Entscheidungsstichwort (Thema)
Zahlungsansprüche im Anschluss an einen von d. AN gewonnenen Statusprozess
Leitsatz (amtlich)
Die Ausschlussfrist nach § 70 BAT ist gewahrt, wenn der Gläubiger mit der für den Schuldner notwendigen Deutlichkeit ersichtlich werden lässt, welchen Anspruch er dem Grunde und der Höhe nach verfolgt. Ist nur der Anspruchsgrund streitig, ist die Angabe der ungefähren Höhe ausnahmsweise entbehrlich, wenn es ersichtlich nur darum geht, die Anspruchsvoraussetzungen zu klären. Dazu kann es ausreichen, wenn der AN in einem Statusprozess (VHS-Lehrerin) die Vergütung nach BAT verlangt, wenn zwischen den Parteien jederzeit unstreitig war, dass vergleichbare Lehrer nach Vergütungsgruppe IV a BAT vergütet werden.
Normenkette
BAT § 70; BGB §§ 612, 242
Verfahrensgang
ArbG Hannover (Urteil vom 02.09.2005; Aktenzeichen 7 Ca 814/03 E) |
Tenor
Die Berufungen der Parteien gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 02.09.2005 – 7 Ca 814/03 E – werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt zu 70 % die Beklagte und zu 30 % die Klägerin.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Zahlungsansprüche im Anschluss an einen von der Klägerin gewonnenen Statusprozess.
Die Klägerin ist seit 1999 als Volkshochschuldozentin bei der Beklagten beschäftigt zunächst auf der Grundlage freiberuflicher Lehraufträge. Mit der vom 04.12.2001 datierenden, den Statusprozess betreffenden Klageschrift, stellte die Klägerin folgende Anträge:
- „festzustellen, dass zwischen den Parteien ab dem 14.09.2001 ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht,
- festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin mit Wirkung vom 14.09.2001 nach BAT zu vergüten.”
Durch Urteil vom 21.06.2002 stellte das Arbeitsgericht Hannover (8 Ca 748/01 Ö) fest, dass zwischen den Parteien seit dem 14.09.2001 ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht. Dieses Urteil wurde vom LAG Niedersachsen am 28.01.2003 bestätigt (13 Sa 1381/02). Die dagegen unter dem Aktenzeichen 5 AZN 176/03 eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde wurde vom BAG am 09.07.2003 als unzulässig verworfen.
Nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils forderte die Klägerin die Beklagte mit Schreiben vom 27.06.2002 auf, ihr ab dem 14.09.2001 Vergütung nach der Vergütungsgruppe BAT IV a abzurechnen und die Differenz auszuzahlen. Das Geltendmachungsschreiben des damaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin Dr. A. wurde unterschrieben mit „Rechtsanwalt i. A. H.”. Die Beklagte antwortete wie folgt:
„in der vorbezeichneten Angelegenheit kommen wir zurück auf ihr Schreiben vom 27.06.2002 und erlauben uns die Feststellung, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch überhaupt keine Veranlassung besteht, ihre Mandantin nach der Vergütungsgruppe IV a BAT zu vergüten und ggf. bestehende Ansprüche bereits zur Auszahlung zu bringen. Wir dürfen daran erinnern, dass das Urteil vom 21.06.2002 zur Zeit noch nicht im Wortlaut vorliegt und wir demzufolge auch noch nicht überprüfen konnten, ob hier die Feststellung des Arbeitsgerichts Hannover, wonach ein Beschäftigungsverhältnis zu ihrer Mandantin besteht, mit dem Rechtsmittel der Berufung angegriffen wird. Darüber hinaus sei der Vollständigkeit halber darauf hingewiesen, dass das Arbeitsgericht Hannover den von ihnen behaupteten Vergütungsanspruch nach dem BAT abgewiesen hat.”
Der in diesem Verfahren mandatierte Rechtsanwalt der Klägerin sowie die Gewerkschaft GEW forderte die Beklagte mit Schreiben vom 29.08.2003 zur Zahlung der Vergütung ab 01.01.2001 auf. Die Beklagte gewährte die beantragte Vergütung nach Vergütungsgruppe IV a BAT ab dem 01.03.2003 und berief sich für die davor liegenden Zeiträume auf die Ausschlussfrist nach § 70 BAT.
Mit ihrer Klage vom 22.12.2003 hat die Klägerin Vergütungsansprüche für die Zeit vom 01.01.2001 bis zum 28.02.2003 nach Vergütungsgruppe IV a BAT unter Abzug des gezahlten Honorars geltend gemacht und beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 27.609,47 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.03.2003 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen
und den Standpunkt eingenommen, die Ansprüche bestünden erst seit dem 01.03.2003.
Das Arbeitsgericht hat der Klage durch Urteil vom 02.09.2005 bei einer Kostenquote von 70 % (Beklagte) und 30 % (Kläger) überwiegend stattgegeben. In den Gründen, auf die ergänzend Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht die Entscheidung im wesentlichen folgendermaßen begründet:
Die Zahlungsklage sei für die Zeit ab dem 14.09.2001 begründet, weil aufgrund des Vorprozesses rechtskräftig festgestellt worden sei, dass zwischen den Parteien ab diesem Zeitpunkt ein unbefristetes Arbeitsverhältnis bestehe. Auf derartige Arbeitsverhältnisse wende die Beklagte aufgrund vertraglicher Regelung oder aufgrund beiderseitiger Tarifbindung den BAT an und vergüte eine Arbeitsleistung, wie sie die Klägerin erbracht habe, nach Vergütungsgruppe IV a BAT. Die Klägerin könne die übliche Vergütung nach § 612 BGB verlangen, wobe...