Entscheidungsstichwort (Thema)

Altersdiskriminierung. Aufhebungsvertrag. Differenzierung nach Rentennähe. Drohung mit einer Klage. Widerrechtliche Drohung. Anfechtung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Bietet der Arbeitgeber nur Mitarbeitern bestimmter Geburtsjahrgänge und jünger den Abschluss von Aufhebungsverträgen gegen Zahlung einer Abfindung an, so liegt darin keine Benachteiligung der älteren Arbeitnehmer i.S.v. § 3 Abs. 1 S. 1 AGG wegen des Alters, wenn den älteren Arbeitnehmern ihr Arbeitsplatz bis zum Renteneintritt erhalten bleibt.

2. Nach § 10 S. 1 und S. 2 AGG ist eine Differenzierung in Anlehnung an rentenrechtliche Altersgrenzen durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt und objektiv angemessen. Das Differenzierungskriterium, die gesetzliche und tarifliche Möglichkeit, Altersteilzeit mit anschließender Altersrente in Anspruch nehmen zu können, ist zulässig, denn diese Möglichkeit der Altersteilzeit mit anschließender Altersrente stellt eine anderweitige Absicherung der Arbeitnehmer als durch Abfindungszahlung sicher.

3. Die Drohung mit der Erhebung einer gerichtlichen Klage ist regelmäßig nicht widerrechtlich, denn eine Klageerhebung ist ein grundsätzlich erlaubtes Mittel.

 

Normenkette

AGG § 3 Abs. 1, § 7 Abs. 1-2, § 10 Sätze 1-2; BGB § 123; SGB VI § 237 Abs. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Hannover (Urteil vom 15.01.2009; Aktenzeichen 6 Ca 82/07)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 15.01.2009, 6 Ca 82/07, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung, um die Wirksamkeit eines Altersteilzeitvertrages sowie um Schadens- und Vergütungsansprüche der Klägerin.

Die am 00.00.1947 geborene, verwitwete, Kindern nicht zum Unterhalt verpflichtete Klägerin war seit dem 15.04.1964 bei der Beklagten als kaufmännische Angestellte beschäftigt. Sie erhielt zuletzt eine Vergütung nach der Entgeltstufe 16 des Monatsentgelttarifvertrages der V. AG.

Am 01.12.2003 unterzeichnete die Klägerin einen „Vorvertrag zum Altersteilzeitvertrag” mit folgendem Inhalt: „Die V. AG hat mir am 01.12.2003 den Abschluss eines Altersteilzeitvertrages im Rahmen der bestehenden gesetzlichen, tariflichen und betrieblichen Regelungen, die auch die Freigabe einer entsprechenden Tranche betreffen, angeboten.

Ich nehme das Angebot an.” (Bl. 35 d. A.)

Mit Schreiben vom 24.11.2005 forderte die Beklagte u. a. die Klägerin auf, einen Altersteilzeitvertrag abzuschließen und verwies in diesem Zusammenhang auf die Verpflichtung aus dem Vorvertrag. Das Schreiben vom 24.11.2005 endete mit dem Satz „Sollten Sie den angebotenen Altersteilzeitvertrag bis zum 21.12.2005 nicht unterzeichnet haben, behalten wir uns rechtliche Schritte vor.” Für den gesamten Inhalt des Schreibens wird auf Bl. 36 d. A. Bezug genommen. Darüber hinaus fanden Gespräche zwischen der Klägerin und den zuständigen Mitarbeitern der Personalabteilung statt, in deren Verlauf die Klägerin darauf hingewiesen wurde, dass sie aus dem Vorvertrag verpflichtet sei, einen Altersteilzeitvertrag abzuschließen. Am 07.04.2006 unterzeichnete die Klägerin den Altersteilzeitvertrag, welchen die Beklagte unter dem 27.03.2006 unterzeichnete. Für den Altersteilzeitvertrag wird auf Bl. 331 bis 336 d. A. Bezug genommen. Im Juni 2006 unterbreitete die Beklagte Mitarbeitern der Geburtsjahrgänge 1952 und jünger Angebote auf Abschluss von Aufhebungsverträgen gegen Zahlung einer Abfindung (so genannte Turboprämie). Hierzu wird auf Bl. 23 und 24 d. A. Bezug genommen. Mit Schreiben vom 10.03.2007 focht die Klägerin ihre Altersteilzeitvereinbarung vom 27.03./07.04.2006 wegen widerrechtlicher Drohung und arglistiger Täuschung an und forderte Rückabwicklung (Bl. 37 und 38 d. A.). Ebenfalls mit Schreiben vom 10.03.2007 forderte die Klägerin die Unterbreitung eines Angebotes zum Abschluss eines Aufhebungsvertrages gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von 159.120.000,00 Euro bzw. bei Berücksichtigung des Sonderbonusses 186.120,00 Euro (Bl. 25, 26 d. A.).

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet die am 13.10.2006 von den Tarifvertragsparteien unterzeichnete Vereinbarung über die Gewährung eines einmaligen Aufwandes gemäß Ziffer 3.1. des Verhandlungsergebnisses vom 05.10.2006 Anwendung. Diese Vereinbarung sieht die Gewährung eines einmaligen Versorgungsaufwandes für eine betriebliche Zusatzversorgung (Beteiligungsrente II) in Höhe von 6.279,00 Euro vor. Nach Ziffer 2.6 der Vereinbarung kann auf Antrag der Beschäftigten anstelle des einmaligen Versorgungsaufwandes eine finanzielle Abgeltung in Höhe von 5.000,00 Euro brutto erfolgen. Einen entsprechenden Antrag stellte die Klägerin innerhalb der in der Vereinbarung vorgesehenen Frist bis zum 30.11.2006 nicht. Beschäftigte, für die die Geltungsdauer der neuen Arbeitszeitregelung erkennbar kürzer als fünf Jahre beträgt, (z. B. auf Grund von Aufhebungsverträgen, altersbedingten Ausscheidens, Wechsel in Altersteilzeit...

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