Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorschuss. Überzahlung. Rückzahlungspflicht. Ausschlussfrist. Treu und Glauben
Leitsatz (amtlich)
1. Eine zweimonatige Ausschlussfrist in einem Formulararbeitsvertrag zur Geltendmachung aller Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis erfaßt auch den Anspruch des Arbeitgebers auf Rückzahlung überzahlter Vergütung. Der Arbeitgeber kann sich gegenüber dem Arbeitnehmer nicht auf die Unwirksamkeit der Klausel berufen.
2. Dem Anspruchsverfall wegen nicht eingehaltener Ausschlussfrist kann der Einwand unzulässiger Rechtsausübung nicht entgegengehalten werden, wenn der Arbeitgeber mehr als zwei Jahre monatlich in gleichbleibender Höhe „Provisionen” an den Arbeitnehmer zahlt, hierüber keine Abrechnungen erstellt und der Arbeitnehmer nicht erkennen kann, dass dem Arbeitgeber bei der fortlaufenden Zahlung ein Irrtum unterlaufen ist.
Normenkette
BGB § 307 Abs. 1, §§ 242, 812 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Oldenburg (Oldenburg) (Urteil vom 22.08.2007; Aktenzeichen 1 Ca 180/04) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten und Widerklägerin wird das Schluss-Urteil des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 22. August 2006 – 1 Ca 180/04 – unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert.
Der Kläger und Widerbeklagte wird verurteilt, an die Beklagte und Widerklägerin 11.504,04 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 05.05.2004 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz trägt der Kläger und Widerbeklagte zu 23 % und die Beklagte und Widerklägerin zu 77 % nach einem erstinstanzlichen Wert von 68.189,56 Euro. Die Kosten des Berufungsrechtsstreits trägt der Kläger und Widerbeklagte zu 18 % und die Beklagte und Widerklägerin zu 82 %.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Verpflichtung des Klägers und Widerbeklagten (im folgenden: Kläger) zur Rückzahlung überzahlter Vergütung.
Der am 0.0.1950 geborene Kläger war aufgrund eines Arbeitsvertrages vom 25.01.2001 seit dem 01.03.2001 bei der Beklagten und Widerklägerin (im folgenden: Beklagte) als verantwortlicher Vertriebsingenieur für Sonderprodukte in Großprojekten beschäftigt. In dem Anstellungsvertrag heißt es u. a. (Bl. 5 bis 7 d. A.):
„…
§ 4 Gehalt und sonstige Zuwendungen
M. Z. erhält ein monatliches Grundgehalt in Höhe von DM 6.670,– brutto (DM 80.000,– p. a. brutto).
Es wird zusätzlich die beigefügte Team-Erfolgsbeteiligung vereinbart.
Für die ersten 6 Monate werden zusätzliche Abschläge auf zukünftige Provisionen in Höhe von DM 3.750,–/monatlich brutto gezahlt. Die gezahlten Abschläge sollten dann innerhalb von 3 Jahren verrechnet werden.
Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, zuviel gezahlte Bezüge unverzüglich dem Betrieb anzuzeigen und zurückzuzahlen. Er verpflichtet sich ferner, über die Höhe des Gehaltes, sonstige Zuwendungen und Zusatzvereinbarungen absolutes Stillschweigen zu bewahren. Verstöße gegen die Verschwiegenheitspflicht stellen eine grobe Verletzung des Vertrauensverhältnisses dar (siehe § 2).
…
§ 14 Verfallfristen
Alle Ansprüche, die sich aus dem Arbeitsverhältnis ergeben, verfallen, wenn sie von den Vertragsschließenden nicht binnen einer Frist von zwei Monaten seit ihrer Fälligkeit schriftlich geltend gemacht und im Falle der Ablehnung durch die Gegenpartei binnen einer Frist von zwei Monaten eingeklagt worden sind.
§ 15 Nebenabreden/Vertragsänderungen
Mündliche Nebenabreden bestehen nicht. Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen der Schriftform.
…”
Die Team-Erfolgsbeteiligung lautet auszugsweise wie folgt (Bl. 28 d. A.):
„Team-Erfolgsbeteiligung für SG
Ziele Jahr |
Mindest-Rohgewinn in TDM |
Bonus-Soll Rohgewinn in TDM |
Super-Ziel Rohgewinn in TDM |
2001 |
ab 3.200 |
ab 3.800 |
ab 4.400 |
2002 |
ab 5.200 |
ab 6.200 |
ab 7.300 |
Team-Beteiligung in % |
1 % |
1,2 % |
1,7 % |
Bedingungen / Hinweise
1. Die Team-Erfolgsbeteiligung (TE) gilt für 4 Mitarbeiter. Diese sind: D. P., M. M., M. Z., B. K.. Prämienanspruch für jeden Mitarbeiter besteht allerdings nur dann, wenn vom geplanten Mindestrohgewinn jedes einzelnen Mitarbeiters 70 % erreicht werden (s. Anlage). Die Teamprämie hat insgesamt 5 Teile. 2 Teile erhält davon der Teamleiter D. P., der eine höhere Führungsverantwortung trägt (Vorbereitungen, Ausschreibungen, Konstruktion SG etc.).
2. Die TB ist eine Jahresvergütung und gilt für die Zeit vom 01.01.2001 bis vorläufig 31.12.2002. Scheidet ein Mitarbeiter im Laufe der vereinbarten Frist aus, so gilt dieser Anspruch 6 Monate über den Zeitpunkt seines Ausscheidens hinaus. Dies gilt nicht, wenn der Mitarbeiter selbst kündigt.
3. Die Grundlagen der TB sind die Objektkalkulationsblätter der Niederlassung, auf deren Grundlage die Aufträge zustandegekommen sind. Sollten dann Produkte verkauft werden, die ebenso Vorprodukte aus der eigenen Gruppe enthalten, dann gelten die Material- bzw. Herstellungskosten der Vorprodukte (Herstellkosten ESG, VSG, Beschichtungskosten, Semco Control usw.).
4. Das Team hat Anspruch auf die TB durch Auflistung und Nachweis mit den Objektkalkulatio...