Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitnehmerkündigung, Abmahnung

 

Leitsatz (amtlich)

Auch der Arbeitnehmer muss vor Ausspruch einer wirksamen außerordentlichen Kündigung den Arbeitgeber erfolglos abmahnen.

 

Normenkette

BGB § 626

 

Verfahrensgang

ArbG Osnabrück (Urteil vom 26.06.2002; Aktenzeichen 4 Ca 236/02)

 

Tenor

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Osnabrück vom 26.06.2002 – 4 Ca 236/02 – wird kostenpflichtig nach einem Wert von 5.118,65 EUR zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darum, ob der Beklagte Provisionsvorschüsse zurückzahlen muss.

Der 1961 geborene Beklagte war vom 01.04.1998 bis zum 31.12.2001 als Außendienstmitarbeiter im Geräteverkauf im Anstellungsverhältnis bei der Klägerin tätig. Er verdiente zwischen 30.000,00 und 40.000,00 EUR brutto im Jahr. Das monatliche Fixum betrug 1.278,23 EUR brutto. § 12 des Anstellungsvertrages, auf den Bezug genommen wird (Bl. 5 bis 9 d. A.), lautet:

§ 12

Rückzahlung von Vorschüssen und Darlehn

Im Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch offene Restbeträge von Vorschüssen und Darlehn werden bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses zur Rückzahlung fällig; es sei denn, K. hat aus betriebsbedingten Gründen das Arbeitsverhältnis gekündigt oder der G. hat ausdrücklich wegen eines zur außerordentlichen Kündigung berechtigten Grundes gekündigt.

Auf ärztlichen Rat kündigte der Beklagte, nachdem er vom 02.10.2001 an für zwei Wochen arbeitsunfähig krankgeschrieben worden war, am 30.10.2001 das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 31.12.2001. Als Kündigungsgrund gab er an:

Die Gründe für mein Ausscheiden sind persönlicher, vor allem jedoch gesundheitlicher Art.

Hinsichtlich der gesundheitlichen Beschwerden des Klägers wird Bezug genommen auf das ärztliche Attest vom 25.06.2002 (Bl. 82 bis 84 d. A.). Weil der Beklagte noch 39 Tage Resturlaub hatte, wurde er nach Ausspruch der Kündigung für die Klägerin nicht mehr tätig.

Die Klägerin rechnete das Arbeitsverhältnis unter dem 22.01.2002 ab und machte die rechnerisch und dem Grunde nach unstreitige Klagforderung von 5.118,65 EUR gegenüber dem Beklagten geltend. Auf die Abrechnung (Bl. 14 bis 16 d. A.) wird Bezug genommen. Der Beklagte lehnte mit Schreiben vom 22.02.2002 den Anspruch der Klägerin ab.

Mit ihrer am 25.03.2002 erhobenen Klage begehrt die Klägerin Rückzahlung der nicht verdienten Vorschüsse.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 26.06.2002, auf das zur näheren Sachdarstellung Bezug genommen, den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Gegen dieses ihm am 12.07.2002 zugestellte Urteil wendet sich der Beklagte mit seiner am 16.07.2002 eingelegten und am 12.09.2002 begründeten Berufung.

Der Beklagte ist der Auffassung, er habe aus einem ihn zur außerordentlichen Kündigung berechtigenden Grund das Arbeitsverhältnis gekündigt. Insoweit verweist er auf das ärztliche Attest vom 25.06.2002. Er behauptet, er habe wiederholt im Verlauf des Jahres 2001 den Vertriebsleiter und die leitende Angestellte Kl. darauf hingewiesen, dass er die Belastung gesundheitlich nicht mehr aushalten könne. Kurz nach Ausspruch der Kündigung habe er telefonisch der leitenden Angestellten Kl. die Gründe seiner Kündigung dargelegt. Diese habe darauf erklärt, dass in Anbetracht der Situation der Beklagte nicht mit der Rückforderung von Vorschüssen gemäß § 12 des Arbeitsvertrages in Anspruch genommen werde.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Osnabrück vom 26.06.2002 – 4 Ca 236/02 – abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin behauptet, Anlass der Kündigung sei der beabsichtigte Umzug des Beklagten nach F. gewesen. Auf seine gesundheitlichen Probleme habe er die Klägerin nie hingewiesen.

Das Gericht hat gemäß Beweisbeschluss vom 17.01.2003, auf den Bezug genommen wird (Bl. 108 d. A.), Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin K.. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll vom 17.01.2003 (Bl. 109 bis 112 d. A.) Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist statthaft, sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und somit zulässig (§§ 64, 66 ArbGG, §§ 519, 520 Abs. 3 ZPO). Sie ist jedoch unbegründet. Der Beklagte ist gemäß § 12 Arbeitsvertrag zur Rückzahlung der nicht verdienten Vorschüsse verpflichtet.

I. Es kann dahinstehen, ob § 12 des Arbeitsvertrages dahin auszulegen ist, dass es ausreicht, wenn die Kündigung durch den Arbeitnehmer – sei es auch unter Wahrung der vertraglichen Kündigungsfrist – aus einem zur außerordentlichen Kündigung berechtigenden Grund erfolgt. Der Beklagte hatte nämlich keinen ihn zu einer außerordentlichen Kündigung berechtigtenden Grund.

1. Allerdings war ihm die Kündigung durch seinen behandelnden Arzt aus gesundheitlichen Gründen dringend angeraten worden. Dies hat der Beklagte durch das ärztliche Attest vom 25.06.2002 (Bl. 82 bis 84 d. A.) belegt. Dies allein reicht jedoch für eine wirksame außerordentliche Kündigung nicht aus. Auch der Arbei...

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