Entscheidungsstichwort (Thema)

Höchstbegrenzung der anrechenbaren Dienstzeit. Diskriminierung wegen des Alters

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Regelung in einer Versorgungsordnung, die eine Höchstbegrenzung der maximal anrechenbaren Dienstzeit vorsieht, verstößt nicht gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 i.V.m. § 1 AGG.

 

Normenkette

BetrAVG § 2 Abs. 1 S. 1; AGG § 7 Abs. 1, § 1

 

Verfahrensgang

ArbG Osnabrück (Urteil vom 22.04.2008; Aktenzeichen 3 Ca 1081/07)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 19.07.2011; Aktenzeichen 3 AZR 571/09)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts C-Stadt vom 22.04.2008 – 3 Ca 1081/07 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe der unverfallbaren Anwartschaft aus einer betrieblichen Altersversorgung.

Der am 00.00.1951 geborene Kläger war in dem Zeitraum vom 01.04.1973 bis zum 29.02.2004 bei der Beklagten beschäftigt. Für das Arbeitsverhältnis der Parteien galt eine Versorgungsordnung in der Fassung vom 01.07.1988. Diese enthält u. a. folgende Regelungen:

VII. Höhe des Ruhegeldes

1.

Das monatliche Ruhegeld (Altersrente, vorzeitige Altersrente oder Invalidenrente) beträgt

• für jedes zurückgelegte rentenfähige Dienstjahr (IX 2)

8,00 DM

• höchstens jedoch für 25 und mehr zurückgelegte rentenfähige Dienstjahre

200,00 DM

XI. Unverfallbarkeit

1.

Diese Versorgungsordnung schränkt das Recht der Kündigung des Arbeitsverhältnisses zur Firma nicht ein.

2. a)

Hat das Arbeitsverhältnis zur Firma geendet, ohne daß ein Anspruch nach dieser Versorgungsordnung erworben wurde, bleibt eine Anwartschaft auf Firmenrente in dem im Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vorgeschriebenen Umfang aufrechterhalten. Sind dagegen bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zur Firma die gesetzlichen Voraussetzungen für die Aufrechterhaltung der Anwartschaft nicht erfüllt, so erlischt die Anwartschaft. Ein Anspruch auf Firmenrente kann dann nicht mehr entstehen.

Nach seinem Ausscheiden aus dem Betrieb erstellte die Beklagte für den Kläger eine Berechnung der unverfallbaren Anwartschaft auf Altersrente, und zwar über einen Betrag in Höhe von 73,92 EUR für eine ab dem 65. Lebensjahr zu zahlende Altersrente.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, nach Einführung des AGG sei die vorgenommene Berechnung nach dem Quotierungsverfahren nicht mehr zulässig. Die Rentenkürzung beruhe allein auf den Umstand, dass er sein Beschäftigungsverhältnis als jüngerer Mensch begonnen und die mindestens 25jährige Beschäftigungszeit für die Vollrente nicht am Ende des Arbeitslebens gelegen habe. Das sei eine Benachteiligung wegen des Alters. Jüngere Menschen müssten trotz gleicher Zugehörigkeit zum Betrieb deutlich höhere Abschläge zur höchstmöglichen Betriebsrente hinnehmen. Damit zählten Beschäftigungszeiten im Alter deutlich stärker als bei jüngeren Beschäftigten.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass hinsichtlich der ihm zugesagten Betriebsrente bei der unverfallbaren Anwartschaft ein Unverfallbarkeitsfaktor von 100 % zugrunde zu legen ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, das AGG sei auf Fälle des Betriebsrentenrechts nicht anzuwenden. Die Versorgungsordnung würdige die Betriebstreue derjenigen Mitarbeiter, die dem Unternehmen vom Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bis zum Eintritt in das Rentenalter verbunden seien. Die ratierliche Kürzung orientiere sich nicht am absoluten Lebensalter, sondern an dem Verhältnis von konkreter Betriebszugehörigkeit zur theoretisch möglichen Betriebszugehörigkeit bezogen auf den Beginn des Arbeitsverhältnisses.

Durch Urteil vom 22.04.2008 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen und dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 65 – 68 d. A.) verwiesen. Das Urteil ist dem Kläger am 16.06.2008 zugestellt worden. Er hat hiergegen am 02.07.2008 Berufung eingelegt und diese am 08.08.2008 begründet.

Der Kläger ist der Ansicht, nach der Richtlinie 2000/78 EG sei auch eine mittelbare Diskriminierung wegen des Alters verboten. Die Versorgungsordnung führe dazu, dass ein Arbeitnehmer, der mit 25 Jahren in den Betrieb eintrete, eine weitaus längere Betriebszugehörigkeit erreichen müsse, um eine volle unverfallbare Anwartschaft zu erreichen, als derjenige, der erst mit dem 40. Lebensjahr das Arbeitsverhältnis aufnehme.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Osnabrück vom 22.04.2008, Aktenzeichen 3 Ca 1081/07, die Beklagte zu verurteilen, hinsichtlich der dem Kläger zugesagten Betriebsrente bei der unverfallbaren Anwartschaft einen Unverfallbarkeitsfaktor von 100 % zugrunde zu legen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, durch die getroffene Regelung solle die Betriebstreue honoriert werden. Diese definiere sich aber nicht nur über die Dauer der Betriebszugehörigkeit, sondern auch über den Zeitpunkt des Au...

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