzt für Anästhesiologie und berechtigt, zusätzlich die Bezeichnung „Rettungsmedizin und spezielle Schmerztherapie” zu führen. Seit 1992 ist er Gerätebeauftragter nach dem Medizinproduktgesetz und der Betriebsverordnung für die operativen Bereiche der Anästhesiologie und Transfusionsbeauftragter. Er führt den Titel „Oberarzt” innerbetrieblich und Außenstehenden gegenüber.

Die Klinik für Anästhesiologie, die postoperative Intensivstation und die postoperative Aufwachzone sowie der Notdienst und die Schmerzbehandlung werden von den leitenden Ärzten Prof. Dr. T. und Dr. L. geführt. Der Kläger betreut im Zweijahresrhythmus den Bereich „Zentral-OP” und die operative Intensivstation im Wechsel mit dem Kollegen Dr. S. Seit Mai 2007 betreut er die operative Intensivstation. Von diesem Wechsel hatten und haben die leitenden Ärzte Kenntnis.

In dieser Eigenschaft ist er als Vertreter der leitenden Ärzte tätig und leitet jüngere Ärzte in der Weiterbildung in der Intensivmedizin an. Er ist gegenüber allen nachgeordneten Mitarbeitern der Intensivstation auch gegenüber den dort vorhandenen Fachärzten weisungsbefugt. Er ist verantwortlich für alle dort zu treffenden kurzfristigen Entscheidungen im Intensivbereich, so z. B. bei plötzlichem Blutverlust oder postoperativen Problemen von Ärzten aus anderen Fachbereichen. Die OP-Tische werden zum Teil von Ärzten in der Weiterbildung und von Fachärzten anästhesiologisch versorgt. Hierbei kommt dem Kläger die Aufgabe zu, bei der Weiterbildung den Kollegen Standards und Verfahrensweisen der Anästhesiologie zu vermitteln, den Fachärzten bei schwierigster Narkose Ratschläge zu geben und gegebenenfalls die Narkose selber auszuführen und die Koordination in organisatorischer und konziliarischer Hinsicht zu übernehmen. Ihm obliegt auch die Entscheidung, in welcher Reihenfolge operative Eingriffe durchgeführt werden oder ob ein Patient von der Intensivstation auf die Normalstation oder in andere Krankenhäuser bzw. Spezialkliniken zur Weiterbehandlung verlegt werden muss.

Die operative Intensivstation ist von anderen Bereich räumlich abgegrenzt und verfügt über eigenes Pflegepersonal. Die dem Kläger zugewiesenen Ärzte sind allgemein Ärzte der Anästhesie und durchlaufen im Wege der Weiterbildung verschiedene Stationen. Sie sind für einen fest vorgesehenen Zeitraum von einem halben Jahr dem Kläger zugewiesen.

Der Bereich der Zentral-OP besteht aus insgesamt 10 Räumen, von denen 4 Räume räumlich zusammenliegend und 6 weitere Räume in 3 Einheiten zu jeweils 2 Räumen im Gebäudekomplex über 3 Stockwerke verteilt sind. Die Anästhesie ist in all diesen Räumen tätig und soweit es die Anästhesie anbelangt, auch dafür verantwortlich. Formal werden diese Räume auch der Chirurgie zugerechnet, bzw. den anderen operativen Fachabteilungen.

Mit Schreiben vom 18.12.2006 bat der Kläger um Berücksichtigung der Vergütungsgruppe III des TV-Ärzte/VKA. Mit weiterem Schreiben vom 07.05.2007 machte er rückwirkend zum 01.06.2006 die Differenzansprüche zwischen seinem Facharztgehalt und der Vergütungsgruppe III geltend. Mit weiterem Schreiben vom 20.12.2007 begründete er die seines Erachtens zutreffende Eingruppierung in die Entgeltgruppe III, wohingegen mit Schreiben vom 09.01.2008 die Beklagte den Standpunkt vertrat, die Weisungsbefugnis gegenüber andere...

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