Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsrentenanpassung. Anpassung einer Betriebsrente. Abweichung vom Anpassungsmodell

 

Leitsatz (redaktionell)

§ 16 Abs. 2 Nr. 2 BetrAVG nF verbietet nicht eine konzernweit ermittelte, einheitliche reallohnbezogene Obergrenze. Bei der Bewertung eines von § 16 Abs. 2 Nr. 2 BetrAVG abweichenden Anpassungsmodells ist von wesentlicher Bedeutung, inwieweit es sich in die Gesamtkonzeption des Versorgungswerks einfügt und den Interessen der Versorgungsempfänger Rechnung trägt.‹

 

Normenkette

BetrAVG §§ 16, 16 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Hannover (Entscheidung vom 17.06.2011; Aktenzeichen 7 Ca 86/11 B)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 18.03.2014; Aktenzeichen 3 AZR 249/12)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 17. Juni 2011 - 7 Ca 86/11 B - teilweise abgeändert, soweit die Beklagte zur Zahlung von Zinsen ab 1. August 2008 bis zur Rechtskraft der Entscheidung über den Zahlungsantrag verurteilt wurde. Insoweit wird die Klage abgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten der Berufung zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte zu einer höheren Anpassung der Betriebsrente des Klägers verpflichtet ist.

Der Kläger war langjähriger Mitarbeiter der Beklagten und zuletzt in deren Niederlassung in A-Stadt beschäftigt. Er bezieht seit dem 1. Juli 2005 von der Beklagten eine Betriebsrente, die anfangs 1.905,59 € monatlich betrug. Die Beklagte passte diese Betriebsrente zum 1. Juli 2008 um 1,57 % an und stellte hierbei auf die Nettolohnentwicklung der Mitarbeiter bestimmter Unternehmen des Konzerns mit Ausnahme der "Executives" für die Zeit vom 1. Januar 2005 bis zum 31. Dezember 2007 ab. Seither beträgt die monatliche Betriebsrente des Klägers 1.935,59 €. Die Verbraucherpreise stiegen in dem Zeitraum vom 01. Juli 2005 bis zum 30. Juni 2008 um 7,2 %.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Anpassungsentscheidung der Beklagten vom 1. Juli 2008 sei unverbindlich. Die Beklagte habe die Nettolohnentwicklung im Konzern in der Zeit vom 1. Januar 2005 bis 31. Dezember 2007 berücksichtigt. Der Prüfungszeitraum reiche nicht unmittelbar an den Prüfungszeitpunkt (1. Juli 2008) heran. Er sei daher falsch gewählt.

Die Anpassungsentscheidung sei auch deshalb unverbindlich, weil die Beklagte auf die Nettolohnentwicklung im Konzern abgestellt habe. Das sei nur möglich, wenn sich die Nettolöhne in allen zum Konzern gehörenden Unternehmen gleichförmig entwickelt hätten. Im Konzern gäbe es keine einheitliche Vergütungs- und Versorgungsstruktur. Eine ungünstigere Nettolohnentwicklung in einem anderen Konzernunternehmen brauche er nicht hinzunehmen.

Schließlich habe die Beklagte keine vergleichbaren Arbeitnehmergruppen gebildet. Die Gruppenbildung sei vorgeschrieben, weil nur so ein sachlicher Zusammenhang zwischen den Versorgungsbezügen des Rentners und der Nettolohnentwicklung hergestellt werde. Die Beklagte habe - mit Ausnahme der Executives - alle Arbeitnehmer "in einen Topf" geworfen. Er werde daher mit der Lohnentwicklung für Geringverdiener oder Teilzeitbeschäftigte verglichen.

Da die Anpassungsentscheidung der Beklagten unverbindlich sei, könne er eine Anpassung nach Maßgabe des Verbraucherpreisindex verlangen.

Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger

1. rückständige Betriebsrente für die Zeit vom 1. Juli 2008 bis 31. Mai 2011 (35 Monate) in Höhe von 3.752,00 € zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 107,20 € seit dem 1. August 2008 und aus jeweils weiteren 107,20 € seit dem jeweils Ersten der Folgemonate,

2. ab 1. Juni 2011 eine gegenüber dem von der Beklagten angenommenen Zahlbetrag von 1.935,59 um 107,20 € höhere monatliche Betriebsrente von monatlich insgesamt 2.042,59 € zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen, sie habe den Reallohn unter Zugrundelegung sämtlicher Gehaltseinzeldaten aller Mitarbeiter des Konzerns zu Beginn und am Ende des dreijährigen Betrachtungszeitraums ermittelt. Am Ende des Jahres 2004 seien im Konzern in Deutschland 18.572 Mitarbeiter beschäftigt gewesen. Diese hätten ein durchschnittliches Jahreseinkommen von 60.716,00 € erzielt. Die am Ende des Jahres 2007 beschäftigten 17.164 Beschäftigten hätten ein durchschnittliches Jahresbruttoeinkommen von 60.479,00 € erzielt. Die gesunkenen Bruttobezüge (- 0,39 %) seien beispielsweise darauf zurückzuführen, dass für die Tarifangestellten freiwillige Leistungen, wie zusätzliches Urlaubsgeld, entfallen seien. Weitere Einflüsse könnten in Veränderungen in der Mitarbeiterstruktur oder Verringerung variabler Vergütungsbestandteile liegen. Lege man ausschließlich die Daten der Beklagten zugrunde, bleibe das Bild im Wesentlichen unverändert. Auch hier sei eine Einkommensabsenkung zu verzeichnen, nämlich von 63.956,00 € auf 63.822,00 €. Dies entspreche einer Verringerung um 0,21 %, bewege sich also im Rahmen dessen, was sich in der gesamten Unte...

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