Entscheidungsstichwort (Thema)

Befugnis des Arbeitgebers zur einseitigen Anordnung von Freizeitausgleich zwecks Abgeltung von Bereitschaftsdienstentgelten

 

Leitsatz (amtlich)

1. § 46 Abs.5 TVöD BT-K a.F. beinhaltet eine Rechtsgrundverweisung auf § 10 Abs.3 TVöD

2. Die Erforderlichkeit der einseitigen Anordnung von Freizeitausgleich für geleistete Bereitschaftsdienste zur Einhaltung der Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes, Ruhe zeiten nach § 5 ArbZG, durch den Arbeitgeber iSv § 46 Abs.7 TVöD BT-K n.F. ist zu verneinen, wenn der Arbeitgeber bei der Anordnung dieser Bereitschaftsdienste zuvor selbst gegen das Arbeitszeitgesetz verstoßen hat.

 

Normenkette

TVöD BT-K § 46 Abs. 5; TVöD BT-K § 46 Abs. 7 T

 

Verfahrensgang

ArbG Lüneburg (Urteil vom 09.11.2007; Aktenzeichen 1 Ca 294/07)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 17.12.2009; Aktenzeichen 6 AZR 716/08)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung seines weitergehenden Rechtsmittels das Urteil des Arbeitsgerichts Lüneburg vom 09.11.2007 – 1 Ca 294/07 – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.607,76 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.07.2007 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu 30 % und die Beklagte zu 70 % zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte dazu verpflichtet ist, dem Kläger mit Freizeit ausgeglichene Bereitschaftsdienste zu vergüten.

Der am 00.00.1948 geborene Kläger ist seit Januar 1987 bei der Beklagten als Krankenpfleger beschäftigt.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden kraft beiderseitiger Verbandszugehörigkeit der TVöD und die diesen ergänzenden Vorschriften Anwendung. Die Vergütung des Klägers erfolgt nach Entgeltgruppe 8 a Stufe 6 TVöD mit einem Grundentgelt in Höhe von 2.591,45 EUR brutto monatlich. Der Kläger ist im Schichtdienst bei einer regelmäßigen tariflichen Wochenarbeitszeit von 38,5 Stunden für die Beklagte tätig. Er ist Mitglied des im Hause der Beklagten gewählten Betriebsrates.

Die Beklagte erstellt Dienstpläne, in denen folgende Schichten enthalten sind:

F (1) = 8.00 Uhr – 16.12 Uhr = 7,7 Stunden

S = 15.48 Uhr – 23.49 Uhr mit anschließendem Bereitschaftsdienst bis 8.00 Uhr am nächsten Tag

F = 8.00 Uhr – 16.12 Uhr mit anschließendem Bereitschaftsdienst bis 8.00 Uhr am nächsten Tag

BD = Bereitschaftsdienst

Fz = Freizeitausgleich nach Bereitschaftsdienst

Immer dann, wenn der Kläger dienstplanmäßig in einer F- oder S-Schicht eingesetzt worden ist, hat die Beklagte ihm dienstplanmäßig für den darauffolgenden Tag Freizeitausgleich (Fz) zugewiesen. Wegen der Einzelheiten des Dienstplans des Klägers für den Zeitraum von Oktober 2005 bis Februar 2007 wird auf Blatt 1 bis 17 des Anlagenkonvoluts zur Klageschrift verwiesen.

Da in den Bereitschaftsdiensten des Klägers mehr als 25 % bis zu 40 % Arbeitsleistungen angefallen sind, bewertet die Beklagte diese gemäß § 46 Abs. 1 TVöD BT-K mit 40 %. Aufgrund der Anzahl der Bereitschaftsdienste innerhalb eines Kalendermonats ergibt sich eine zusätzlich zu bewertende Arbeitszeit von 25 %, so dass die Bereitschaftsdienste mit 65 % vergütet werden. Von diesen so bewerteten Bereitschaftsdienstzeiten hat die Beklagte für jeden Tag der Freizeitgewährung 7,7 Stunden abgesetzt. Die dann verbleibenden Stunden hat sie mit einem Stundenlohn in Höhe von 17,34 EUR brutto vergütet, wobei die Bereitschaftsdienste jeweils mit der Gehaltsabrechnung für den übernächsten Monat nach der Leistung der Bereitschaftsdienste abgerechnet worden sind. Wegen des Umfangs der vergüteten Bereitschaftszeiten wird auf die Verdienstabrechnungen für die Monate Dezember 2005 bis April 2007 (Bl. 20 bis 62 des Anlagenkonvoluts zur Klageschrift) verwiesen.

Folgende fakturierte Bereitschaftsdienststunden hat die Beklagte nicht vergütet, sondern im Wege des Freizeitausgleiches verrechnet:

Monat, in dem tatsächlich

Freizeitausgleichstage

nicht gezahlte Std.

BD geleistet worden ist

à 7,7 Std.

November 2005

5

38,5

Dezember 2005

5

38,5

Januar 2006

4

30,8

Februar 2006

3

23,1

März 2006

2

15,4

April 2006

4

30,8

Mai 2006

5

38,5

Juni 2006

5

38,5

Juli 2006

2

15,4

August 2006

4

30,8

September 2006

3

23,1

Oktober 2006

5

38,5

November 2006

2

15,4

Dezember 2006

5

38,5

Januar 2007

4

30,8

Februar 2007

3

23,1

Summe:

61

467,7

Die Beklagte hat mit dem Gesamtbetriebsrat unter dem 27.03.2006, 12.04.2007 und 04.03.2008 Rahmenbetriebsvereinbarungen zu Arbeitszeiten und Bereitschaftsdiensten abgeschlossen. Wegen deren Einzelheiten wird auf Blatt 110 bis 160 der Akte verwiesen. Diese legen sämtlichst ausdrücklich fest, dass sie nur in den Abteilungen Anwendung finden, für die mit dem örtlichen Betriebsrat jeweils sog. Anwendungsbetriebsvereinbarungen abgeschlossen worden sind. Für den Arbeitsbereich, in dem der Kläger tätig ist, sind weder entsprechende Anwendungsbetriebsvereinbarungen noch sonstige Betriebsvereinbarungen zu Arbeitszeitkonten, Arbeitszeit und B...

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