Entscheidungsstichwort (Thema)

Verjährung von Urlaubsabgeltungsansprüchen. Kein Ansatz einer unionsrechtlichen Auslegung des § 7 Abs. 4 BUrlG bei Verletzung der Mitwirkungsobliegenheit des Arbeitgebers an der Urlaubsnahme des Arbeitnehmers

 

Leitsatz (amtlich)

Urlaubsabgeltungsansprüche unterliegen den Vorschriften der Verjährung gem. §§ 195 BGB, Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber seiner Mitwirkungsobliegenheit nicht (ausreichend) nachgekommen ist. Die nationale Rechtslage ist eindeutig und einer europarechtskonformen Auslegung nicht zugänglich.

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Anspruch auf Urlaubsabgeltung unterliegt als reiner Geldanspruch der Verjährungseinrede. Dies gilt auch für den Fall, dass der Arbeitgeber seine Mitwirkungsobliegenheit für eine Urlaubsnahme des Arbeitnehmers nicht erfüllt haben sollte. Soweit es höchstrichterliche Rechtsprechung bezüglich einer unionsrechtskonformen Auslegung des § 7 Abs. 1 BUrlG gibt, gilt diese nur für eine Verschiebung des Verfalls des Urlaubsanspruchs, nicht aber für einen Urlaubsabgeltungsanspruch. Die nationale Rechtslage ist insoweit eindeutig und einer richtlinienkonformen Auslegung nicht zugänglich. Auch enthält die Richtlinie RL 2003/88/EG keine Vorgaben zur Problematik der Verjährung eines Zahlungsanspruchs.

 

Normenkette

BGB §§ 195 ff.; BUrlG § 7 Abs. 4; RL 2003/88/EG Art. 7 Abs. 1; GG Art. 20 Abs. 3; BUrlG § 7 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Hannover (Entscheidung vom 11.03.2020; Aktenzeichen 9 Ca 188/19)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 31.01.2023; Aktenzeichen 9 AZR 456/20)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 11.03.2020 - 9 Ca 188/19 - teilweise abgeändert:

Es wird festgestellt, dass zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1 ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis als Ausbildungsleiter, Leiter praktische Ausbildung und Leiter theoretische Ausbildung vom 09.06.2010 bis zum 19.10.2015 bestanden hat.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen, wobei klargestellt wird, dass der Beschäftigungsantrag weder erstinstanzlich noch zweitinstanzlich zur Entscheidung angefallen ist.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung hat der Kläger zu tragen.

Soweit es den Berufungsantrag zu Ziffer 7 anbelangt (Urlaub), wird die Revision zum Bundesarbeitsgericht für den Kläger zugelassen. Im Übrigen wird die Revision nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer fristlosen, hilfsweise ordentlichen Kündigung, die Qualifizierung des Vertragsverhältnisses als Arbeitsverhältnis und über die Gewährung von Urlaub, hilfsweise Urlaubsabgeltung.

Der Kläger ist seit 2009 für die Beklagte als Fluglehrer und Pilot tätig gewesen. Von Juli 2009 bis November 2009 nahm er die Aufträge der Beklagten zu 1. für die C.-K. wahr, die er mit seiner damaligen Ehefrau betrieb. Im Namen der C.-K. stellte er der Beklagten zu 1. die entsprechenden Tätigkeiten in Rechnung. Er gründete im Januar 2010 die G. F. S. UG, die u.a. Pilotentätigkeiten und Fluglehrertätigkeiten anbot. Die Beklagte zu 1. beauftragte die UG, für die der Kläger entsprechend Rechnungen stellte.

Ob der Kläger auch jemals für die Beklagte zu 2. tätig war, ist zwischen den Parteien streitig.

Die Beklagte zu 1. und der Kläger unterzeichneten 9. Juni 2010 einen "Anstellungsvertrag mit einem leitenden Angestellten". Danach übernahm der Kläger folgenden Positionen:

Leiter Ausbildungsleiter Flugschule

Leiter praktische Ausbildung

Leiter theoretische Ausbildung

Die Vergütungsregelung sah ein monatliches Gehalt in Höhe von 6.100,00 Euro brutto vor. § 4 bestimmte zu Gunsten des Klägers einen jährlichen Urlaub von 30 Arbeitstagen.

Aufgrund dieses Vertrages erhielt die Beklagte zu 1. eine Genehmigung für den Kläger als Leiter in Vollzeit durch das Luftfahrtbundesamt.

Im Folgenden war der Kläger jedenfalls für die Beklagte zu 1. als Ausbildungsleiter Flugschule, Leiter praktischer Ausbildung und Leiter theoretischer Ausbildung sowie als Pilot tätig. Die Beklagte zu 1. legte die Flugstrecke und die Flugzeiten fest. Sie führte den Kläger in Dienstplänen auf, nachdem er zuvor monatlich per E-Mail mitteilte, an welchen Tage keine Flugeinsätze erfolgen sollten. Er leistete auch Bereitschaftsdienste.

Zu der Tätigkeit der Beklagten zu 1. im Rahmen des Betreibens der Flugschule verhält sich das Betriebshandbuch. Dieses Betriebshandbuch legt die Ausbildung fest und enthielt den Hinweis, dass jede Abweichung von festgeschriebenen Verfahren der schriftlichen Zustimmung des Klägers bedürfe. Es regelt die Zeiten der Ausbildung und die Modalitäten der Ausbildung der Flugschüler. Es wies dem Kläger für die Bereiche Flugbetrieb und Theorie die Verantwortung für bestimmte Aufgaben zu. In dem Organigramm erschien der Kläger unterhalb der Geschäftsleitung. Auch bestimmte dieses Betriebshandbuch, dass der Kläger selbst durch einen von ihm geeigneten, entsprechend qualifizierten und von ihm benannten Ausbilder vertreten wird. Wegen weiterer Einzelheiten des Betriebshandbuches wird a...

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