Entscheidungsstichwort (Thema)
Teilnahme von Betriebsratsmitgliedern an Personalgesprächen
Leitsatz (amtlich)
Der Arbeitgeber hat es zu unterlassen, an Personalgesprächen außerhalb mitbestimmungspflichtiger Angelegenheiten gegen den Willen des betroffenen Arbeitnehmers Mitglieder des Betriebsrates bzw. Personalausschusses teilnehmen zu lassen. Bei der gebotenen Güterabwägung genießt der Schutz des Persönlichkeitsrechtes Vorrang vor den kollektivrechtlich vorgesehenen Beteiligungsrechten des Betriebsrats.
Hat ein Personalgepräch mitbestimmungspflichtige Angelegenheiten zu Gegenstand, kommt dem Informationsrecht des Betriebsrates ein größeres Gewicht zu, so dass der Arbeitnehmer jedenfalls nicht generell den Ausschluss von Betriebsratsmitgliedern verlangen kann.
Der Arbeitgeber hat es ebenfalls zu unterlassen, außerhalb mitbestimmungspflichtigter Vorgänge dem Betriebsrat die vollständige Personalakte eines Arbeitnehmers ohne dessen Genehmigung zur Verfügung zu stellen.
Normenkette
BetrVG § 82 Abs. 1; GG Art. 2 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Hannover (Urteil vom 27.01.2006; Aktenzeichen 7 Ca 467/05) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom27.01.2006 – 7 Ca 467/05 – teilweise abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt es zu unterlassen,
- an Personalgesprächen, die sich auf nicht mitbestimmungspflichtige Tatbestände beziehen, andere Betriebsratsmitglieder als das ggf. vom Kläger hinzugezogene Betriebsratsmitglied zu beteiligen,
- außerhalb mitbestimmungspflichtiger Vorgänge dem Betriebsrat oder seinen Ausschüssen bzw. deren Mitgliedern ohne Genehmigung des Klägers seine Personalakte zur Verfügung zu stellen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
Zu Ziffer 1. des Tenors (Beteiligung an Personalgesprächen) wird die Revision zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten in mehreren Fragen um die Beteiligung des Betriebsrates an Personalangelegenheiten des Klägers.
Der Kläger ist im Werk A-Stadt der Beklagten als gewerblicher Mitarbeiter beschäftigt. Mit Schreiben vom 30.06.2005 (Bl. 6 d.A.) wurde er zu einem Personalgespräch am 14.07.2005 geladen. Der Kläger erschien zu diesem Gespräch mit einem Betriebsratsmitglied seines Vertrauens. In dem Raum waren neben zwei Mitarbeitern aus dem Personalbereich der Beklagten, Herrn H. und B. auch zwei Mitglieder des vom Betriebsrat gebildeten Personalausschusses, Frau B. und Herr K. anwesend. Der Kläger bat die Beklagte darum, dass die beiden Personalausschussmitglieder den Raum verlassen sollten. Das Personalausschussmitglied Herr K. erklärte daraufhin sinngemäß: „Wir sind gewählte Personalausschussvertreter, wir gehen hier nicht raus.” Nachdem der Kläger erneut auf dem Flur gewartet hatte, wurde er wieder hereingerufen. Die beiden Personalausschussmitglieder befanden sich weiter im Raum. Auf dem Tisch lag ferner die Personalakte des Klägers. Der Kläger erklärte, dass er zu einem Personalgespräch nur bereit sei, wenn die Personalausschussmitglieder den Raum verließen, er vertraue ihnen nicht. Der Mitarbeiter H. der Beklagten erklärte daraufhin, dann fände das Gespräch nicht statt.
Mit Datum vom 19.07.2005 erhielt der Kläger sodann eine Abmahnung (Bl. 6 d.A.), in der ihm vorgehalten wird, sich am 06.06.2005 erst 15 Minuten nach Schichtbeginn krankgemeldet zu haben.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
- die Beklagte zu verurteilen, Personalgespräche zukünftig ausschließlich im Beisein eines vom Kläger hinzugezogenen Betriebsratsmitgliedes zu führen.
- die Beklagte zu verurteilen, Auskunft darüber zu erteilen, zu welchem Zweck und in welchem Umfang dem Personalausschuss mit R. B. und H. K. Personaldaten/ und oder andere Informationen oder die Personalakte über den Kläger zur Verfügung gestellt worden sind.
- die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger gemäß §§ 34 Abs. 1 BDSG Auskunft über die zu seiner Person gespeicherten Daten, auch soweit sie sich auf die Herkunft dieser Daten beziehen, die Empfänger oder Kategorien von Empfängern, an die Daten weitergegeben werden und den Zweck der Speicherung zu erteilen.
- die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen außerhalb mitbestimmungspflichtiger Vorgänge dem Betriebsrat oder seinen Ausschüssen bzw. deren Mitgliedern ohne Genehmigung des Klägers seine Personaldaten oder sonstige Informationen über ihn zur Verfügung zu stellen.
Die Beklagte hat geltend gemacht, der Kläger könne sich nicht Gesprächspartner für derartige Termine der Personalabteilung mit dem Personalausschuss selber aussuchen und damit eine gemeinsame Personalausschußsitzung „sprengen”.
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 27.01.2006 dem Klagantrag zu 3) stattgegeben, bezüglich der Anträge zu 1), 2) und 4) die Klage abgewiesen. Zur Begründung der Klagabweisung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger könne nicht verhindern, dass die Beklagte dem Betriebsrat Informationsrechte über das gesetzliche Maß hinaus gewähre. Der Kläger habe keinen Anspruch darüber zu ent...