Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung. Eingruppierung eines Arztes. Oberarzt
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine Eingruppierungsfeststellungsklage wird allgemein als zulässig angesehen.
2. Nach § 12 TV-Ärzte/TdL muss die ständige Vertretung dem Facharzt vom Arbeitgeber übertragen worden sein, damit die Voraussetzung der Engeltgruppe Ä 4 erfüllt wird. Die bloße tatsächliche Wahrnehmung der Vertretung im gesamten Aufgabengebiet des Chefarztes ohne eine ausdrückliche Zuweisung dieser Aufgabe durch den Chefarzt selbst oder den Arbeitgeber hingegen ist nicht ausreichend.
Verfahrensgang
ArbG Göttingen (Urteil vom 17.12.2009; Aktenzeichen 2 Ca 463/09 E) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Göttingen, Az. 2 Ca 463/09 E, vom 17. Dezember 2009 abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um tarifgerechte Eingruppierung.
Zum 01. November 2006 trat der Tarifvertrag für Ärzte und Ärztinnen an Universitätskliniken (im Folgenden: TV-Ärzte/TdL) in Kraft. Der Tarifvertrag findet kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit der Parteien auf das Arbeitsverhältnis Anwendung.
Der Kläger ist seit 23. Juni 1988 Facharzt für Chirurgie. Seit 01. September 1994 ist er bei der Beklagten als Oberarzt und seit 01. Juli 1999 als leitender/geschäftsführender Oberarzt in der Abteilung Unfallchirurgie, Plastische und Wiederherstellungschirurgie beschäftigt. Chefarzt und Abteilungsleiter dieser Abteilung ist Herr Prof. Dr. B.
Die Beklagte bezeichnet den Kläger sowohl in den an ihn adressierten Briefen, Protokollen als auch im Personal- und Vorlesungsverzeichnis der Universität der A-Stadt als „Leitenden Oberarzt”. Mit Schreiben von 06. Juli 1999 an die Abteilung für Wirtschaftsführung und Administration bezeichnete Herr Prof. Dr. B. den Kläger als „geschäftsführenden Oberarzt”. Mit Schreiben vom 12. Juli 2006, zu dessen Inhalt auf Blatt 136 der Akte Bezug genommen wird, teilte Herr Prof. Dr. B. der Verwaltung der Beklagten in Bezug auf die Umsetzung des Tarifabschlusses „zwischen TdL und Marburger Bund zum 01. Juli 2006” mit, sein Vertreter als Abteilungsleiter sei seit Jahren der Kläger. Zum weiteren Inhalt des Schreibens wird Bezug genommen auf Blatt 136 bis 137 der Akte. Mit Schreiben vom 29. Oktober 2009 (Blatt 135 der Akte) bestätigte Herr Prof. Dr. B., dass der Kläger seit 01. Juli 1999 in Nachfolge der Professoren C. und D. Leitender Oberarzt der Abteilung für Unfallchirurgie, Plastische und Wiederherstellungschirurgie sei und die mit dieser Position üblicherweise verbundenen Aufgaben wahrnehme.
Der Kläger vertritt den Chefarzt in seiner Abwesenheit. Auch in Anwesenheit des Chefarztes nimmt er zumindest teilweise für diesen Aufgaben wahr. Er ist für die Einhaltung des Budgets zuständig und entscheidet über tägliche Sachaufgaben sowie Beschaffungen. Größere Beschaffungen wie die Gerätebeschaffung oder die Einführung neuer OP-Instrumentarien werden nur in Absprache mit dem Abteilungsleiter getätigt. Der Kläger ist weiter in der chirurgischen Notaufnahme für das Polytrauma-Management und die Erstversorgung von Schwerstverletzten zuständig, die über den Schock-OP der Abteilung aufgenommen werden. Er leitet in Abwesenheit des Abteilungsleiters die Besprechungen, ist in der Krankenversorgung Hintergrund für andere Oberärzte und Fachärzte und für den PJ-Unterricht des Zentrums Chirurgie sowie die Einteilung und Betreuung der PJ-Studenten zuständig. Auch in Anwesenheit des Abteilungsdirektors unterschreibt er Briefe.
Neben anderen Oberärzten betreut der Kläger verantwortlich Teilbereiche des Abteilungsmanagements und der Patientenversorgung. Grundsätzliche strategische Entscheidungen der Weiterentwicklung der Abteilung, Personalentscheidungen wie z.B. Einstellungen, Vertragsverlängerungen oder -beendigungen sind der Entscheidung des Abteilungsleiters vorbehalten. Sie werden auch in seiner Abwesenheit nur in extremen Ausnahmefällen und dann nur nach telefonischer Rücksprache delegiert.
Als ständige Vertreter des Abteilungsleiters für das Durchgangsarztverfahren der Deutschen gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) sind vier Ärzte, zu denen auch der Kläger gehört, benannt worden. Diese vertreten den Abteilungsleiter auch während seiner Anwesenheit in seiner Funktion als Durchgangsarzt. Sie dürfen die hoheitliche Entscheidung zur Einleitung oder Beendigung eines Durchgangsarztverfahrens treffen und entscheiden über die nächsten diagnostischen und therapeutischen Schritte.
Seit 03. Juli 1997 war der Kläger in die Vergütungsgruppe I a Fallgruppe 4 b der Vergütungsordnung des Bundesangestelltentarifvertrages (im Folgenden: BAT) eingruppiert. Nach Inkrafttreten des TV-Ärzte/TdL erhielt er von November 2006 bis März 2007 zunächst ein Entgelt der Entgeltgruppe Ä 3 Stufe 3, seit April 2007 bis Juni 2009 ein Entgelt der Entgeltgruppe Ä 3 Stufe 1 mit einer Zulage bis zur Höhe der Entgeltgruppe Ä 3 Stufe 3. Seit Juli 2009 er...