Entscheidungsstichwort (Thema)

Überstunden. Darlegungslast. Tachoscheiben. Zur Bedeutung von Fahrtenschreiberdiagrammen im Überstundenprozess

 

Leitsatz (amtlich)

1) Überstunden sind nur schlüssig dargelegt, wenn der Arbeitnehmer die tatsächlichen Umstände vorträgt, aus denen sich ergibt, an welchen Tagen und zu welchen Zeiten er welche – nach dem Arbeitsvertrag geschuldete Tätigkeit ausgeübt hat.

2) Die Vorlage von Tachoscheiben ersetzt den konkreten Vortrag von behaupteten Überstunden aber jedenfalls dann nicht, wenn der Kläger nicht nur als Fahrer tätig war und die Gesamtstundenzahl der behaupteten Arbeitszeit nicht nachvollziehbar dargelegt ist.

 

Normenkette

BGB § 611; ArbZG § 21a Abs. 7

 

Verfahrensgang

ArbG Stade (Urteil vom 27.12.2006; Aktenzeichen 2 Ca 199/06)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stade vom 27.12.2006 – 2 Ca 199/06 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Vergütung von behaupteten Überstunden des Klägers.

Wegen des Vorbringens der Parteien im ersten Rechtszug wird auf den Tatbestand des angegriffenen Urteils des Arbeitsgerichtes Stade vom 27.12.2006 Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Ziff. 1 ZPO).

Das Arbeitsgericht hat mit dem Kläger am 28.12.2006 zugestelltem Urteil vom 27.12.2006 die Klage auf Zahlung von insgesamt 8.465,23 EUR brutto für die Monate September 2005 bis Februar 2006 abgewiesen. Das Arbeitsgericht hat dahinstehen lassen, ob die pauschale Mehrarbeitsvergütung in § 2 des Arbeitsvertrages vom 22.07.2005 wirksam ist und die arbeitsvertraglich vereinbarte Ausschlussfrist von 8 Wochen einer Klauselkontrolle standhalten würde. Im Ergebnis komme es darauf nicht an, weil der Kläger weder im einzelnen dargelegt habe, an welchen Tagen und zu welchen Tageszeiten er über die übliche Arbeitszeit hinaus gearbeitet habe noch dass dies auf Anordnung oder Duldung des Arbeitsgebers erfolgt sei. Im Übrigen seien die Arbeitszeitaufzeichnungen des Klägers auch unglaubwürdig.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner am 22.01.2007 beim Landesarbeitsgericht per eingegangenem Faxschriftsatz eingelegten Berufung und seiner am 26.02.2007 eingegangenen Berufungsbegründung gemäß Schriftsatz vom 22.02.2007. Das Arbeitsgericht habe nicht hinreichend gewürdigt, dass der Kläger nicht nur Möbelträger, sondern auch Kraftfahrer bei dem Beklagten gewesen und durchaus 24 Stunden am Tag unterwegs gewesen sei, wovon Ruhezeiten und Pausen in Abzug gebracht worden seien. Die Berechnung des Klägers gehe von einer Arbeitszeit von 48 Stunden pro Woche aus wie sich das aus § 4 des Arbeitsvertrages ergebe. Er bezieht sich hierfür auf die bereits erstinstanzlich von ihm benannten Zeugen. Die Anordnung bzw. Billigung des Arbeitgebers der Überstunden folge aus der Erforderlichkeit der Auftragsdurchführung. Auch folge aus den Tachoscheiben, die im Besitz des Beklagten seien, dass der Arbeitgeber die Arbeitszeiten kannte. Die Tachoscheiben seien bis heute nicht vorgelegt worden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Stade vom 27.12.2006, zugegangen am 28.12.2006, Az. 2 Ca 199/06, aufzuheben und dahingehend abzuändern

  1. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger für den Monat September 2005 1.794,26 EUR brutto nebst 5 Prozentpunkten über den Basiszinssatz seit dem 01.10.2005 zu zahlen,
  2. den Beklagten zu verurteilen, für den Monat Oktober 2005 1.223,38 EUR brutto nebst 5 Prozentpunkten über den Basiszinssatz seit dem 01.11.2005 an den Kläger zu zahlen,
  3. den Beklagten zu verurteilen, für den Monat November 2005 683,83 EUR brutto nebst 5 Prozentpunkten über den Basiszinssatz seit dem 01.12.2005 zu zahlen,
  4. den Beklagten zu verurteilen, für den Monat Dezember 2005 2.253,43 EUR brutto nebst 5 Prozentpunkten über den Basiszinssatz seit dem 01.01.2006 an den Kläger zu zahlen,
  5. den Beklagten zu verurteilen, für den Monat Januar 2006 2.380,96 EUR brutto nebst 5 Prozentpunkten über den Basiszinssatz seit dem 01.02.2006 an den Kläger zu zahlen,
  6. den Beklagten zu verurteilen, für den Monat Februar 2006 129,37 EUR brutto nebst 5 Prozentpunkten über den Basiszinssatz seit dem 01.03.2006 an den Kläger zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte verweist zunächst darauf, dass die Tachoscheiben mit Schriftsatz vom 20.10.2006 in Kopie zur Gerichtsakte gereicht worden seien. Nach wie vor seien die behaupteten Arbeitszeiten nicht aufgeschlüsselt. Im Übrigen sei es auch unglaubwürdig, wenn der Kläger z.B. im gesamten Januar 2006 nur eine Stunde Pause gemacht haben will. Eine Unterscheidung zwischen Fahrzeiten und sonstigen Arbeitszeiten werde vom Kläger nicht vorgenommen.

Mit Schriftsatz vom 19.11.2007, dem Klägervertreter zugegangen am 22.11.2007, verweist der Beklagte auf beigefügte Einsatzzettel bzw. Arbeitszettel, aus denen sich ergebe, dass die Arbeitszeitaufstellung des Klägers unzutreffend sei, weil sie mit den vorgelegten Anlagen nicht übereinstimmten.

Der Klägervertreter beantragte zu diesem Vorbringen Schr...

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