Entscheidungsstichwort (Thema)

Tarifvertrag. Betriebsvereinbarung. Differenzierung Tarifvertrag

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Frage, ob eine kollektive Vereinbarung als Tarifvertrag oder als Betriebsvereinbarung auszulegen ist, ist nach den für die Gesetzesauslegung geltenden Grundsätze zu untersuchen.

2. Ist die Vereinbarung von ihrem Wortlaut her nicht eindeutig und ist sie gleichzeitig neben dem Arbeitgeber sowohl vom Betriebsrat als auch von einem Repräsentanten der Gewerkschaft unterzeichnet, kann sich der Wille, einen Tarifvertrag zu vereinbaren, aus den Begleitumständen ergeben. Für das Vorliegen einer tariflichen Vereinbarung spricht es dabei, wenn die Beteiligten am selben Tage eine andere Regelung getroffen haben, die ausdrücklich als Betriebsvereinbarung gekennzeichnet ist und nur die Unterschriften des Arbeitgebers und des Betriebsrats trägt. Ein weiteres Indiz kann sich daraus ergeben, dass die Betriebspartner in der Vergangenheit in gleicher Weise abgefasste Regelungen vereinbart haben, die von beiden Seiten als tarifvertragliche angesehen wurden.

 

Normenkette

TVG § 4 Abs. 3; BetrVG § 77

 

Verfahrensgang

ArbG Hameln (Urteil vom 02.06.2006; Aktenzeichen 3 Ca 540/05 B)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hameln vom 02.06.2006 – 3 Ca 540/05 B – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Frage, nach welchem Tarif die betriebliche Altersversorgung durchzuführen ist, insbesondere ob die Beklagte verpflichtet ist, weiterhin die vollen Beiträge abzuführen.

Der Kläger ist seit dem 00.00.1983 als Sachbearbeiter bei der Beklagten beschäftigt. Der schriftliche Arbeitsvertrag enthält u.a. folgende Regelungen:

„2. Als Mitglied des B.Versicherungsvereins des D. B.- und B.Gewerbes a. G. B. und W., einer privaten Pensionskasse, sind wir verpflichtet, Sie während Ihrer Zugehörigkeit zu unserem Institut dort zu versichern. Wir tragen den Arbeitgeberanteil (zur Zeit 2/3), während der Arbeitnehmeranteil (zur Zeit 1/3) zu Ihren Lasten geht. Näheres bitten wir der Satzung und den Versicherungsbedingungen zu entnehmen. Das beigefügte Formular bitten wir ausgefüllt und unterschrieben zurückzugeben.

4. Im Übrigen gelten die Bestimmungen des Tarifvertrages für das private B.Gewerbe sowie die Tarif- und Betriebsvereinbarungen in der jeweils gültigen Fassung.”

Die Beklagte war in den 80er Jahren nicht Mitglied eines Arbeitgeberverbandes. Tarifverträge fanden keine Anwendung. Der damalige Betriebsrat war bemüht, eine Angleichung an die tarifliche Situation bei der B. Bausparkasse zu erreichen, wo Haustarifverträge galten. In diesem Zusammenhang kam es zum Abschluss einer „Vereinbarung über die Gewährung von Leistungen zusätzlich zum Gehalts- und Manteltarifvertrag für das private Bankgewerbe” vom 2.3.1984. Diese Vereinbarung, wegen deren Inhalts auf die mit der Klageschrift überreichte Kopie (Bl. 27/28 d. A.) Bezug genommen wird, trägt die Unterschriften des Vorstands der Beklagten, des Betriebsrates sowie des damaligen Mitglieds des Hauptvorstandes der Gewerkschaft HBV, Herrn S.. Unter dem 14.05.1985 schlossen die Beklagte und der Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung über die analoge Anwendung verschiedener Betriebs- bzw. Tarifvereinbarungen der B. Bausparkasse. Diese Betriebsvereinbarung trägt die Unterschriften des Vorstandes des Beklagten sowie des Betriebsrates. Unter demselben Datum (14.05.1985) erfolgte ferner der Abschluss einer „Vereinbarung über die Gewährung von Leistungen zusätzlich zum Gehalts- und Manteltarifvertrag für das private Bankgewerbe.” Diese Vereinbarung enthält unter anderem folgende Regelung:

„Ab 1. Juli 1985 zahlt die B.-BANK für die Arbeitnehmer alle satzungsmäßigen Mitgliedsbeiträge zum B.Versicherungsverein des D. B.- und B.Gewerbes a. G. B.und W.”

Die Vereinbarung trägt die Unterschriften des Vorstandes der Beklagten, des Betriebsrats sowie die Unterschrift des Vertreters der Gewerkschaft HBV, Herrn K., der mit dem Zusatz „i. A.” unterzeichnet hat. Die Parteien streiten über die Frage, ob es sich bei dieser Vereinbarung um eine Betriebsvereinbarung oder um einen Tarifvertrag handelt.

Ab Mai 1985 zahlte die Beklagte die vollen Mitgliedsbeiträge zum B.-Versicherungsverein und zwar nach dem sogenannten „Tarif DA”.

Am 18.12.2003 schlossen die Beklagte und der Betriebsrat eine „Betriebsvereinbarung über Regelungen zur Mitgliedschaft im B.-Versicherungsverein des B.-Gewerbes a.G. (B. Pensionskasse) für Mitarbeiter, die vor dem 31.12.2000 in die B.-Bank eingetreten sind.” Für die erfassten Mitarbeiter sollte ab dem 01.04.2004 nicht mehr der Tarif „Tarif DA”, sondern der Tarif „Tarif DN” gelten. Die Versorgungsansprüche bis zum 31.12.2004 wurden nicht angetastet. Außerdem soll die Zuwendung an die B. Pensionskasse nunmehr nur noch 3,5 % (und nicht mehr 6 %) des laufenden Bruttomonatseinkommens auf der Basis von 3 Gehältern betragen, höchstens jedoch 3,5 % der jeweils gültigen Zuwendungsbemessungsgrenze. Ferner ist eine ...

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