Entscheidungsstichwort (Thema)
Befristung. Schulversuch
Leitsatz (amtlich)
1) Zu den Anforderungen an § 14 Abs. 1 Satz Nr. 1 und 7 TzBfG in Anlehung an die ständige Rspr. des BAG.
2) Sonstige sachliche Gründe nach § 14 Abs. 1 S. 1 TzBfG können nicht darin bestehen, dass an den Katalog des § 14 Abs. 1 S. 2 TzBfG geringe Anforderungen zu stellen sind. Allein das Vorliegen eines Schulversuchs begründet keinen sachlichen Grund.
Normenkette
TzBfG § 14 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Hannover (Urteil vom 11.11.2008; Aktenzeichen 7 Ca 241/08 Ö) |
Tenor
Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Arbeitsgerichts B-Stadt vom 11.11.2008, 7 Ca 241/08 Ö, wird mit folgender Maßgabe kostenpflichtig zurückgewiesen:
Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens haben die Klägerin zu ¼, das beklagte Land zu ¾ zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit der Befristung des Arbeitsverhältnisses im Arbeitsvertrag vom 30.06.2005 mit Ablauf des 31.07.2008. Die Klägerin ist seit dem 01.08.2005 bei dem beklagten Land auf Basis eines befristeten Arbeitsvertrages mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden bei einer monatlichen Vergütung in Höhe von ca. 2.700,00 Euro als pädagogische Mitarbeiterin an der Berufsbildenden Schule A-Stadt-L. beschäftigt.
Hintergrund der Befristung ist die Durchführung des Modellversuches „Personalkostenbudgetierung an Schulen” gemäß Genehmigungserlass vom 29.01.2001 des Niedersächsischen Kultusministeriums. Der Modellversuch dienst insbesondere der Erprobung von Möglichkeiten der eigenverantwortlichen Steuerung von Schulen unter der Zielsetzung der Verbesserung der Wirtschaftlichkeit und Leistungsfähigkeit in der Verwaltung der Schulen. Dabei sind in erster Linie Verbesserungen in der Organisation unterrichtlicher und außerunterrichtlicher Maßnahmen durch die Schule selbst, aber auch Effizienzsteigerungen in der staatlichen und kommunalen Schulverwaltung beabsichtigt. Die Schulen sind berechtigt in alleiniger Verantwortung nach Maßgabe des Genehmigungserlasses befristete Arbeitsverträge abzuschließen. Für die Einzelheiten des Genehmigungserlasses wird auf Bl. 36 – 34 d. A. verwiesen. Der Modellversuch war zunächst bis 31.01.2005 befristet und wurde mit Erlass vom 30.06.2004 bis zum 31.07.2008 verlängert, zuletzt durch Erlass vom 21.01.2008 bis 31.12.2010.
Zur personellen Grundausstattung einer berufsbildenden Schule gehört in der Regel die Beschäftigung eines sozial-pädagogischen Mitarbeiters – nach der Behauptung des beklagten Landes auch nur für solche berufsbildenden Schulen, die ein Berufsvorbereitungsjahr anbieten. In der Berufsbildenden Schule L. wurde bereits auf Grund der konkreten Situation vor Ort ein weiterer Schulsozialarbeiter beschäftigt. Die Klägerin ist nunmehr als dritte Schulsozialarbeiterin eingestellt. Die Berufsbildende Schule A-Stadt-L. hat drei Standorte. Eine Zuordnung der Tätigkeit der Klägerin ist nicht erfolgt. Die Standorte befinden sich am B. Ring in A-Stadt, wo sich auch die berufsvorbereitenden Jahrgänge befinden, an der Handelslehranstalt in A-Stadt sowie an dem Standort L.. Die Klägerin arbeitet überwiegend an der Handelslehranstalt in A-Stadt, aber auch am B. Ring.
Die Klägerin hat bereits erstinstanzlich die Auffassung vertreten, die Befristung im Arbeitsvertrag vom 30.06.2005 sei unwirksam. In der mündlichen Verhandlung hat sie nach Rücknahme des Weiterbeschäftigungsantrages zu 2) aus der Klageschrift beantragt,
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht auf Grund der Befristung vom 30.06.2005 mit Ablauf des 31.07.2008 beendet worden ist.
Das beklagte Land hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Nach der schon erstinstanzlich vertretenen Auffassung des beklagten Landes sei die Befristung an § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG zu messen, weil es sich um einen Schulversuch handele.
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 11.11.2008 der Klage stattgegeben, weil für die Befristung im Arbeitsvertrag keine sachlichen Gründe im Sinne des § 14 Abs. 1 TzBfG vorlägen. Das Urteil des Arbeitsgerichts wurde dem beklagten Land am 19.11.2008 zugestellt. Hiergegen hat es mit am 17.12.2008 eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt, die mit am 18.02.2009 eingegangenem Schriftsatz nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist gemäß Beschluss vom 19.01.2009 begründet wurde.
Mit seiner Berufung verfolgt das beklagte Land das erstinstanzliche Ziel der Klageabweisung weiter. Es hält die Befristung des Arbeitsvertrages für wirksam und wiederholt und vertieft die erstinstanzlichen Rechtsauffassungen. Es meint insbesondere, bei dem Modell Personalkostenbudgetierung an allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen in Niedersachsen (PKB) handele es sich um einen Schulversuch gemäß §§ 113 a, 22 NSchG. Würde man im Rahmen der Durchführung eines Schulversuches die Befristung von Arbeitsverträgen nicht zulassen, wären Schulversuche praktisch nicht durchführbar. Hierzu erläutert das beklagte Land, dass der Schulversuch dazu diene, organ...