Entscheidungsstichwort (Thema)

Feststellung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine vorübergehende Betriebsunterbrechung aus Witterungsgründen berechtigt nicht zu einer betriebsbedingten Kündigung wegen Betriebsstillegung. Der Arbeitgeber kann in diesen Fällen nur wirksam kündigen, wenn er dem Arbeitnehmer eine verbindliche Wiedereinstellungszusage erteilt.

2. Wenn in einem Vorprozeß rechtskräftig über Kündigungsgründe zu Ungunsten des Arbeitgebers entschieden ist, kann eine nachfolgende Kündigung nicht auf die selben Gründe gestützt werden. Dem steht die Präklusionswirkung des Urteils im Vorprozeß entgegen.

 

Normenkette

KSchG § 1 Abs. 2; ZPO § 322

 

Verfahrensgang

ArbG Oldenburg (Oldenburg) (Urteil vom 08.04.1994; Aktenzeichen 2 Ca 31/94)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 08.04.1994, 2 Ca 31/94, wird zurückgewiesen.

Der Auflösungsantrag der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 9.256,50 DM festgesetzt.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich mit der vorliegenden Klage gegen eine ordentliche Kündigung vom 23.12.1993, die nach Auffassung der Beklagten das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von 21 Kalendertagen gemäß § 5 des … zum 13.01.1994 beendet hat. Die Beklagte stützt die Kündigung auf betriebsbedingte Gründe und auf personenbedingte Gründe (Krankheit). Zweitinstanzlich hat die Beklagte einen Auflösungsantrag gestellt.

Bereits mit Schreiben vom 13.10.1993 hat die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers zum 15.11.1993 gekündigt, und zwar ebenfalls gestützt auf betriebsbedingte Gründe und Krankheit. Durch Urteil des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 08.04.1994, 2 Ca 709/93, ist die Unwirksamkeit dieser Kündigung festgestellt worden. Das Urteil ist nach Berufungsrücknahme rechtskräftig geworden. Auf das arbeitsgerichtliche Urteil in der beigezogenen Akte 2 Ca 709/93 wird Bezug genommen.

Der 1950 geborene Kläger war seit Mai 1987 bei der Beklagten als Maschinenführer zu einem Stundenlohn von 18,15 DM beschäftigt. Die Beschäftigung war in den Wintern 1991/1992 und 1992/1993 für jeweils 14 Tage unterbrochen.

Die Beklagte unterhält einen Betrieb des Elektrohandwerks. Neben Servicearbeiten in geringem Umfang befaßt sie sich schwerpunktmäßig mit Kabel- und Rohrverlegungen für Stromversorgungsunternehmen und Telekom. Kabel- und Rohrverlegungsarbeiten müssen nach den Anweisungen der Auftraggeber bei Temperaturen ab Null Grad und niedriger eingestellt werden. Es kommt deshalb in den Wintermonaten regelmäßig zu Betriebsunterbrechungen.

Die Beklagte hatte nach eigenen Angaben im Herbst 1993 112 Arbeitnehmer beschäftigt, die bis zum 13.01.1994 mit Ausnahme von 18 Arbeitnehmern entlassen wurden. Die verbleibenden Arbeitnehmer sind, so die Beklagte, mit Ausästungsarbeiten und Ausbesserungsarbeiten befaßt. Aus Arbeitsbescheinigungen (Bl. 34 f. d. beigezogenen Akte) geht hervor, daß beginnend ab 15.11.1993 bis in den Januar hinein der Personalabbau stufenweise erfolgte. Bezug genommen wird außerdem auf die Massenentlastungsanzeigen, Bl. 72 f. d. beigezogenen Akte. Von den im Winter 1993/1994 entlassenen Arbeitnehmern sind nach Beklagtenvortrag 11 nicht wieder eingestellt worden, ähnlich sei in den Vorjahren verfahren worden. Auf die Aufstellung im Schriftsatz vom 29.11.1994, Bl. 118 r. d. A., wird Bezug genommen. Der Kläger wurde nicht wieder eingestellt, eine Wiedereinstellungszusage wurde ihm nicht erteilt.

Der Kläger war arbeitsunfähig erkrankt 1990 an 30 Arbeitstagen, 1991 an 35 Arbeitstagen, 1992 an 31 Arbeitstagen und 1993 an 46 Arbeitstagen. Auf die Aufstellung der Beklagten, Bl. 17 der beigezogenen Akte wird Bezug genommen.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, weder betriebliche Erfordernisse noch die krankheitsbedingten Fehlzeiten könnten die ausgesprochene Kündigung rechtfertigen. Er hat beantragt,

festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 23.12.1993 nicht aufgelöst worden ist, sondern fortbesteht.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, mit Frosteinbruch sei eine Beschäftigungsmöglichkeit für den Kläger entfallen. Weiterbeschäftigt werden könnten nur Mitarbeiter der Kernmannschaft, die vielseitig verwendbar seien, dazu gehöre der Kläger nicht. Im übrigen habe sie einen Auftragsrückgang von ca. 20 Prozent zu verzeichnen. Der Dezemberumsatz 1992 habe 1.363.963,94 DM betragen und sei im Dezember 1993 auf 969.637,19 DM gesunken. Der Gesamtjahresumsatz 1992 habe 9.710.107,86 DM betragen und sei 1993 auf 8.409.029,06 DM gesunken. Die Kündigung sei im übrigen aus krankheitsbedingten Gründen gerechtfertigt. Die Vielzahl der Fehltage in der Vergangenheit rechtfertige den Schluß, daß auch in Zukunft mit erheblichen Fehlzeiten zu rechnen sei. Der Ausfall des Klägers habe auch zu betrieblichen Störungen geführt, die Arbeitnehmer seien in Kolonnen eingeteilt, es habe deshalb zu Schwierigkeiten geführt, jeweils Ersat...

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