Entscheidungsstichwort (Thema)

Ständiger Vertreter des Chefarztes. Eingruppierung in die Entgeltgruppe Ä 4 der TV-Ärzte

 

Leitsatz (amtlich)

1. Für die Erfüllung der Tarifmerkmale der Entgeltgruppe Ä 4 des Tarifvertrages für Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken (TV-Ärzte) vom 30.10.2006 ist es nicht erforderlich, dass der Arzt, dem die ständige Vertretung des Leitenden Arztes (Chefarzt) vom Arbeitgeber übertragen wurde, alle Aufgaben des Chefarztes ständig neben diesem erledigt. Er muss den Chefarzt lediglich im Vertretungsfall in der Gesamtheit seiner Dienstaufgaben vertreten können. Der Umfang der tatsächlichen Vertretung hängt dabei insbesondere bei der Anwesenheitsvertretung wesentlich auch vom Willen des Vertretenen und sonstigen Aufgabenverteilungen in der Klinik ab.

2. Überläßt der Arbeitgeber die Bestellung eines ständigen Vertreters des Leitenden Arztes den Chefärzten der Kliniken/Abteilungen, so muss sich der Arbeitgeber dies als Übertragung durch den Arbeitgeber i. S. d. Entgeltgruppe Ä 4 des TV-Ärzte zurechnen lassen.

 

Normenkette

TV-Ärzte/TVÜ-Ärzte

 

Verfahrensgang

ArbG Hannover (Urteil vom 02.04.2008; Aktenzeichen 8 Ca 308/07 Ö)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 23.02.2011; Aktenzeichen 4 AZR 336/09)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 0 abgeändert.

Es wird festgestellt, dass das beklagte Land dem Kläger seit dem 0 regelmäßige tarifliche Monatsvergütung nach Stufe 3 der Entgeltgruppe Ä 4 gemäß Anl. A 1 des TV-Ä. anstelle der tatsächlich gewährten Vergütung in der Stufe 3 der Entgeltgruppe Ä 3 schuldet.

Das beklagte Land trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die tarifliche Eingruppierung des Klägers.

Der am 00.00.1953 geborene Kläger steht seit dem 0 in einem Arbeitsverhältnis zu dem beklagten Land und wird an der M.H. B-Stadt (künftig: M.), einer humanmedizinischen Einrichtung des beklagten Landes nach § 63a Niedersächsisches Hochschulgesetz (NHG), beschäftigt. Seit dem 0 ist der Kläger Facharzt für Nuklearmedizin und seit dem 0 Leitender Oberarzt in der Klinik für Nuklearmedizin der M.. Seine Tätigkeiten sind seither unverändert.

Zum 0 traten der neue Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken (TV-Ärzte) und der Tarifvertrag zur Überleitung der Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken (TVÜ-Ärzte), beide vom 0, abgeschlossen zwischen der Tarifgemeinschaft deutscher Länder und dem Marburger Bund, in Kraft. Der Kläger ist seit 0 Mitglied des Marburger Bundes. Das beklagte Land, das Tarifgemeinschaft der Länder (TdL) angehört, wendet seit der Tarifeinigung mit dem Marburger Bund (0) für die Statusgruppe der Ärzte in der M. den TV-Ärzte an, einschließlich der zwischen den Tarifparteien vereinbarten Anwendung des Tabellenentgelt ab 0.

Unter der Geltung des Bundesangestelltentarifvertrages (BAT) war der Kläger in die Vergütungsgruppe I a Fallgruppe 8 des Teils I der Anlage 1 a zum BAT mit Wirkung ab 02.9.1988 aufgrund der ständigen Unterstellung von mindestens fünf Ärzten eingruppiert (siehe die Anlage B 1 zum Schriftsatz der Beklagten vom 30.07.2007, Bl. 35 d. A.). Vom 01.07.06 bis 31.10.06 erhielt der Kläger Entgelt entsprechend der Entgeltgruppe Ä 4 Sufe 3 des TV-Ärzte. Seit dem 01.11.06 wird er nach der Stufe 3 der Entgeltgruppe Ä 3 TV-Ärzte in Höhe von 6.800,– EUR zuzüglich Besitzstand Kinder in Höhe von 362,28 EUR vergütet. Die begehrte Vergütungsgruppe Ä 4 betrug ab 01.11.06 in der Stufe 3 7.900,– EUR, ab 01.08.08 8.130.- Euro.

Bis zum 31.03.1997 war Herr Prof. Dr. H. Chefarzt und Abteilungsleiter der Abteilung Nuklearmedizin, die im Jahr 0 in die Klinik für Nuklearmedizin umgewandelt wurde. Herr Prof. Dr. H. bescheinigte dem Kläger in einem Zeugnis vom 0, dass dieser bereits 1988 zum Leitenden Oberarzt seiner Abteilung aufgerückt und – neben der Regelung der Personalangelegenheiten – für die Gerätebeschaffungen, den Strahlenschutz sowie die akademischen Verpflichtungen zuständig gewesen sei und ihn in allen Angelegenheiten komplett vertreten habe (K 2 zur Klageschrift Bl. 5 f. d. A.). In einem Schreiben an die Wirtschaftsverwaltung, Abteilung Finanzangelegenheiten der M. vom 0 (Anlage K 3 zur Klageschrift Bl. 7 d. A.) bat Herr Prof. Dr. H. Abbuchungen vom Konto 8256 – Forschung und Lehre, Abteilung Nuklearmedizin und spez. Biophysik nur zu akzeptieren, wenn die Bestellungen/Vorgänge von ihm oder seinem Stellvertreter, dem Kläger, gegengezeichnet worden seien. Nach dem Ausscheiden von Prof. Dr. H. leitete der Kläger vorübergehend die Klinik bis zum Amtsantritt des jetzigen Chefarztes Prof. Dr. W. H. K. im Jahr 0.

Mit Rundschreiben vom 0 zur Umsetzung des angestrebten Tarifvertrags zwischen der Tarifgemeinschaft Deutscher Länder und dem Marburger Bund für Ärzte/Ärztinnen informierte das Personalmanagement der M.H. u. a. an die Leiterinnen und Leiter der Klinikabteilungen – unter Angabe der Zuordnungsmerkmale zu den neuen Gehaltsgruppen der Entgelttabelle – über die Tarifeinigu...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge