Entscheidungsstichwort (Thema)
Dienstordnungsangestellte. Anwendbarkeit des Beamtenrechts für Bundes- oder Landesbeamte
Leitsatz (amtlich)
Für die Frage, ob es sich bei einer Ortskrankenkasse um eine bundesunmittelbare Körperschaft handelt, die verpflichtet ist, alle Versorgungs- und sonstigen Leistungen (hier: für einen ehemaligen Dienstordnungsangestellten) nach Bundesrecht zu gewähren, kommt es auf den in der Satzung festgelegten Zuständigkeitsbereich an.
Bezieht sich dieser auf ein einziges Bundesland, gilt das jeweilige Landesrecht. Das gilt auch nach einer Fusion mit einer früheren Betriebs- und Innungkkasse, die für Regionen in mehreren Bundesländern zuständig war.
Normenkette
GG Art. 87 Abs. 2; 2. BesVNG Art. VIII § 1
Verfahrensgang
ArbG Hannover (Urteil vom 17.03.2011; Aktenzeichen 4 Ca 367/10 Ö) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts C-Stadt vom 17.03.2011 – 4 Ca 367/10 Ö – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Höhe der an den Kläger ab April 2010 zu zahlenden Versorgungsbezüge sowie Erstattung erhöhter Krankenversicherungskosten.
Der Kläger war als Direktor bei der KRANKENKASSE A-Stadt beschäftigt. Mit Wirkung zum 01.01.2004 fusionierte sie mit der KRANKENKASSE Niedersachsen zur „neuen” KRANKENKASSE Niedersachsen, ebenfalls einem bundesunmittelbaren Sozialversicherungsträger.
Der Kläger wurde zwischenzeitlich in den Ruhestand versetzt und erhielt Versorgungsbezüge nach den Vorschriften für Bundesbeamte.
Zum 01.04.2010 fusionierte die KRANKENKASSE Niedersachsen mit der ehemaligen C. Niedersachsen zur Beklagten. Die Beklagte ist nunmehr auch zuständig für die ehemaligen Mitglieder der KRANKENKASSE Niedersachsen, die sich neben der Region Niedersachsen auf fünf weitere Regionen verteilen. Der Anteil der ehemaligen Mitglieder der KRANKENKASSE Niedersachsen an der Gesamtmitgliederzahl der Beklagten beträgt ca. 10 %. In der Folgezeit teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass nunmehr in ihrer Dienstordnung die Anwendung des Landesrechts Niedersachsen geregelt sei. Er erhalte daher ab April 2010 Bezüge und Beihilfeleistungen nach niedersächsischem Landesrecht.
Der Kläger habe die Ansicht vertreten, er habe gemäß § 164 Abs. 2 SGB V einen Anspruch auf Gewährung von Beihilfeleistungen nach Bundesrecht. Die Beklagte sei nach Artikel 87 II GG eine bundesunmittelbare Körperschaft. Zudem sei sie aus Gründen der Besitzstandswahrung verpflichtet, weiterhin die ursprüngliche Bruttoversorgung zu gewähren. Die Beklagte müsse ihm darüber hinaus die durch die Anwendung des Niedersächsischen Beihilferechts entstehenden zusätzlichen monatlichen Krankenversicherungskosten in Höhe von 117,60 EUR erstatten.
Der Kläger hat beantragt,
- es wird festgestellt, dass die Beklagte weiterhin verpflichtet ist, ab April 2010 an den Kläger eine monatliche Bruttoversorgung in Höhe von 3.517,62 EUR zu zahlen.
- es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger ab Juli 2010 eine monatliche Zahlung in Höhe von 117,60 EUR wegen erhöhter Krankenversicherungskosten zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Ansicht vertreten, mit der Fusion sei sie in die Rechte und Pflichten der bisherigen Krankenkassen eingetreten. Damit seien auch die bisherigen Dienstordnungen beider Träger außer Kraft getreten.
Durch Urteil vom 17.03.2011 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen und dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen. Das Urteil ist dem Kläger am 07.04.2011 zugestellt worden. Er hat hiergegen am 20.04.2011 Berufung eingelegt und diese am 06.06.2011 begründet.
Der Kläger ist der Ansicht, unzutreffend nehme das Arbeitsgericht an, dass es sich bei der Beklagten um eine landesunmittelbare Körperschaft handele. Darüber hinaus ergebe sich der geltend gemachte Anspruch auch aus § 164 Abs. 2 SGB V.
Der Kläger beantragt,
- es wird festgestellt, dass die Beklagte und Berufungsbeklagte weiterhin verpflichtet ist, ab April 2010 an den Kläger und Berufungskläger eine monatliche Bruttoversorgung in Höhe von 3.517,62 EUR zu zahlen
- es wird festgestellt, dass die Beklagte und Berufungsbeklagte verpflichtet ist, an den Kläger und Berufungskläger ab Juli 2010 eine monatliche Zahlung in Höhe von 117,60 EUR wegen der erhöhten Krankenversicherungskosten zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Ansicht, sie sei eine landesunmittelbare Körperschaft. Die Region, für die sie bestehe, sei in § 1 Abs. 2 der Satzung festgelegt. Die Zuständigkeit erstrecke sich damit nur auf das Gebiet eines Bundeslandes. Die KRANKENKASSE Niedersachsen habe mit Wirksamwerden der Fusion ihre Existenz ebenso verloren wie die frühere C. Niedersachsen. An die Stelle der Verschmelzungsmitglieder sei sie (die Beklagte) getreten. Ihre Kassenartzugehörigkeit im Rahmen der Fusion sei festgelegt: Sie sei eine allgemeine Ortskrankenkasse. Dami...