Entscheidungsstichwort (Thema)
Altersabstandsklausel. Wirksamkeit einer Altersabstandsklausel
Leitsatz (amtlich)
Eine Altersabstandsklausel, nach der der Anwärter nicht mehr als 20 Jahre älter sein darf als der überlebende Ehepartner, ist nach der derzeitigen Rechtslage wirksam. Sie dient einer sachlich gerechtfertigten Risikobegrenzung.
Normenkette
BetrAVG
Verfahrensgang
ArbG Celle (Urteil vom 17.02.2011; Aktenzeichen 1 Ca 375/10 B) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Celle vom 17. Februar 2011 – 1 Ca 375/10 B – wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten der Berufung zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Klägerin eine betriebliche Witwenrente zusteht.
Die am 1. Oktober 1958 geborene Klägerin ist die Witwe des am 6. April 2010 verstorbenen Herrn A. mit dem sie seit dem 24. April 1987 verheiratet war. Herr A., geboren am 22. Juni 1933, war über mehr als 20 Jahre Mitarbeiter der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin und schied im Jahr 1979 aus dem Unternehmen aus. Seit dem 1. Januar 1992 erhielt der Ehemann der Klägerin Versorgungsbezüge in Höhe von zuletzt 209,50 EUR brutto.
Auf das Arbeitsverhältnis des Ehemanns der Klägerin fand die Versorgungsordnung der B., C-Stadt Anwendung. Darin heißt es auszugsweise:
VI. Anspruchsvoraussetzungen für Witwenrente
1. Den Anspruch auf Witwenrente erwirbt die hinterlassene Ehefrau eines Anwärters mit dessen Tode. Zusätzliche Anspruchsvoraussetzungen sind, dass der Anwärter die Ehe vor der Vollendung seines 60. Lebensjahres geschlossen hatte, dass der verstorbene Anwärter nicht mehr als 20 Jahre älter war als die überlebende Ehefrau und dass bereits am letzten 1. Juni vor seinem Tode
VIII. Höhe des Ruhegeldes
1. Die Altersrente beträgt 0,8 % des rentenfähigen Arbeitsverdienstes (X) für jedes rentenfähige Dienstjahr (IX 2), höchstens jedoch 20 % des rentenfähigen Arbeitsverdienstes.
2.
Die Bemessungsgrundlage für vor Erreichen der festen Altersgrenze erworbene Ansprüche (V 2, V 3, VI 1) errechnet sich nach Ziffer 1 aus
- der Anzahl der erreichbaren Dienstjahre (IX 3) anstelle der rentenfähigen Dienstjahre und
- dem rentenfähigen Arbeitsverdienst (X)
Diese Bemessungsgrundlage wird nachfolgend „erreichbare Altersrente” genannt.
- Die vorzeitige Altersrente beträgt den Teil der erreichbaren Altersrente, der dem Verhältnis der rentenfähigen Dienstjahre (IX 2) zu den erreichbaren Dienstjahren (IX 2) entspricht.
- Die Invalidenrente beträgt den Teil der erreichbaren Altersrente, der dem Verhältnis der rentenfähigen Dienstjahre (IX 2) zu den erreichbaren Dienstjahren (IX 3) entspricht.
- Einkünfte des Ruhegeldempfängers, die dieser vor Erreichen der festen Altersgrenze (IV) aus einem Arbeitsverhältnis oder anderer regelmäßiger Erwerbstätigkeit bezieht, werden auf das Ruhegeld angerechnet.
Die Beklagte lehnte vorgerichtlich unter Hinweis auf die Altersabstandsklausel in der Versorgungsordnung die Zahlung einer Witwenrente an die Klägerin ab.
Mit der vorliegenden Klage verfolgt die Klägerin ihren Anspruch weiter.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die in der Versorgungsordnung enthaltene Altersabstandsklausel sei unwirksam. Sie sei weder erforderlich noch angemessen. Sie verstoße gegen die Rahmenrichtlinie 2000/78/EG, gegen das Verbot der Altersdiskriminierung aus dem AGG, gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz und schließlich gegen § 307 BGB.
Die Klägerin hat beantragt,
- festzustellen, dass die Altersabstandsklausel gemäß Ziffer VI. 1. der Versorgungsordnung der Beklagten unwirksam ist.
- die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Witwenrente in Höhe von 942,75 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 104,75 EUR brutto seit dem 01.06.2010, 01.07.2010, 01.08.2010, 01.09.2010, 01.10.2010, 01.11.2010, 01.12.2010, 01.01.2011, 01.02.2011 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage durch Urteil vom 17.02.2011 abgewiesen. Gegen das ihr am 11. März 2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 22. März 2011 Berufung eingelegt und sie gleichzeitig begründet.
Die Klägerin macht geltend, das Arbeitsgericht habe die Benachteiligung über § 10 AGG für zulässig gehalten. Die Begründung trage indes nicht. Die Altersabstandsklausel in der Versorgungsordnung sei objektiv unangemessen. Die Grenzziehung hinsichtlich des Altersunterschiedes sei willkürlich und diene allein den monetären Interessen der Arbeitgeberin. Die Interessen des Mitarbeiters im Hinblick auf die durch seine Betriebstreue erworbenen Versorgungsansprüche zugunsten seines überlebenden Lebenspartners würden dabei völlig übergangen. Bereits in der Rechtssache D. (BAG EuGH – Vorlage 27.06.2006 – 3 AZR 352/05 – AP D 1 b BetrAVG Nr. 6) habe sich di...