Entscheidungsstichwort (Thema)
Unionsrechtskonforme Auslegung der Urlaubsentgeltregelung des § 21 TV-Ärzte. Gewährung des gewöhnlichen Entgelts während des Urlaubs des Arbeitnehmers
Leitsatz (amtlich)
§ 21 TV-Ärzte ist hinsichtlich des Urlaubsentgelts unionskonform so auszulegen, dass die vergütungslose Elternzeit aus dem Referenzzeitraum herauszurechnen ist.
Normenkette
TV-Ärzte §§ 21, 26; EFZG § 4 Abs. 1, 3; BEEG § 15 Abs. 3
Verfahrensgang
ArbG Hannover (Entscheidung vom 15.11.2018; Aktenzeichen 7 Ca 260/18 Ö) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 15.11.2018 - 7 Ca 260/18 Ö - teilweise abgeändert.
Das beklagte Land wird verurteilt, an den Kläger 317,62 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.02.2018 und weitere 500,50 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.03.2018 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 16 % und das beklagte Land 84 % zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 976,93 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien streiten um restliche Entgeltfortzahlung für November 2017 und um Urlaubsvergütung für November und Dezember 2017.
Der Kläger ist bei dem beklagten Land in dessen M. seit 2015 als O. in einem befristeten Arbeitsverhältnis beschäftigt. Die Parteien wenden aufgrund beiderseitiger Tarifbindung auf ihr Arbeitsverhältnis u.a. den Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken vom 20.10.2006 in der jeweils geltenden Fassung an (im Folgenden: TV-Ärzte) an. Auszugsweise lautet dieser Tarifvertrag wie folgt:
§ 21 Bemessungsgrundlage für die Entgeltfortzahlung
In den Fällen der Entgeltfortzahlung nach § 22 Absatz 1, § 26 und § 27 werden das Tabellenentgelt sowie die sonstigen in Monatsbeträgen festgelegten Entgeltbestandteile weitergezahlt. Nicht in Monatsbeträgen festgelegte Entgeltbestandteile werden als Durchschnitt auf Basis der letzten drei vollen Kalendermonate, die dem maßgebenden Ereignis für die Entgeltfortzahlung vorhergehen (Berechnungszeitraum), gezahlt. Ausgenommen hiervon sind das zusätzlich gezahlte Entgelt für Überstunden und Mehrarbeit (mit Ausnahme der im Dienstplan vorgesehenen Mehrarbeits- oder Überstunden), Leistungsentgelte, Jahressonderzahlungen sowie besondere Zahlungen nach § 23.
Protokollerklärungen zu § 21 Satz 2 und 3:
1. Volle Kalendermonate im Sinne der Durchschnittsberechnung nach Satz 2 sind Kalendermonate, in denen an allen Kalendertagen das Arbeitsverhältnis bestanden hat. Hat das Arbeitsverhältnis weniger als drei Kalendermonate bestanden, sind die vollen Kalendermonate, in denen das Arbeitsverhältnis bestanden hat, zugrunde zu legen. Bei Änderungen der individuellen Arbeitszeit werden die nach der Arbeitszeitänderung liegenden vollen Kalendermonate zu Grunde gelegt.
2. Der Tagesdurchschnitt nach Satz 2 beträgt 1/65 aus der Summe der zu berücksichtigenden Entgeltbestandteile, die für den Berechnungszeitraum zugestanden haben, wenn die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit durchschnittlich auf fünf Tage verteilt ist. Maßgebend ist die Verteilung der Arbeitszeit zu Beginn des Berechnungszeitraums. Bei einer abweichenden Verteilung der Arbeitszeit ist der Tagesdurchschnitt entsprechend Satz 1 und 2 zu ermitteln. Sofern während des Berechnungszeitraums bereits Fortzahlungstatbestände vorlagen, bleiben bei der Ermittlung des Durchschnitts nach Satz 2 die für diese Ausfalltage auf Basis des Tagesdurchschnitts zustehenden Beträge sowie die Ausfalltage selbst unberücksichtigt.
3. Liegt zwischen der Begründung des Arbeitsverhältnisses oder der Änderung der individuellen Arbeitszeit und dem maßgeblichen Ereignis für die Entgeltfortzahlung kein voller Kalendermonat, ist der Tagesdurchschnitt anhand der konkreten individuellen Daten zu ermitteln. Dazu ist die Summe der zu berücksichtigenden Entgeltbestandteile, die für diesen Zeitraum zugestanden haben, durch die Zahl der tatsächlich in diesem Zeitraum erbrachten Arbeitstage zu teilen.
4. (...)
§ 22 Entgelt im Krankheitsfall
(1) Werden Ärzte durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an der Arbeitsleistung verhindert, ohne dass sie ein Verschulden trifft, erhalten sie bis zur Dauer von sechs Wochen das Entgelt nach § 21. (...)
§ 24 Berechnung und Auszahlung des Entgelts
(1) Bemessungszeitraum für das Tabellenentgelt und die sonstigen Entgeltbestandteile ist der Kalendermonat, soweit tarifvertraglich nicht ausdrücklich etwas Abweichendes geregelt ist. Die Zahlung erfolgt am letzten Tag des Monats (Zahltag) für den laufenden Kalendermonat auf ein von der Ärztin/dem Arzt benanntes Konto innerhalb eines Mitgliedstaats der Europäischen Union. Fällt der Zahltag auf einen Samstag oder auf einen Wochenfeiertag, gilt der vorhergehende Werktag, fällt er auf einen Sonntag, gilt der zweite vorhergehende Werktag als Zahl...